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Abwanderung der Millionäre: Europa verliert an Strahlkraft

Viele Millionäre wandern in steuergünstige Länder aus.
Private Finanzen

Noch nie haben so viele Millionäre ihre Heimatländer verlassen wie zuletzt. Während Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate und die Schweiz als neue Magneten für Wohlhabende fungieren, geraten Deutschland, Großbritannien und weitere europäische Staaten zunehmend ins Hintertreffen.

10.07.2025 | 13:00 Uhr

Der Exodus des Kapitals nimmt Fahrt auf: Laut dem jüngst veröffentlichten Henley Private Wealth Migration Report 2025 werden in diesem Jahr weltweit 142.000 Millionäre ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen – ein Allzeithoch. Besonders betroffen: Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Spanien.

Exodus der Millionäre in Großbritannien

Großbritannien wird mit einem prognostizierten Nettoverlust von 16.500 High-Net-Worth Individuals (HNWIs) zum traurigen Spitzenreiter – mehr als doppelt so viele wie in China, das in den letzten zehn Jahren stets das Land mit den höchsten Abwanderungszahlen war. Auch Deutschland verliert laut der Studie netto 400 Millionäre – ein bislang einmaliger Wert für Europas größte Volkswirtschaft.

Deutschland verliert an Attraktivität

Deutschland galt lange als stabiler Hort für Wohlstand und Investitionen. Doch nun scheint das Vertrauen der Reichen zu schwinden. Gründe sind unter anderem steuerliche Belastungen, wachsende Bürokratie sowie politische Unsicherheiten. Die steuerpolitische Debatte um Vermögensabgaben, das Auslaufen einiger Steuervergünstigungen und zunehmende Regulierungen im Immobiliensektor wirken abschreckend – besonders auf vermögende Familienunternehmer und internationale Investoren.

Klassische Wohlstandszentren Europas geraten zunehmend unter Druck

Nicht nur Deutschland ist betroffen: Auch Frankreich (–800), Spanien (–500), Schweden (–50), Irland (–100) und Norwegen (–150) werden in diesem Jahr voraussichtlich mehr Millionäre verlieren als gewinnen. Damit geraten die klassischen Wohlstandszentren Europas zunehmend unter Druck.

Die Gewinner: Schweiz, Südeuropa und Steueroasen

Die Studie zeigt aber auch, wohin das Kapital fließt. Ganz vorne: die Vereinigten Arabischen Emirate, allen voran Dubai, mit einem erwarteten Zuzug von 9.800 Millionären. In Europa verzeichnen insbesondere die Schweiz (+3.000), Italien (+3.600), Portugal (+1.400) und Griechenland (+1.200) starke Nettozuwächse – getragen von attraktiven Steuerregimen, hoher Lebensqualität und gezielten Programmen zur Förderung von Investorenmigration.

Die neue Achse des Reichtums verläuft durch den Süden Europas: Städte wie Lissabon, Athen, Mailand und Zug werden zu bevorzugten Wohnsitzen für wohlhabende Zuzügler aus Großbritannien, Afrika und dem Nahen Osten.

Wachstum in Malta und Montenegro am höchsten

Auch kleinere Länder holen auf: Malta (+500) und Montenegro (+150) gehören laut Bericht zu den am schnellsten wachsenden Millionärsmärkten der letzten zehn Jahre – teils befeuert durch frühere Bürgerprogramme gegen Investitionen und niedrige Steuersätze.

„Wexit“ in Großbritannien – und seine Signalwirkung für Europa

Besonders dramatisch ist die Entwicklung in Großbritannien, das nach dem Brexit endgültig seine Strahlkraft auf vermögende Zuwanderer verloren hat. Steuerreformen, unter anderem höhere Erbschafts- und Kapitalertragsteuern sowie neue Regeln für sogenannte „Non-Doms“, haben zu einem Massenabzug geführt. Der Begriff „Wexit“ (Wealth Exit) macht die Runde – das Land sei zur „Exportnation für Millionäre“ geworden, so die Studienautoren.

