Während immer mehr Ökonomen und Strategieexperten von ihren skeptischen Einschätzungen abrücken, halten wir es für ratsam, weiterhin vorsichtig zu bleiben.
05.01.2024 | 07:41 Uhr
Die Geschichte lehrt uns, dass die Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken fast immer zu einer Rezession geführt hat, außer Mitte der 90er Jahre...
Am Markt wird jetzt ein Best-Case-Szenario unterstellt. Die Credit-Spreads
haben sich erheblich verändert, und Teile des US-Markts für
Unternehmensanleihen befinden sich im unteren Zehntel ihrer historischen
Bewertungsniveaus oder bewegen sich dorthin. Normalerweise ist dies am
Ende langer Bullenmärkte zu beobachten und nicht in einem Umfeld wie dem
aktuellen. Die technischen Marktdaten haben
sich im letzten Quartal aufgrund stabilerer Staatsanleihenmärkte
verbessert. Die Stimmung ist jedoch nach wie vor angespannt, wie das
ganze Jahr über zu beobachten war. Die Marktbewertungen spiegeln sehr
hohe Erwartungen wider, weshalb es erheblichen Raum für Enttäuschungen
gibt. Es bedarf einer gravierenderen Konjunkturabschwächung oder
Rezession, um stärkere Bewegungen an den Märkten auszulösen. Wir halten
eine eher neutrale Gesamtpositionierung für angemessen. Gleichzeitig
gehen wir in den Marktsegmenten, in denen wir das
Risiko-Rendite-Verhältnis für attraktiv halten, Engagements auf
Einzeltitelebene ein. Wir sind im Investment-Grade-Bereich mit einem
leicht erhöhten Beta positioniert, während wir an unserer konservativen
Positionierung im High-Yield-Segment festhalten.
Betrachtet man die Fundamentaldaten der Unternehmen, stellt man fest, dass die Gewinnmargen in bestimmten Sektoren schrumpfen. Während die Inflation zurückgeht, scheint auch die Preissetzungsfähigkeit nachzulassen. Da die Löhne mit zeitlicher Verzögerung dem Preisauftrieb folgen, könnte sich der Druck auf die Margen in Zukunft verstärken. Im vergangenen Jahr hatten Sektoren wie Technologie und Schwerindustrie mit sinkenden Margen zu kämpfen. Bislang waren nur wenige Unternehmen gewillt, Mitarbeiter zu entlassen. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Personalsuche und der während der Corona-Krise angehäuften umfangreichen Rücklagen waren die Unternehmen bereit, ihre Gewinnspannen zu reduzieren anstatt die Arbeitskosten zu senken. Für einige Sektoren könnten sich die Unternehmen jedoch den Luxus, ihr Personal zu halten, nicht mehr leisten.
"Die Bewertungen im Bankensektor bleiben weltweit relativ günstig"
Da sich 2024 mehr Unternehmen am Anleihenmarkt refinanzieren müssen, werden diese Auswirkungen bald deutlicher sichtbar werden. Für Unternehmen mit hoher Verschuldung wirken sich höhere Zinsen erheblich auf ihre Finanzlage aus. Bei Unternehmen mit Investment Grade-Rating dürften die Auswirkungen in den meisten Fällen gering sein. Allerdings sehen wir auch hier Unternehmen, die ihre Kapitalallokation anpassen müssen. Beispielsweise müssen Infrastrukturunternehmen wie Betreiber von Mobilfunktürmen und Erzeuger erneuerbarer Energien in ihren Bilanzen die höheren Zinsen berücksichtigen. In diesem Umfeld gibt es klare Gewinner und Verlierer.
Die Bewertungen im Bankensektor bleiben weltweit relativ günstig. Vor allem vorrangige Bankanleihen sind allgemein hinter dem breiten Markt zurückgeblieben und können immer noch als günstig gelten. Anleihen der Kategorie Additional Tier 1 haben sich recht gut entwickelt und liegen jetzt unter dem Medianniveau, wenn auch immer noch höher als im Zeitraum vor letztem März. Anleihen mit CCC-Rating wiesen in den letzten Monaten eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung auf und sind gegenüber Anleihen mit B- bzw. BB-Rating zurückgeblieben. Dies bedeutet aber nicht, dass es nun an der Zeit ist, in dieses Marktsegment einzusteigen. Viele Unternehmen mit CCC-Rating werden nämlich nicht ohne Grund auf günstigem Niveau gehandelt. Einige dieser Unternehmen stehen unter starkem Margendruck oder sind zu hoch verschuldet, weshalb es ihnen schwerfällt, sich zu den gestiegenen Zinsen zu refinanzieren. In diesem Marktsegment kommt es auf das Eingehen von Risiken auf Einzeltitelebene an, während ein Top-Down-Vorgehen ungeeignet ist.
