PBF: „Differenzierter Blick ist notwendig, Herr Kaldemorgen!“

PBF: „Differenzierter Blick ist notwendig, Herr Kaldemorgen!“
Kommentar

Die recht markigen Worte des DWS Investmentchefs zu Anleiheninvestments im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung konnten natürlich nicht unwidersprochen stehen bleiben.

15.06.2020 | 09:22 Uhr

Hans-Jürgen Friedrich

Hans-Jürgen Friedrich, Vorstandsvorsitzender  - KFM Deutsche Mittelstand AG ist ein profunder Kenner des deutschen Anleihenmarktes und ausgewiesener Experte für Mittelstandsanleihen. Er sieht auch im Niedrigzinsumfeld eine wichtige Rolle von Anleihen im Rahmen der konsequenten Vermögensbildung.


Wir haben ihn um seine Kommentare zu den wichtigsten Aussagen von Klaus Kaldemorgen gebeten:

Zitat Kaldemorgen: „Die Verwerfungen bei Unternehmensanleihen waren risikoadjustiert teilweise deutlich größer als bei Aktien.“

Die Kursrückgänge bei den deutschen Mittelstandsanleihen waren zu einem ganzen Teil alleine der kurzfristigen Verunsicherung und dem damit verbundenen Fehlen von Liquidität im Markt geschuldet und haben sich inzwischen wieder deutlich reduziert. Ohne Umsätze wurden an der Börse unrealistisch niedrige Preise angezeigt, zu denen aber kein Handel stattfand. Außerbörslich wurden dagegen Transaktionen zu durchweg deutlich höheren Kursen getätigt.

Ein mittelfristiger Anleger sitzt so eine Phase sehr beruhigt aus. Entscheidend im Anleihenbereich ist immer noch die Rückzahlung am Laufzeitende – und bei sorgfältig selektierten Papieren droht hier keine Gefahr.

„Die Krise hat aber schon große wirtschaftliche Folgen. … Trotzdem ist eine Aktie mit Erholungspotenzial für Anleger immer noch interessanter als der Kauf von Anleihen oder das Halten von Bargeld.“

Aktien haben per se ein ganz anderes Risikoprofil als Anleihen. Einige Anlegergruppen wie Stiftungen, Pensionskassen und Family Offices möchten nicht nur langfristig eine gute Wertentwicklung erzielen, sondern sind auch auf dem Wege dorthin kontinuierlich auf laufende Erträge angewiesen. Es sollte nicht vergessen werden, dass Dividendenzahlungen abhängig sind von Unternehmensentscheidungen. Dass damit vielfach auch das Kurspotenzial der Aktie beeinträchtigt wird, erfahren viele Investoren heute angesichts zahlreicher Streichungen von Dividenden auch bei DAX-Unternehmen sehr schmerzhaft.

Zinsen und Rückzahlungen von Anleihen müssen dagegen gezahlt werden, hier gibt es keine Wahlmöglichkeit für das Management der Emittenten. Professionell ausgewählte Anleihen aus dem deutschen Mittelstand – dem flexiblen Rückgrat der deutschen Wirtschaft – bieten auch heute sehr auskömmliche und zuverlässig jährlich gezahlte Zinsen.

„Klar ist dabei, dass Anleihen für die Vermögensbildung in Zukunft keine Rolle mehr spielen sollten. Es sei denn, es geht um den Teil der Vermögensanlage, der liquide und risikoarm gehalten werden soll.“

Durch die deutlich verschärfte Regulierung der vergangenen Jahre sind die Banken zunehmend nicht mehr in der Lage, in gleichem Maße wie in der Vergangenheit als zuverlässige Finanzierer der deutschen Wirtschaft zur Verfügung zu stehen. Daher gehen wir davon aus, dass künftig Unternehmen zunehmend Anleihen zur Finanzierung von Produktion und Expansion als Baustein der Gesamtfinanzierung nutzen werden. Das eröffnet dem Markt gerade der Mittelstandsanleihen ein erhebliches Wachstumspotenzial und dürfte höchst attraktive Emittenten neu auf dem Kurszettel erscheinen lassen.

Generell kann man sagen, dass ein Anlageportfolio immer breit über verschiedene Assetklassen gestreut sein sollte, um mit einem gut ausbalancierten Anlagemix langfristig erfolgreich zu sein. Anleihen haben hier definitiv auch aktuell und zukünftig ihren Platz.

Frage: Also müssen Anleger jetzt eine längere Durststrecke durchstehen?

„Ja, zumindest bei den Anleihen. Selbst hochriskante Anleihen bringen ja kaum Zinsen, weil sie ebenfalls von den Notenbanken aufgekauft werden. Risikoaufschläge werden von den Notenbanken gebügelt, man bekommt kaum mehr Prämien für riskantere Papiere.“

Im Mittelstandsanleihenbereich und zwar sowohl in Deutschland als auch zunehmend in anderen europäischen Ländern kann man mit professioneller Hilfe auch weiterhin bonitätsmäßig gute Emittenten finden. Insbesondere Anleihen von Gesellschaften bei denen abzusehen ist, dass sich ihre Bonität in den kommenden Jahren verbessert. Eine breite Diversifikation im Fonds ist sicherlich dem Einzelinvestment vorzuziehen und ermöglicht stabile Ausschüttungen, die über 3% jährlich betragen.

Allerdings zeigt sich Friedrich auch versöhnlich: “Wir sind uns einig darin, dass die aktuell schlechteste Variante für die Vermögensbildung Girokonto oder Sparbuch wären – sie garantieren einen mittelfristigen Wertverlust, den niemand einfach so akzeptieren sollte. Es gibt schließlich deutlich smartere Lösungen.”

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