Der britische Fall dient als Warnsignal für andere europäische Staaten, darunter auch Deutschland. Der internationale Steuerwettbewerb verschärft sich, ebenso wie der Wettbewerb um Talente, Investitionen und Innovationskraft.

Ökonomische Folgen für Europa

Laut Dr. Juerg Steffen, CEO von Henley & Partners, markiert das Jahr 2025 eine Zeitenwende: „Zum ersten Mal steht ein europäisches Land an der Spitze der globalen Millionärsabwanderung. Das hat weitreichende Folgen für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas.“ Der Verlust wohlhabender Steuerzahler gehe über entgangene Steuereinnahmen hinaus – er betreffe auch Arbeitsplätze, Gründungsaktivität und Investitionen in Forschung und Entwicklung.

Auch Andrew Amoils von New World Wealth betont: „Wenn man sich die am schnellsten wachsenden Wohlstandsmärkte der Welt ansieht, fällt auf: Fast alle sind Ziele für migrierende Millionäre oder technologiegetriebene Wachstumsländer.“ Dazu zählen etwa die USA, die VAE, Malta, Costa Rica – aber eben nicht mehr Deutschland oder Frankreich.

Was tun? Reformdruck steigt

Die zunehmende Kapitalflucht erhöhe den Reformdruck auf europäische Regierungen. Es gilt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Wohlstand im Land halten – ohne soziale Spannungen zu verschärfen. Attraktive Investitionsprogramme, moderate Besteuerung, Rechtssicherheit und unternehmerfreundliche Politik sind zentrale Stellschrauben.

Europa steht laut der Studie vor einer strategischen Entscheidung: Setzt man auf Umverteilung – oder auf Standortsicherung? Der Millionärsexodus sei mehr als ein statistisches Phänomen. Er ist laut Henley und Partners ein Frühindikator für tiefer liegende Herausforderungen in der Wirtschaftspolitik des Kontinents.

Fazit:

Europa verliert an Boden im globalen Wettbewerb um Wohlstand. Wenn Deutschland und seine Nachbarn nicht rechtzeitig gegensteuern, könnten die nächsten Jahre zu einer Epoche der Kapitalabwanderung werden – mit langfristigen Konsequenzen für Wachstum, Innovation und soziale Stabilität. (jk)

Netto Zu-/Abwanderung der Millionäre

Land Netto-Zu-/Abwanderung HNWIs Millionärswachstum (in %) 2014-2024
VAE 9800 98%
USA 7500 78%
Italien 3600 20%
Schweiz 3000 28%
Saudi Arabien 2400 55%
Singapur 1600 62%
Portugal 1400 38%
Griechenland 1200 24%
Kanada 1000 26%
Australien 1000 30%
Hongkong 800 3%
Japan 600 5%
Malta 500 87%
Thailand 450 50%
Costa Rica 350 72%
Panama 300 69%
Zypern 250 33%
Monaco 200 58%
Cayman Islands 200 62%
Neuseeland 150 30%
Montenegro 150 124%
Niederlande 100 31%
Lettland 100 70%
Marokko 100 36%
Mauritius 100 63%
Österreich 50 18%
Kriatien 50 64%
Bermuda 50 51%
Belgien 50 14%
Ungarn 50 55%
Seychellen 50 35%
Schweden -50 4%
Philippinen -50 32%
Angola -50 -36%
Türkei -100 -28%
Taiwan -100 65%
Irland -100 40%
Argentinien -100 -25%
Pakistan -100 -30%
Ägypten -100 -20%
Norwegen -150 -4%
Mexiko -150 16%
Kolumbien -150 -15%
Libanon -200 -60%
Iran -200 -21%
Nigeria -200 -53%
Indonesien -250 42%
Südafrika -250 -12%
Vietnam -300 65%
Israel -350 35%
Deutschland -400 10%
Soanien -500 3%
Frankreich -800 7%
Brasilien -1200 -18%
Russland -1500 -25%
Südkorea -2400 17%
Indien -3500 72%
China -7800 74%
Großbritannien -16500 -9%
Quelle: New World Wealth
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