Die Dominanz passiver Fonds scheint ungebrochen: Milliarden fließen seit Jahren in ETFs, während viele aktive Strategien Anleger verlieren. Doch Giorgio Carlino, Head of Multi-Management bei Mediolanum International Funds, hält dagegen. Er skizziert, warum aktives Fondsmanagement gerade in Zeiten von Unsicherheit und Marktkonzentration wieder an Bedeutung gewinnt – und wie sich Alpha langfristig auszahlt.
06.11.2025 | 10:00 Uhr von «Jörn Kränicke»
Mehr Manager mit Outperformance als gedacht
Auf den ersten Blick scheinen die Zahlen eindeutig: „Schaut man nur auf die Erfolgsquoten, wirkt es so, als sei aktives Management schwach. Aber das Bild trügt“, betont Carlino. In den vergangenen fünf Jahren hätten zwar nur 18 Prozent der Aktienfonds ihre Benchmark geschlagen, dennoch seien das über 1.100 Strategien. „Die Frage ist nicht, ob es sie gibt, sondern ob man sie identifizieren kann“, so Carlino.
Besonders im Rentenmarkt sei die Erfolgsquote höher: Mehr als die Hälfte der aktiven Manager habe ihre Benchmark in den letzten fünf Jahren übertroffen. Gründe dafür sieht Carlino in den Ineffizienzen von Anleihemärkten und in der Indexkonstruktion, die Emittenten mit hoher Verschuldung oft übergewichtet – „genau die Papiere, die ein aktiver Manager meiden würde“.
Passiv ist einfach – aktiv erfordert Expertise
Dass ETFs so beliebt sind, erklärt Carlino nicht zuletzt mit Bequemlichkeit: „Passiv ist der einfache Weg. Wer wenig Zeit oder Wissen hat, greift zum Indexfonds.“ Das sei nachvollziehbar – aber Anleger sollten sich bewusst sein, dass passive Strategien immer nur dem Index folgen. In Phasen von Marktstress oder Blasenbildung könne das zum Problem werden, weil Diversifikation im Index nicht gewährleistet sei.
Aktives Management ist ein harter Weg
Aktives Management hingegen sei „der harte Weg“: Es verlange Forschung, Ressourcen und einen strukturierten Selektionsprozess. Sein Team aus rund 20 erfahrenen Analysten investiere drei bis sechs Monate in eine Due-Diligence-Prüfung, bevor ein Fondsmanager ausgewählt werde. „Wir schauen nicht nur auf Zahlen, sondern auf Strategie, Portfolioaufbau und den Wettbewerbsvorteil eines Managers“, sagte er. Ziel sei es, komplementäre Ansätze zu kombinieren und so Portfolios zu schaffen, die langfristig überdurchschnittlich abschneiden.
Historische Renditen als trügerischer Maßstab
Ein zentrales Thema Carlinos ist die Unzuverlässigkeit vergangener Wertentwicklungen als Indikator für künftigen Erfolg. Carlino verwies auf Studien, die zeigen: Die Auswahl von Spitzenfonds allein auf Basis ihrer Fünfjahresrenditen führt nicht zu besseren Ergebnissen als eine zufällige Auswahl. Nur 23 Prozent der Fonds im obersten Quartil bleiben in den folgenden fünf Jahren dort. „Das gilt sowohl für Aktien- als auch für Rentenfonds“, erklärte er. Alpha sei definitionsgemäß richtungslos und lasse sich nicht extrapolieren. Daher sei es ineffektiv, sich ausschließlich auf historische Renditen zu verlassen.
Der Auswahlprozess ist entscheidend
Ein Fallbeispiel zeigt das Potenzial: Von 1.800 globalen Aktienfonds konnten 236 über fünf Jahre und 115 über zehn Jahre ihre Benchmarks schlagen. Mediolanum habe mit seinem Auswahlprozess Fonds identifiziert, die im Schnitt ein Alpha von rund zwei Prozent pro Jahr lieferten.
Alpha und der Zinseszinseffekt
Das zentrale Argument Carlinos: Das Alpha mag auf den ersten Blick klein wirken, doch durch den Zinseszinseffekt entfaltet es über Jahre enorme Wirkung. „Ein durchschnittliches Alpha von zwei Prozent pro Jahr kann in zwanzig Jahren einen Unterschied von mehr als einem Drittel im Endvermögen ausmachen“, rechnet er vor. Wer darauf verzichte, lasse Renditepotenzial schlicht „auf dem Tisch liegen“.
Zu hohe Gewichtungen in Indizes
Carlino hebt zudem die Bedeutung von Diversifikation hervor. Gerade in Indizes wie dem S&P 500 und anderen, in dem wenige Aktien einen Großteil des Indexgewichts stellen, sei die Nachbildung riskant. „Kein aktiver Manager würde freiwillig 15 Prozent oder mehr in eine einzelne Aktie stecken“, so Carlino. Zwar sei Diversifikation in den letzten Jahren von einigen Anlegern als kostspielig empfunden worden, bleibe aber ein Grundpfeiler solider Portfolioverwaltung. Aktive Manager könnten taktisch Allokationen anpassen und insbesondere im Rentenbereich gezielt die Duration steuern.
Gerade in Krisen glänzen Aktive
Besonders in unsicheren Zeiten, so Carlino, zeige sich die Stärke des aktiven Ansatzes. Während Indizes starr ihre Gewichtung halten, könnten Manager flexibel reagieren, Risiken reduzieren und Chancen nutzen. „In Phasen wie der Covid-Krise, geopolitischer Spannungen oder Zinswenden waren die Erfolgsquoten aktiver Fonds deutlich höher“, erklärt er. Carlino verweist auch auf das aktuell spekulative Verhalten der Anleger in den Bereichen Technologie und Künstliche Intelligenz, das an frühere Blasen erinnere. „In solchen Phasen können erfahrene Manager unterbewertete Anlagen identifizieren und herdengetriebene Fehlentscheidungen vermeiden.“
Fazit: Alpha erfordert professionelle Auswahl
Carlino zieht ein klares Resümee: „Es gibt zahlreiche Manager, die nachhaltig Mehrwert schaffen. Aber sie zu finden erfordert professionelle Analyse.“ Für Privatanleger sei es nahezu unmöglich, aus der Masse von Fonds die richtigen auszuwählen. Daher plädiert er für fundierte Beratung und professionelle Fondsselektion wie sie etwa Mediolanum und auch andere bieten. Denn eines sei sicher: „Alpha wirkt. Wer es im Portfolio hat, profitiert langfristig enorm. Warum sollte man es ungenutzt lassen?“
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