Capital Group: Die Welt im Jahr 2030 - Anlagen für das nächste Jahrzehnt

Capital Group: Die Welt im Jahr 2030 - Anlagen für das nächste Jahrzehnt
Zukunft

Die Welt im Jahr 2030 mag weit entfernt erscheinen, doch bei Capital Group machen wir uns viele Gedanken über die ferne Zukunft.

26.02.2021 | 07:46 Uhr

„Mir das Leben im Jahr 2030 vorzustellen, hat für mich nichts Hypothetisches“, bemerkt Rob Lovelace, der Vice Chairman von Capital Group, und spricht vielen seiner Kollegen damit aus der Seele. „In den Portfolios, die ich verwalte, beträgt die durchschnittliche Haltedauer etwa acht Jahre, ich lebe also diesen Anlageansatz.“

Wir baten die Mitglieder unseres Anlageteams, einmal einen Blick in ihre Kristallkugeln zu werfen und sich auszumalen, wie sich das Leben bis zum Ende des Jahrzehnts verändert haben könnte. Nachfolgend finden Sie die Prognosen von sieben Portfoliomanagern für die Welt im Jahr 2030 – und dazu, wie diese sich verändernden Trends ihre Anlageentscheidungen beeinflussen.

1. COVID könnte das Pearl Harbor der aktuellen Generation sein — Martin Romo

Ich glaube, dass wir in zehn Jahren auf COVID als den „Pearl-Harbor-Moment“ unserer Generation zurückblicken werden – einen Zeitraum, in dem extreme Widrigkeiten Innovationen und Verhaltensänderungen beschleunigten, um einige der größten Probleme unseres Zeitalters in Angriff zu nehmen. Zum Zeitpunkt des Angriffs auf Pearl Harbor wurden 75 % der US-Artillerie noch von Pferden gezogen. Ja, Sie haben richtig verstanden: 1941 waren Dreiviertel der US-Artillerie von Pferden abhängig. Und am Ende des Kriegs waren die USA bereits im Atomzeitalter angekommen. Diese unglaubliche Transformation löste eine Phase der Innovation und des Wachstums in der US-Wirtschaft aus, die jahrzehntelang anhielt.

COVID könnte der Auslöser sein, der uns anspornt, essenzielle Probleme in den USA über das kommende Jahrzehnt hinweg anzupacken, beispielsweise die Kosten der Gesundheitsversorgung, die Bildung und den Wohnimmobilienmarkt. Wir konnten bereits eine Entwicklung von COVID-Impfstoffen mit einer an Zauberei grenzenden Geschwindigkeit beobachten, die kaum einer für möglich gehalten hätte. Und wir tun Dinge in unserem täglichen Leben, von denen wir uns nie vorgestellt hätten, dass sie so schnell passieren würden.

Im Jahr 2030 werden wir vielleicht in einer grundlegend neuen Welt leben, arbeiten, lernen und spielen. Unser Leben könnte besser, reicher, gesünder, billiger und tiefgreifend digitaler, virtueller und datenorientierter sein. Viele der Technologien sind bereits vorhanden, doch bin ich überzeugt, dass es noch viel unerschlossenes Potenzial für innovative Unternehmen gibt, um „größer“ zu denken und diese Technologien gezielt zur Lösung gesellschaftlicher Probleme einzusetzen.

2. Bargeld ist vom Aussterben bedroht — Jody Jonsson

Ich denke, in zehn Jahren werden digitale Zahlungen die Norm sein, und die Menschen werden Sie komisch anschauen, wenn Sie versuchen, bar zu bezahlen.

Wir konnten diesen Trend schon einigen Jahren in den Entwicklungsländern beobachten — wo viele Verbraucher keine Bankkonten, aber Mobiltelefone hatten und rasch die Technologie der mobilen Zahlung für sich entdeckt haben. Die Pandemie beschleunigte die Nutzung digitaler Zahlung auf der ganzen Welt und auch an Orten, wo sie zuvor nicht tief im täglichen Leben verwurzelt gewesen war. Sobald diese Krise vorüber ist, werden meines Erachtens viel mehr Menschen kein Problem mehr damit haben, digitale Zahlungen zu leisten, und sie werden vermutlich nicht mehr so häufig wie früher das Gefühl haben, bar zahlen zu müssen.

Wenn sich die Verbraucher zunehmend mit dieser Technologie anfreunden, könnten Unternehmen mit starker weltweiter Präsenz davon profitieren. Wir konnten auch ein starkes Wachstum bei kleineren Unternehmen mit Sitz in Ländern wie Brasilien beobachten, die Händler-Plattformen für mobile Zahlungen anbieten.

3. Ein Heilmittel für Krebs könnte in Reichweite sein — Cheryl Frank

Die Heilung von Krebs ist vielleicht näher, als Sie denken. Tatsächlich glaube ich nicht, dass einige Krebsarten bis 2030 durch Zelltherapie funktionell geheilt werden können. Neue, zuverlässige Tests sollten eine sehr frühe Erkennung und Lokalisierung der Krebsentstehung ermöglichen. Danach könnte Krebs als eine der Haupttodesursachen durch Früherkennung weitgehend ausgemerzt werden.