"Es ist bereits zu einer Verschiebung gekommen, bei der mehr Kapital in Credits fließt"
Da
viele Unternehmen unter Margendruck stehen oder ihre Schuldenlast für
das derzeitige Zinsumfeld zu hoch ist, erwarten wir, dass es bei ihnen
zu Rating-Herabstufungen kommt oder bei Hochzinsanleihen sogar zu
Zahlungsausfällen. Wir sind der Meinung, dass es im aktuellen
Marktumfeld auf die Auswahl der einzelnen Emittenten ankommt. Dabei ist
auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Fundamentaldaten und
Bewertungen zu achten.
Es ist bereits zu einer Verschiebung gekommen, bei der mehr Kapital in Credits fließt, insbesondere in solche mit Investment Grade-Rating. Da die Gesamterträge von Investment Grade-Credits nach wie vor attraktiv sind und die Renditeaussichten gut sind, kann diese Anlageklasse mit vielen anderen, risikoreicheren Assets konkurrieren. Was die Nachfragesituation angeht, sehen die technischen Daten sehr gut aus. Negativ zu vermerken ist, dass die Zentralbanken weiterhin eine quantitative Straffung ihrer Geldpolitik vornehmen dürften. Die Fed, die EZB und die Bank of England haben alle angedeutet, dass sie ihre Anleihenbestände weiter abbauen werden. Vor allem die EZB hält eine beträchtliche Position in Unternehmensanleihen, die mittelfristig abgebaut werden muss.
Angesichts
der jüngsten Erholung an den Märkten für Credits und Staatsanleihen
gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Credits durch Neuemissionen
gedeckt wird. Auf dem Markt für Hochzinsanleihen gibt es eine Vielzahl
demnächst fälliger Papiere, deren Refinanzierung zu bewältigen ist. Da
die Renditen nun fast 2%-Punkte niedriger sind als vor zwei Monaten,
könnten viele Emittenten unserer Meinung nach beginnen, die anstehenden
Fälligkeiten anzugehen. Allerdings werden einige Unternehmen aufgrund
ihrer hohen Verschuldung weiterhin Schwierigkeiten haben, sich zu
refinanzieren. Im Investment Grade-Segment, wo die Unternehmen aufgrund
ihrer langen durchschnittlichen Laufzeiten geringeren
Refinanzierungsbedarf haben, könnte es zu vermehrten Neuemissionen am
Markt kommen. Firmen mit Investment Grade-Ratings waren in den letzten
12 Monaten angesichts der hohen Zinsen sehr zurückhaltend bei der
Emission von Papieren mit längeren Laufzeiten.
"Die technische Situation hat sich erheblich verbessert"
In den Schwellenländern stellt sich das Bild etwas anders dar. Zu beobachten ist bereits, dass Unternehmen ihre im Ausland emittierten Anleihen nun auf dem lokalen Markt refinanzieren, wenn möglich. Das ist vor allem in Asien der Fall, wo die lokalen Zinsen viel attraktiver sind als diejenigen im Dollarraum. Infolgedessen ist der Markt für Schwellenlandanleihen in Hartwährung allmählich geschrumpft, und wir gehen davon aus, dass sich dies im nächsten Jahr fortsetzen wird.
Wir haben das Ende eines der ausgeprägtesten Straffungszyklen der modernen Geschichte erreicht. Die Volkswirtschaften in Europa und den USA haben sie bisher überstanden, ohne aus der Bahn geworfen zu werden. Die Märkte haben den Sieg ausgerufen und sich auf eine weiche Landung der Konjunktur eingestellt. Wir bleiben jedoch vorsichtig, da die Auswirkungen des strafferen Geldpolitik wahrscheinlich noch nicht voll zum Tragen gekommen sind. Die Zentralbanken nähern sich allmählich der Wende, aber Zinssenkungen werden wohl erst in einigen Monaten erfolgen.
Hohe Erwartungen sind in den Marktbewertungen berücksichtigt. Die Märkte sind in Feierlaune wie in den 1990er Jahren. Das bedeutet auch, dass es zu Enttäuschungen kommen kann. In einem solchen Fall könnten sich die Spreads ausweiten. Es bedarf jedoch einer gravierenderen Konjunkturabschwächung oder Rezession, um stärkere Bewegungen an den Märkten auszulösen. Die Wahrscheinlichkeit dafür halten wir nach wie vor für beträchtlich, da sich die straffere Geldpolitik nur allmählich auf die Wirtschaft überträgt.
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