Capital Group: Schwellenländeranleihen - reif für den Einstieg

Schwellenländeranleihen

„Viele Lokalwährungs-Staatsanleihen sind attraktiv bewertet, wobei Währungen vor allem mittelfristig interessant erscheinen“, sagt Jeremy Cunningham, Investmentexperte bei Capital Group.

16.04.2019 | 11:10 Uhr

„Das vergangene Jahr war für Emerging-Market-Investoren alles andere als einfach. Lokalwährungsanleihen gaben von Ende Januar 2018 bis zum Jahresende in US-Dollar gerechnet 10,2 Prozent nach“, so Jeremy Cunningham, Investmentexperte bei Capital Group. Cunningham zufolge sei derzeit aber ein guter Einstiegszeitpunkt für Investoren. Unter anderem deute ein fundamentales Wechselkursmodell auf attraktive Bewertungen der Währungen hin.

Weltkonjunktur dürfte Schwellenländer stützen

„Das prognostizierte Weltwirtschaftswachstum ist ordentlich. Der IWF rechnet mit einem Zuwachs von 3,7 Prozent“, sagt Cunningham. Allerdings sei die Konjunktur in den großen Volkswirtschaften recht unterschiedlich. Während sie in den USA weiterhin recht stark wächst, lasse sie in China und Europa bereits nach. Diese Heterogenität bürge laut Cunningham Unsicherheiten.

Positiv für die Emerging Markets sei Cunningham zufolge die Zinsentwicklung: „In der Vergangenheit haben höhere US-Zinsen den Emerging Markets meist geschadet. Zwar sind diese heute weniger von US-Dollarfinanzierungen abhängig, dennoch hatten die steigenden Zinsen für Schwellenländertitel 2018 negative Folgen.“ Aufgrund des Statements der Fed im Januar 2019 seien aber erst einmal keine Zinsanstiege zu erwarten. Auch China habe die Kreditbedingungen gelockert und pumpe so neue Liquidität in die Wirtschaft. Viele andere Emerging Markets stünden hingegen noch am Anfang oder in der Mitte ihrer Konjunkturzyklen.

Der Welthandel sei ebenso ein wichtiger Faktor für die Emerging Markets. Die großen Volkswirtschaften hätten im vergangenen Jahr versucht, ihn nach ihren Vorstellungen zu verändern. Mittlerweile habe sich die Situation jedoch wieder entspannt. Insbesondere die Handelsgespräche zwischen China und den USA hätten Fortschritte gemacht. Beispielsweise sei der 25-prozentige Zoll auf chinesische Importe ausgesetzt worden.

Jeder Markt funktioniert anders

Wenig eindeutig sei die Bedeutung des Ölpreises für Emerging Markets zu bewerten. „Die Ölpreisentwicklung ist für die Emerging Markets Fluch und Segen zugleich. Manche profitieren von teurerem Öl, andere leiden darunter“, analysiert Cunningham.

Gleichermaßen individuell müsse man binnenkonjunkturelle und innenpolitische Entwicklungen bewerten. Diese seien für Schwellenländer zentral. „Wenn die Investoren erwarten, dass sich ein Land intensiv um Reformen bemüht, kann dies selbst bei einem schwierigen Weltwirtschaftsumfeld für Mehrertrag sorgen“, so Cunningham. Doch auch potenzielle politische Risiken, wie mögliche Sanktionen gegen Russland, Haushaltsprobleme in Südafrika und die bevorstehenden Wahlen in Indonesien, Südafrika sowie die gegenwärtig stattfindende Parlamentswahl in Indien, sollten Cunningham zufolge im Auge behalten werden.

Günstige Bewertungen

„Viele Lokalwährungs-Staatsanleihen sind attraktiv bewertet, wobei Währungen vor allem mittelfristig interessant erscheinen“, analysiert Cunningham. Diese Einschätzung basiere auf einem eigenen fundamentalen Wechselkursmodell. Diesem folgend, hänge der faire Wert einer Währung von der langfristigen Entwicklung der Verbraucherpreise und der relativen Preisentwicklung nicht handelbarer Güter gegenüber handelbaren Gütern in den einzelnen Ländern ab. Ergebnis dieses Fundamental Equilibrium Value Exchange Rates Modells, kurz FEVER, ist, dass der US-Dollar überbewertet sei und dass das amerikanische Doppeldefizit am Ende zu einer schwächeren Außenbilanz der USA führe. Dies würde dann auch zu einer Abwertung der amerikanischen Währung führen.

Dahingegen unterbewertet seinen Lokalwährungen aus Schwellenländern. Das fundamentale Umfeld sei gut und die Währungen zurzeit so niedrig bewertet wie noch nie seit Auflegung des Lokalwährungsanleihenindex. Beispiele dafür seien die türkische Lira, der kolumbianische Peso oder das brasilianische Real. „Diese Währungen sind nach dem FEVER-Modell um mindestens 20 Prozent unterbewertet“, sagt Cunningham. „Zeitgleich bieten die meisten Emerging-Market-Währungen einen Zinsvorsprung.“

Die richtige Auswahl ist entscheidend

Aufgrund der neuen Milde der Fed, der günstigen Weltkonjunktur, der guten Fundamentaldaten der Schwellenländer und der positiven Realzinsen sei der Einstiegszeitpunkt in Lokalwährungsanleihen derzeit günstig. Zeitgleich sieht der Experte von Capital Group jedoch auch Risiken: „Sowohl länderspezifische Probleme als auch Handelsspannungen und Zweifel am Weltwirtschaftswachstum können für Volatilität sorgen.“ Tiefgehendes Research, sowohl anhand von Fundamentaldaten, aber auch persönlich vor Ort, sei wichtig, um vom günstigen Einstiegszeitpunkt profitieren zu können. So könnten auch Länder einbezogen werden, die in den traditionellen Indizes nicht enthalten sind. „Vom größtmöglichen Anlageuniversum auszugehen, sorgt für zusätzliche Alphachancen und mehr Diversifikation“, so Cunningham.

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