Stark verringerte Kosten und wissenschaftliche Entwicklungen haben zu einem phänomenalen Wachstum im Bereich der medizinischen Forschung geführt. Die F&E erlebt derzeit eine Renaissance, und die Unternehmen investieren in aggressiver Weise, einzigartige Wege zur Bekämpfung von Krebs und anderen Krankheiten zu finden. Die Genforschung und aus Gentests abgeleitete Therapien können das Leben verlängern und Einnahmen in Milliardenhöhe für Unternehmen generieren, die diese entwickeln.

Es würde mich nicht wundern, wenn wir immer mehr pharmazeutische Innovation in anderen Ländern als den USA sehen würden – die in der Vergangenheit als führend in diesem Bereich angesehen wurden. Tatsächlich erwarte ich, dass bis 2030 viele „Blockbuster“-Präparate aus China kommen werden. Dieses Land hat die größte Menge an Krebspatienten auf der Welt, und es ist deutlich einfacher, diese Patienten an klinischen Studien teilnehmen zu lassen. Ich erwarte, dass sie in fünf bis zehn Jahren beginnen werden, neuartige Medikamente herzustellen und diese zu einem Zehntel der Kosten in den USA verkaufen werden.

4. Die Innovation im Gesundheitsbereich wird Warp-Geschwindigkeit erreichen — Rich Wolf

Star Trek, die klassische Science-Fiction-Fernsehserie, entwarf das Bild einer weit entfernten Zukunft, in der Weltraumentdecker durch die Galaxien reisten, ausgestattet mit modernster Technologie wie dem Tricorder, einem handlichen Medizingerät, das in Minutenschnelle die Vitalparameter eines Menschen scannen, eine Diagnose stellen und eine Behandlung verordnen konnte. Auch wenn ich nicht glaube, dass es einen einzelnen Tricorder geben wird, mit dem sich alles erledigen lässt, so gehe ich doch davon aus, dass bis 2030 viele von uns so ähnliche Geräte haben werden, die das Blut analysieren, das Herz überwachen und sogar remote unsere Atmung überprüfen, während wir schlafen – manche davon gibt es jetzt schon.

Wir erleben bereits eine massive Welle von Innovation und Disruption im gesamten Gesundheitssektor, die das Potenzial besitzt, neue Chancen für Unternehmen zu bieten, die Gesamtkosten zu verringern und, was am wichtigsten ist, die Ergebnisse für die Patienten zu verbessern. Durchbrüche bei der Diagnose werden die Früherkennung von Krankheiten unterstützen, was dazu beitragen kann, die Wirkung von Medikamenten zu verbessern – oder in manchen Fällen die Krankheit zu behandeln, bevor sie fortschreitet. Eines der interessantesten Dinge ist aktuell die sogenannte Liquid Biopsy oder Flüssigbiopsie, bei der eine Blutprobe dazu genutzt werden kann, einen Tumor im frühesten Stadium zu erkennen.

Ein breites Spektrum klassischer Technologie- und Medizintechnik-Unternehmen ist schon seit einiger Zeit mit der Entwicklung der Heimdiagnostik beschäftigt, und Patienten profitieren bereits von deren Innovationen. Dabei handelt es sich um kostengünstige Geräte, die alle Arten von gesundheitsbezogenen Kennzahlen erfassen können, die uns nicht nur dazu anleiten können, mehr auf unsere eigene Gesundheit zu achten, sondern auch unmittelbar an unseren eigenen Arzt gesendet werden können, um weitere Beratung zu erhalten. Wir befinden uns noch im Frühstadium der Entwicklung, doch im Jahr 2030 sollte dies Teil unseres alltäglichen Lebens sein.

5. Erneuerbare Energie könnte die Welt antreiben — Noriko Chen

Ich bin überzeugt, dass wir im Laufe des nächsten Jahrzehnts eine drastische Verlagerung hin zu erneuerbarer Energie sehen werden. Wir befinden uns im Frühstadium des Übergangs zu einer Elektrifizierung des Verkehrsnetzes und zu grüner Energie, und es besteht starker Rückenwind, der bis 2030 und darüber hinaus Schub verleihen könnte. Automatisierung und künstliche Intelligenz bereiten den Weg für ein goldenes Zeitalter bei den erneuerbaren Energien, indem sie die Kosten drücken und zugleich Produktivität und Effizienz steigern.

