Pictet AM Barometer: Günstig, aber nicht günstig genug

Auch wenn der anhaltende Ausverkauf an den Aktienmärkten die Bewertungen auf ein Niveau treibt, bei dem man die Fundamentaldaten ausser Acht lassen könnte, gibt es gute Gründe, Aktien und hochverzinsliche Anleihen weiterhin unterzugewichten.

12.07.2022 | 08:59 Uhr

Asset-Allocation: (Noch) keine Rezessionspanik

Das Risiko einer Rezession steigt, da die Zentralbanken die geldpolitischen Bedingungen in weiten Teilen der Welt verschärfen. Das und die Tatsache, dass die Bewertungen trotz des massiven Ausverkaufs in diesem Jahr noch nicht günstig genug sind, hat uns dazu bewogen, unsere Untergewichtung in Aktien beizubehalten.

Mit Ausnahme von Rohstoffen erlitten alle Anlageklassen seit Jahresbeginn erhebliche Verluste, weitgehend in derselben Grössenordnung von rund 10–15%. Das macht es für Investoren ausserordentlich schwierig, überhaupt noch Land zu sehen. Ein Portfolio, das sich zu gleichen Teilen aus US-Aktien und -Anleihen zusammensetzt, hat in den ersten sechs Monaten des Jahres mehr verloren als zu jedem anderen Zeitpunkt seit der Weltwirtschaftskrise.

Die wirtschaftlichen Bedingungen sind jedoch vorerst robust, daher bleiben wir bei Anleihen insgesamt neutral gewichtet. Unsere Frühindikatoren deuten darauf hin, dass die Zentralbanken bei ihren Bemühungen, die Inflation in den Griff zu bekommen, die grossen Volkswirtschaften in diesem Jahr nicht in eine Rezession abgleiten lassen.

Abb. 1 – Monatsübersicht der Asset-Allocation Juli 2022

Barometer-July-2022-grid_DE.jpg

Quelle: Pictet Asset Management

Die grosse Frage, die sich für die Märkte stellt, ist, ob die Zentralbanken die Zinsanhebungen bremsen, bevor sie die Inflation vollständig unter Kontrolle haben. Bisher scheinen sie voll auf ihren geldpolitischen Kurs fixiert zu sein. Da es aber Anzeichen gibt, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, fällt ein wenig Druck von ihnen ab, immer extremere Schritte unternehmen zu müssen. Dadurch geht auch das Risiko eines geldpolitischen Fehlers zurück.

Unsere Konjunkturzyklusindikatoren zeigen, dass die globale Wirtschaft 2022 um mässige 2,9% steigen wird. Angesichts dieser allgemeinen Prognose haben wir unsere Erwartungen für die Eurozone und Australien gesenkt und gleichzeitig unsere Erwartungen für die Schwellenländer dank der Stärke sowohl in Indien als auch in Russland angehoben. Die Erholung in den asiatischen Schwellenländern erscheint besonders ermutigend, was zum Teil auf den Aufschwung in China zurückzuführen ist.

Trotz der deutlichen Abkühlung der US-Wirtschaft sind wir der Meinung, dass das Risiko einer ausgewachsenen Rezession für dieses Jahr überschätzt wird. Für 2023 ist die Wahrscheinlichkeit jedoch hoch. Die Ersparnisse der privaten Haushalte belaufen sich auf 2,3 Bio. US-Dollar, rund 12 Prozent des Einkommens, und zusammen mit einem soliden Arbeitsmarkt und der Erholung nach Covid-19 dürfte das ausreichen, um den Druck auf die Konsumenten durch steigende Preise und Zinssätze auszugleichen. Sorge bereitet jedoch die Schwäche des Wohnimmobiliensektors: Die Bautätigkeit ist um etwa 30 Prozent zurückgegangen, und Umfragen deuten darauf hin, dass sich der Rückgang fortsetzt.

Unsere Liquiditätsindikatoren zeigen einen anhaltenden Druck auf die geldpolitischen Bedingungen ausserhalb Asiens. Die Finanzmärkte preisen rund 200 Basispunkte an kumulativen Zinserhöhungen der grossen Zentralbanken in den kommenden 12 Monaten ein. Darüber hinaus dürften einige Zentralbanken – allen voran die Bank of England – eine quantitative Straffung einleiten. So könnten sie nicht nur bestehende Anleihen bis zur Fälligkeit in ihren Portfolios belassen, sondern auch aktiv Bestände verkaufen. Unseren Berechnungen zufolge entziehen die Zentralbanken dem System pro Quartal fast 1,5 Bio. US-Dollar an Liquidität.

Diese Straffung wird teilweise durch die chinesische Notenbank kompensiert, die nun an allen Fronten einen Lockerungskurs fährt, während die Bank of Japan an ihrer Strategie zur Steuerung der Zinskurve festhält und dadurch gezwungen ist, ihre Anleihekäufe zu intensivieren.

Abb. 2 – Preisdruck: US-Inflationsrate und KGV S&P 500, Veränderung gegenüber dem Vorjahr, %

AA - Inflation and PE DE.png

Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 15.01.1955–15.06.2022.

Nach den starken Verlusten bei Anleihen und Aktien stehen die Zeichen bei den Bewertungen langsam wieder auf Grün. Sie sind aber noch nicht so günstig, als dass die Investoren die Fundamentaldaten ausser Acht lassen könnten. Bei den Staatsanleihen erscheinen britische Gilts besonders attraktiv. Höhere Spreads und starke Drawdowns machen US-Hochzins- und europäische Investment-Grade-Anleihen attraktiv. Hingegen erscheinen inflationsgebundene Anleihen teuer – Anleger zahlen eine hohe Prämie für den Inflationsschutz.

Unsere markttechnischen Indikatoren zeigen, dass die Trendsignale bei Aktien und erst recht bei Anleihen negativ tendieren. Saisonale Trends dürften sich jedoch in den kommenden zwei Monaten positiv auf Anleihen auswirken. Die Stimmungsindikatoren stehen zwar nicht mehr auf Panik, bleiben aber gedrückt – die Risikobereitschaft scheint erst einmal abgenommen zu haben und die Investoren haben ihre Cash- und defensiven Positionen reduziert. Gleichzeitig war die Positionierung in S&P 500 Futures zum ersten Mal seit 2016 netto short.

Das ausführliche "Pictet AM Barometer: Günstig, aber nicht günstig genug" finden Sie hier.

Marketingdokument. Alle Formen von Kapitalanlagen sind mit Risiken verbunden. Der Wert von Anlagen und die daraus erzielten Erträge sind nicht garantiert und können sowohl steigen als auch fallen, so dass Sie den ursprünglich investierten Betrag möglicherweise nicht zurückerhalten.
Pictet Asset Management 2022 Alle Rechte vorbehalten. Bitte lesen Sie die Geschäftsbedingungen, bevor Sie die Website konsultieren.
Einige der auf dieser Website veröffentlichten Fotos wurden von Stéphane Couturier, Magnus Arrevad, Lundi 13, Phovea, 13Photo, Magnum Photos, Club Photo Pictet aufgenommen.

Diesen Beitrag teilen: