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Hüfner: Nochmal: Flüchtlingskrise und Konjunktur

Konjunktur
Nochmal: Flüchtlingskrise und Konjunktur
11/2015
Martin Hüfner
Assenagon (Website)

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Ich fange an, die bisherigen Konjunkturprognosen in Frage zu stellen. Bisher gingen die meisten davon aus, dass sich der Aufschwung in Deutschland 2016 fortsetzen, vielleicht sogar leicht beschleunigen wird. Jetzt mache ich ein Fragezeichen dahinter.

04.11.2015 | 11:27 Uhr




  • Das Wachstum der deutschen Wirtschaft wird im nächsten Jahr aller Voraussicht nach geringer ausfallen als bisher geschätzt.
  • Grund ist, dass sich die Stimmung in der Wirtschaft in den letzten Wochen verschlechtert hat. Die Einschätzung der Flüchtlingskrise dreht sich.
  • Privater Konsum und Investitionen verlieren an Schwung. Die Arbeitslosigkeit wird zunehmen. In Teilbereichen steigen die Preise.

 

Ich fange an, die bisherigen Konjunkturprognosen in Frage zu stellen. Bisher gingen die meisten davon aus, dass sich der Aufschwung in Deutschland 2016 fortsetzen, vielleicht sogar leicht beschleunigen wird. Der private Verbrauch wird, so die Annahme, zunehmen und dämpfende Effekte, die vom Export kommen können, auffangen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute taxierten den Anstieg der realen Wirtschaftsleistung für nächstes Jahr auf 1,8 %.

Ich fand diese Vorhersage ursprünglich vernünftig. Jetzt mache ich ein Fragezeichen dahinter. Grund ist, dass sich die Stimmung gegenüber dem Flüchtlingszustrom dreht. Die positiven Stimmen aus den Unternehmen werden leiser, die kritischen lauter. 

Natürlich gilt nach wie vor, dass die Zuwanderung positive Nachfrageeffekte auslöst. Der private Verbrauch steigt. Der Staat muss zusätzliche Milliarden für Unterbringung, Transport, Registrierung, Schutz der Flüchtlinge und anderes ausgeben. Das erhöht für sich genommen das reale BIP um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte. Es wirkt wie ein Konjunkturprogramm (siehe mein Wochenkommentar 15-36 vom 9. September 2015). 

Inzwischen zeigt sich jedoch, dass es daneben noch eine Reihe anderer Effekte gibt. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass der Staat beim Management der Krise in Verzug ist. Vom ursprünglichen Plan der Bundeskanzlerin, die "Kultur der Gründlichkeit durch eine Kultur der Flexibilität zu ergänzen", ist bisher nichts zu erkennen. 

Da kann man viele Beispiele nennen. Nach wie vor traut sich niemand, den Mindestlohn für Flüchtlinge in Frage zu stellen (obwohl die Löhne bei einer Zunahme des Arbeitsangebots natürlich sinken müssen). Flüchtlinge dürfen immer noch nicht als Zeitarbeiter eingestellt werden. Das Verbot der Arbeitsaufnahme für noch nicht anerkannte Flüchtlinge gilt unvermindert weiter. Es gibt viele unbesetzte Lehrstellen, die Flüchtlingen aber nicht angeboten werden können. Die Prüfung der Asylanträge dauert sehr lange. Das zeigt: Es ging kein "Ruck" durch die Verwaltung, wie es bei der Aufnahme von so vielen Flüchtlingen eigentlich erforderlich gewesen wäre. Solch ein Ruck hätte sich auch positiv auf die Reformbereitschaft und Dynamik in den Unternehmen ausgewirkt. Stattdessen versuchen Politik und Verwaltung das "Jahrhundertproblem" mit den bisherigen Instrumenten zu lösen. Das kann nicht gut gehen. Hier wurde eine Chance vertan. Allein auf der Ebene der Länder und der Kommunen werden derzeit flexibel und pragmatisch auch ungewöhnliche Maßnahmen umgesetzt. Davon geht aber leider kein Signaleffekt auf die Wirtschaft aus. 

Die Folge ist eine Verunsicherung in der Gesellschaft. Das beginnt sich jetzt auch auf die Konjunktur auszuwirken. Die Verbraucher stellen sich auf eine Verschlechterung am Arbeitsmarkt ein und werden bei ihren Ausgaben vorsichtiger. Damit wackelt die zentrale Stütze des Aufschwungs. 

Unternehmer werden mit Investitionen zurückhaltender. Solange sie nicht wissen, wie sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld verändert (und ob nicht vielleicht die Steuern erhöht werden), verschieben sie geplante Projekte. Nur in der Bauindustrie dürfte es weiter aufwärts gehen. Denn dass mehr Wohnungen für die Migranten gebraucht werden, liegt auf der Hand. 

Bei den Unternehmen kommt es nicht zu der erwarteten Entlastung beim Facharbeitermangel. Die Zahl der Arbeitslosen wird ansteigen, sobald die Flüchtlinge sich bei der Bundesanstalt für Arbeit als Jobsuchende registrieren lassen können. 

Rein theoretisch müsste es auch zu mehr Inflation kommen. Bisher war das nur bei besonders knappen Gütern wie Zelten, Containern oder auch bei Mieten zu beobachten. Wenn aber die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt, ohne dass das Angebot entsprechend ausgeweitet werden kann, ist es nur natürlich, dass die Preise anziehen. Die Zentralbank könnte darüber glücklich sein, weil damit die Deflationsgefahr abnimmt. Für die betroffenen Bürger ist es jedoch eher ein Ärgernis, das die Ausgabenbereitschaft weiter senkt. 

Noch ein ganz anderer Effekt, der die Stimmung belasten wird: In Europa, vor allem in Griechenland, wird die für die weitere Entwicklung so wichtige Reformbereitschaft nachlassen. Warum? Weil die Deutschen in den Brüsseler Gremien weniger Druck auf die Partner ausüben können. Denn sie brauchen deren Kooperationsbereitschaft (auch der Griechen) bei der Bewältigung der Flüchtlingsprobleme. 

Aus all diesen Gründen meine ich, dass wir bei den Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung bescheidener werden müssen. Statt der erwähnten 1,8 % werden es in Deutschland vielleicht nur 1,3 % (siehe die gestrichelte Linie in der Grafik). Ich fand es bemerkenswert, dass die Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages bei seinen Mitgliedern (die in der Regel nahe am Puls der Unternehmen ist), zu einem ähnlichen Ergebnis führte. 

Für den Anleger

Die meisten sehen den Flüchtlingszustrom bisher primär als politisch/gesellschaftliches Problem. Das ist es natürlich auch. Es wird aber auch Auswirkungen auf die Kapitalmärkte haben. Die Aussichten für den Aktienmarkt werden trotz der expansiven Geldpolitik nicht mehr so positiv sein. Für die Rentenmärkte sehe ich derzeit noch keine Gefahren. Immobilienmärkte bekommen zusätzliche Impulse. 

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