Erneuerbare Energie wurde traditionell als teuer, unpraktisch und unrentabel angesehen — doch all dies ändert sich gerade rasch. Einige der klassischen Versorger bestreiten bereits mehr 30 % ihres Geschäfts aus erneuerbaren Energien und erreichen einen Wendepunkt, wo sie mehr als Wachstumsunternehmen denn einfach nur als bedächtige Stromerzeuger und Netzbetreiber aus Zeiten der „Old Economy“ angesehen werden. Die Verlagerung hin zu erneuerbaren Energien zeigt sich am stärksten bei den europäischen Versorgern, wo die Regierungen hohe Ziele für die CO2-Verringerung gesetzt haben. So schreibt zum Beispiel die Erneuerbare-Energien-Richtlinie vor, dass die Energie in der Europäischen Union im Jahr 2030 zu mindestens 32 % aus erneuerbaren Ressourcen stammen muss.

6. Elektrische und autonome Fahrzeuge auf der Überholspur — Chris Buchbinder

Ich denke, 2030 wird es weit verbreitete Flotten autonomer Elektrofahrzeuge in den meisten größeren und vielen kleineren Städten auf der ganzen Welt geben. Ein eigenes Auto zu besitzen, wird keine Notwendigkeit mehr, sondern ein Luxus sein. Viele Leute werden nach wie vor Autos haben — genau wie die Leute zum Spaß Pferde reiten oder Fahrrad fahren. Doch werden eigene Fahrzeuge für die meisten Leute in den größeren Städten nicht mehr als primäres Transportmittel erforderlich sein.

Das ist ein Bereich, den der Markt meiner Meinung nach noch nicht ganz verstanden hat. Aktuell sind die Marktführer Bestandteile anderer Unternehmen — beispielsweise Waymo von Alphabet, Zoox von Amazon oder der Geschäftsbereich Cruise von GM —, weshalb Anleger keine Unternehmen kaufen können, die rein auf autonomes Fahren spezialisiert sind. Wenn diese Flotten aber erst einmal stärker in der Öffentlichkeit ankommen, dürfte der Markt beginnen, diese Unternehmen neu zu beurteilen und sich dessen bewusst werden, dass es sich dabei um ein echtes Geschäft und nicht nur um ein wissenschaftliches Projekt handelt.

Außerdem glaube ich, dass es 2030 wohl hybride Elektro-/Wasserstofftriebwerke in Verkehrsflugzeugen geben wird und diese über die nachfolgenden 5–10 Jahre weite Verbreitung finden werden. Die Auswirkungen auf die weltweiten Emissionen könnten erheblich sein, wenn wir zu einer Welt übergehen, wo es große Flotten autonomer Elektrofahrzeuge auf der Straße und eine Verlagerung des Lufttransports weg von ölbasiertem Treibstoff und hin zu einer Mischung aus Öl, Elektrizität und Wasserstoff gibt.

7. Wo ändert sich nichts? Beim erfolgreichen Investieren! — Andrew Suzman

Meine Kollegen mögen in der Lage sein, in die Zukunft zu schauen und sich neue Produkte und Trends vorzustellen – doch ich möchte eine Sache vorhersagen, die 2030 nicht anders sein wird. Trotz all des Wandels, der in der Welt vor sich geht, bin ich überzeugt, dass die Natur meiner Arbeit und meines Schwerpunkts als Portfoliomanager genau dieselbe bleiben wird.

Im Jahr 2030 — wie auch schon im Jahr 2020 und 2010 sowie in allen Jahren davor — werden wir Unternehmen finden, die interessante Dinge tun. Wir werden versuchen, diese zu angemessenen Preisen zu kaufen und sie mit dem Ziel zu halten, dass wir mit ihnen bessere Renditen erzielen, als wir es mit einem Portfolio aus der Gesamtheit aller Unternehmen könnten. Einige Unternehmen werden Erfolg haben, andere werden scheitern. Unser Job ist es, die Unternehmen mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit und längerfristigen Wertschöpfung zu finden, damit unsere Anleger davon profitieren. Natürlich sind wir nicht perfekt, aber ich bin zuversichtlich, dass wir mehr Unternehmen auswählen werden, die Erfolg haben, als solche, die scheitern werden, und dass wir weiterhin Wert für unsere Kunden generieren werden.


Über die Autoren

Martin Romo, Aktien-Portfoliomanager

ist ein Aktienportfoliomanager mit 28 Jahren Anlageerfahrung. Er ist Präsident der Capital Research Company und Mitglied des Capital Group Management Committee, hat einen Bachelor der Universität von Kalifornien, Berkeley, und einen MBA von Stanford.

Jody Jonsson, Aktien-Portfoliomanager

Jody verfügt über 31 Jahre Investmenterfahrung, davon 29 Jahre bei Capital. Sie ist außerdem Mitglied des Capital Group Management Committee und des Portfolio Oversight Committee. Zu Beginn ihrer Karriere bei Capital deckte Jody Versicherungen, US-Haushalts- und Körperpflegeprodukte, Restaurants, Unterkünfte und Kreuzfahrtgesellschaften als Investment Analyst. Sie hat einen MBA in Stanford und einen Bachelor in Princeton. Jody ist CFA-Charterholder und Mitglied des CFA Institute.

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