Robeco: Erfahrungen aus der Praxis

Machine Learning
Technologie

Verwendung von Machine Learning und Distance-to-Default zur Vorhersage von Notlagen.

22.02.2024 | 06:45 Uhr

Tail-Risiken sind für Anleger äußerst wichtig. Während kleine Gewinne und Verluste bei Börsenanlagen unvermeidlich sind, können sich erhebliche Kurseinbrüche sehr nachteilig auswirken. Es kommt daher entscheidend darauf an, die Aktien zu identifizieren, bei denen ein starker Kurseinbruch zu befürchten ist.

Traditionelle Risikoindikatoren wie Aktien-Beta und die Volatilität der Rendite sind zwar nützlich. Doch ihr Aussagewert ist begrenzt, da sie auf historischen Daten beruhen. Um das Tail-Risiko besser einschätzen zu können, hat Robeco seit 2011 moderne Messgrößen wie Distance-to-Default (DtD) und seit 2021 ein durch Maschinelles Lernen (ML) generiertes Risikosignal integriert, das komplexe Marktmuster identifiziert. In dieser Publikation wird ihre Prognosegüte erörtert, wobei der Schwerpunkt auf den Ergebnissen außerhalb der Stichprobe liegt. Gestützt auf praktische Beispiele und Analysen wird dargelegt, dass DtD- und ML-Signale in realen Anlagestrategien erfolgreicher waren als herkömmliche Messgrößen.

Worum handelt es sich bei den DtD- und ML- Signalen?

Das an das Merton-Modell1 angelehnte Signal Distance-to-Default (DtD) gibt an, wie nah ein Unternehmen an der Zahlungsunfähigkeit in Bezug auf seine Schulden ist. Es ist ein Schlüsselkonzept bei der Modellierung des Kreditrisikos durch Analysten und Anleiheinvestoren mit dem Ziel, die finanzielle Stabilität eines Unternehmens und die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls zu bewerten. In diesem Modell wird das Aktienkapital als eine Kaufoption auf den Gesamtwert des Unternehmens, einschließlich der Verbindlichkeiten, betrachtet. Dieser Wert wird von der Volatilität des Marktwertes der Vermögenswerte des Unternehmens beeinflusst. Der zukunftsgerichtete Charakter von DtD bietet im Vergleich zu traditionellen Kennzahlen zusätzliche Erkenntnisse. Seit 2011 nutzen wir eine verbesserte Version dieses Distress-Risikomaßes als negatives Screening-Tool für alle unsere quantitativen Aktienstrategien. Zugleich ist es ein wesentlicher Bestandteil unseres Aktienauswahlmodells der Conservative Equities-Strategie.2

Das durch Maschinelles Lernen generierte Risikosignal, das im Jahr 2021 in unsere quantitativen Aktienmodelle eingeführt wurde, wird daraufhin trainiert, Unternehmen zu identifizieren, bei denen es wahrscheinlich zu schweren Aktienkurseinbrüchen kommt. ML-Techniken haben mehrere Vorteile, z.B. die Anpassung an Datenmuster und die Erfassung komplexer Beziehungen wie Nichtlinearitäten und Interaktionseffekte.3 Beispielsweise ist die empirische Beziehung zwischen dem finanziellen Leverage eines Unternehmens und seinem Risikoniveau nicht linear. Während Unternehmen mit niedrigem oder durchschnittlichem Verschuldungsgrad eher ein durchschnittliches Risiko einer Notlage aufweisen, sind hochverschuldete Unternehmen viel häufiger von erheblichen Kurseinbrüchen betroffen. ML-Techniken eignen sich hervorragend zur Identifizierung solcher nichtlinearen Beziehungen. 4


Fußnoten

1 R.C. Merton, On the pricing of corporate debt: The risk structure of interest rates, in: The Journal of Finance, 29(2), S. 449-470, 1974.
2 Joop Huij, Pim van Vliet, Weili Zhou und Wilma de Groot, How distress risk improves low volatility strategies: lessons learned since 2006, Robeco Research Paper, Februar 2012
3 Ein Überblick über den Einsatz von Maschinellem Lernen im Asset Management ist hier zu finden: D. Blitz, T. Hoogteijling, H. Lohre, P. Messow, How can machine learning advance quantitative asset management?, in: The Journal of Portfolio Management, 49(9), S. 78-95, 2023.
4 Eine ausführlichere Beschreibung des Ansatzes des Maschinellen Lernens wurde im Jahr 2021, zum Zeitpunkt der Einführung in unsere quantitativen Modelle, veröffentlicht. Zu finden ist sie unter https://www.robeco.com/en-int/insights/2022/06/forecasting-stock-crash-risk-with-machine-learning.


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