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Dr. Michael Heise: Die Rückkehr der Inflation in Deutschland und Perspektiven für 2022

Dr. Michael Heise
Volkswirtschaft
Dr. Michael Heise: Die Rückkehr der Inflation in Deutschland und Perspektiven für 2022
11/2021
Dr. Michael Heise
macrodavisors (Website)

@ Feedback an Redaktion

Es war in den Monaten nach Ausbruch der Corona Pandemie wohl von kaum jemanden erwartet worden, dass die schon totgesagte Inflation in Deutschland bereits in 2021 wieder quicklebendig sein würde.

23.11.2021 | 12:40 Uhr

Deutsche Verbraucher werden am Jahresende eine Teuerung um ca. 5% im Vergleich zum Dezember 2020 spüren und im Jahresdurchschnitt 2021 wird der nationale Verbraucherpreisindex (VPI) um etwas mehr als 3% gegenüber dem Vorjahr steigen.

Prägend für die Inflationsentwicklung im bisherigen Jahresverlauf war zum einen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuersätze im Januar, die zusammen mit der Einführung der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe die Teuerung wieder in den positiven Bereich anhob. Im weiteren Verlauf des Jahres hat sich dann der Preisauftrieb bei Energieprodukten erheblich verstärkt. Die Rohölpreisnotierungen hatten sich im Oktober binnen Jahresfrist verdoppelt. Überdies kam es zu starken Preissteigerungen durch Lieferengpässe und Knappheiten bei vielen Vorprodukten, nichtenergetischen Rohstoffen und Transportkapazitäten. Die Produktion hat in den vergangenen Quartalen, auch aufgrund Corona-bedingter Behinderungen, nicht mit dem teilweise stürmischen Wachstum der Warennachfrage mithalten können. Die Engpässe bei vielen Vorleistungsgütern haben die Einkaufspreise der Unternehmen kräftig steigen lassen und führen seit Monaten auch zu hohen Absatzpreisen der Endprodukte. Der Kostenschub kommt so allmählich auf der Verbraucherebene an.

Schaubild 1-23-11


Im Oktober lag der Verbraucherpreisindex um 4,5% über dem Niveau des entsprechenden Vorjahresmonats (Schaubild). Eine wesentlicher Treiber waren die Preise im Teilindex Energie, der etwas mehr als 10% des VPI-Warenkorbs ausmacht und der im Oktober um 18,6% höher war als vor einem Jahr. Diese Entwicklung war getrieben von dem Preisanstieg bei Kraftstoffen und Heizöl und spiegelte im Wesentlichen die steigenden Ölpreisnotierungen wider (Schaubild). Bei den Gaspreisen werden die höheren Bezugspreise erst mit Verzögerung deutlich werden.

Der ohne Energie berechnete Verbraucherpreisindex lag im Oktober um 3,1% über Vorjahr. Weitere Steigerungen sind jedoch bis Jahresende zu erwarten, da sich derzeit noch keine Entspannung bei den Industriegüterpreisen abzeichnet. Nach Angaben des ifo Instituts klagten im Oktober immerhin noch 70,4 Prozent der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Die Material- und Lieferengpässe haben sich bereits seit geraumer Zeit in sehr deutlichen Anstiegen der Import- und Erzeugerpreise bemerkbar gemacht. Und der Preisdruck bleibt nicht nur im Verarbeitenden Gewerbe hoch (Schaublid). So wurden in der in der monatlichen Unternehmensbefragung der EU-Kommission bei der Teilfrage nach den Verkaufspreiserwartungen in allen relevanten Wirtschaftssektoren im Oktober neue Höchststände erreicht – bei Dienstleistungen nach einer tendenziellen Stabilisierung im 3. Quartal. Die gravierenden und globalen Beschaffungsprobleme werden für die Verbraucher gerade um Weihnachten in Form von höheren Preisen und langen Lieferzeiten sehr deutlich spürbar bleiben.

Schaubild 2-23-11


Ausblick

Auch beim Übergang in das Jahr 2022 dürfte das Preisklima sehr angespannt bleiben. Der sogenannte Inflationssockel für das Jahr 2022 dürfte bei knapp 1,7% liegen. Das heißt, selbst wenn sich die Preise von Januar bis Dezember nächsten Jahres auf einer waagerechten Linie bewegen würden, also völlig konstant blieben, wäre die jahresdurchschnittliche Inflation bei 1,7 %.

Eine Prognose der Entwicklung im kommenden Jahr ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Plausibel erscheint es, dass die Preise in den ersten drei Monaten noch recht deutlich steigen, da die Kostensteigerungen der letzten Monate in die Preise überwälzt werden (unsere Annahme: saisonbereinigt 0,3 % Anstieg pro Monat). Auch die nächste Erhöhung der CO2 Abgabe um 5 Euro auf dann 30 Euro/Tonne C02 und steigende Gaspreise in privaten Verbrauchskontrakten werden dazu beitragen. Unterstellt man ab dem zweiten Quartal nur noch sehr geringe monatliche Steigerungen (von 0,1 Prozent), weil sich Öl- und Rohstoffpreise stabilisieren, wird die Inflation in Deutschland im Jahresdurchschnitt dann rund 2,9 % betragen und am Jahresende in Richtung 2 % tendieren.

Verbraucherpreisinflation 2020-2022 (%)

Schaubild-3-23-11

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen und Prognose (ab November 2021).

Dass die Inflationsrate zu Jahresbeginn 2022 abfällt, hängt damit zusammen, dass der Preisvergleich zum Vorjahr dann wieder auf einheitlichen Mehwertsteuersätzen beruht. Dieser Effekt beläuft sich auf gut 1 Prozentpunkt. In den Inflationsrate des noch laufenden Halbjahres werden (wegen der Absenkung im zweiten Halbjahr 2020) Preise auf der Grundlage verschiedener Steuersätze gegenübergestellt.

Große Unsicherheit besteht insbesondere im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Energiepreise, die in den letzten Monaten extrem stark gestiegen sind. Zwar kam es nach der Anweisung des russischen Präsidenten, die Gaslieferungen nach Deutschland und Österreich zu erhöhen zu einer gewissen Korrektur der Gaspreise. Aber sie bewegen sich immer noch in einer Spanne von 60-80 EUR pro Megawattstunde und damit massiv über dem Durchschnittswert von etwa 22 EUR/MWh seit dem Jahr 2007. Nach den Notierungen für zukünftige Lieferungen könnte es im Verlauf des kommenden Jahres zu einer Entspannung kommen, sicher ist das freilich nicht. Da viele Versorger längerfristige Verträge mit ihren Lieferanten haben, werden die Preissprünge nicht unmittelbar und vollumfänglich auf die privaten Haushalte durchschlagen. Dennoch müssen sich die Verbraucher auf steigende Gaspreise einstellen.

Preisentwicklung ausgewählter Energieprodukte gemäß Verbraucherpreisstatistik (Veränderung gegenüber Vorjahresmonat in %)

Schaubild-4-23-11

Quelle: EZB (Rohölpreis), Statistisches Bundesamt, Anm.: Gas und Heizöl einschl. Umlage.

Der Ölmarkt ist seit Sommer vergangenen Jahres durch einen Nachfrageüberhang gekennzeichnet. Die Mitglieder der OPEC+ halten bislang an ihrem Fahrplan einer nur graduellen und damit offenbar zu geringen Ausweitung der Ölförderung fest. Ein baldiger deutlicher Rückgang der Preise ist daher wenig wahrscheinlich. Aber auch das weitere Steigerungspotential sollte begrenzt sein, da bei den aktuellen Preisen insbesondere in den USA zusätzliches Angebot durch die Nutzung von Fracking Anlagen an den Markt kommt.

Wirtschaftspolitische Implikationen

Die hohen Preisniveausteigerungen bedeuten für die privaten Haushalte einen Verlust an Kaufkraft, der für sich genommen das Wachstum des realen privaten Konsums dämpfen wird. Andere Faktoren dürften in 2022 allerdings für einen steigenden realen Konsum sorgen. Es ist mit deutlich höheren Lohnabschlüssen zu rechnen, die Beschäftigungslage dürfte sich angesichts erheblicher Knappheiten am Arbeitsmarkt weiter verbessern und die Haushalte haben in den letzten anderthalb Jahren in großem Umfang zusätzlich Ersparnisse aufgebaut, die sie zumindest zu einem Teil zur Finanzierung von zusätzlichem Konsum nutzen werden. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die höhere Inflation die Konjunktur schon bald abwürgen wird und wir in eine Stagflation hineingeraten. Für die Europäische Zentralbank ergibt sich daraus m.E. die Notwendigkeit aus der bisherigen Krisenpolitik konsequent auszusteigen und den steigenden Inflationserwartungen etwas entgegenzusetzen.

In der Wirtschaftspolitik werden zudem Möglichkeiten erörtert, die hohen Zusatzkosten beim Heizen und bei der Mobilität insbesondere für untere und mittlere Einkommensschichten zu kompensieren. Andere Länder haben bereits Gutscheine oder temporäre Steuerentlastungen beschlossen, die auch in Deutschland sinnvoll erscheinen. Neben temporären kompensatorischen Maßnahmen der Regierung sollte auch eine dauerhafte Korrektur von Freibeträgen im Tarifverlauf der Einkommensteuer umgesetzt werden. Denn die Inflation führt zu höheren Steuerbelastungen. Direkt im Rahmen der Mehrwertsteuer und mittelfristig, wenn die Einkommen nachziehen auch in der Einkommensteuer die progressiv gestaltet ist und bei inflationär bedingten Einkommenssteigerungen immer mehr Einkommen entzieht, obwohl sich die reale Situation der Wirtschaftssubjekte nicht verbessert, sondern vielfach durch Kaufkraftverluste sogar verschlechtert hat. Die Diskussion um die so-genannte kalte Progression war lange Zeit eher ein Randthema; im Zuge der aktuellen Inflationsentwicklung wird sie und sollte sie allerdings mit Nachdruck angegangen werden.


Weiterer Beitrag von Dr. Michael Heise

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