TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: der alte Wunsch nach schnellem Reichtum.
28.07.2025 | 09:00 Uhr von «Matthias von Arnim»
Schon seit einiger Zeit überschwemmen Anbieter angeblicher Trading-Portale das Netz mit Websites und Werbung. Besonders auffällig ist nun eine Reihe von Websites geworden, die mit dem immer gleichem Werbeversprechen Kunden zu ködern versucht: „Verdienen Sie schnell und einfach Geld mit…“ – und dann folgt der Name der jeweiligen Online-Plattform. Beispiele dafür sind Websites wie 360secureddigitalearning.com, financetrademarket.com oder solidcapitalexperts.com. Es gibt unzählige Versionen davon. Mehr als 40 weitere Internetadressen mit nahezu identischem Aufbau hat allein die BaFin ausfindig gemacht und in der vergangenen Woche veröffentlicht, um davor zu warnen. Die BaFin hat schon seit Jahren eine eigene Rubrik für solche Warnungen. Letztlich verweisen sie auf das immergleiche Prinzip der Finanzbetrüger, Trading- und sonstigen Scharlatane: Sie versprechen schnellen Reichtum, meinen damit in der Regel damit aber nur sich selbst. Zudem verschwinden die Angebote und Websites oftmals so schnell, wie sie gekommen waren. Und wenn es überhaupt Angaben zu den Firmen gibt, die dahinterstecken, dann sind die Adressen oft falsch oder gar nicht existent. Deshalb sehen Betroffene, die abgezockt wurden, ihr Geld in der Regel nicht wieder. Und auch die BaFin und die Ermittlungsbehörden stehen vor einem Problem: Wenn es keine verifizierbare Anschrift gibt, lässt sich eben auch kein amtliches Schreiben an die Adresse verschicken – geschweige denn, ein Fragenkatalog, ein Mahnbescheid oder ein Durchsuchungs- oder gar Haftbefehl.
Wie groß und aktiv die Szene ist, lässt sich nur erahnen. Denn die Grenze zwischen dümmlich daherschwätzenden Finanzbloggern und professionell aufgezogenen, angeblich lukrativen Investment-Offerten, hinter denen in Wahrheit Gruppen aus dem Umfeld der Organisierten Kriminalität und/oder Hacker aus Nordkorea, Russland oder China stecken, ist fließend. Ist ein „Tipp“ eines sogenannten Fin-Bloggers noch harmlos? Oder ist ein angeblich unschlagbares Investment-Angebot schon hoch kriminell? Mit solchen Abgrenzungen beschäftigen sich Verbraucherschützer, Anwälte, Strafverfolgungsbehörden und die BaFin tagtäglich.
Auch seriöse Finanzberater werden damit immer wieder konfrontiert. Zum einen, weil Kunden zu ihnen kommen, um ihnen unter die die Nase zu reiben, wie man doch angeblich woanders superhohe Renditen erzielen kann. Und um dann zu fragen, warum das nicht auch der oder die Berater/in anbiete. Zum anderen, weil unseriöse Angebote auch immer auf den regulierten Markt abstrahlen und damit seriöse Anbieter diskreditieren. Das gilt nicht nur für das Segment der Finanzberatung, hier aber ganz besonders. Denn es geht direkt um das Geld der Kunden. Die Rendite ist schließlich das Produktversprechen. Je höher die Zahl vor dem Prozentzeichen, desto reizvoller erscheint das Angebot.
Und hier steckt der Kern des Problems: Eigentlich dürften Versprechen wie „Verdienen Sie schnell und einfach Geld mit…“ oder Slogans, die zwei- oder dreistellige Renditen in kurzer Zeit verheißen, überhaupt nicht funktionieren. Denn es ist kein Geheimnis, dass es keine Zauberformeln für schnellen Reichtum gibt. Und wenn es sie gäbe, würden diejenigen, die diese Zauberformeln kennen, sie mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht öffentlich preisgeben. Und schon gar nicht für ein paar Hundert oder wenige Tausend Euro. Wozu auch? Sie hätten ja genug Geld und hätten es nicht nötig, sich mit Nachwuchs-Möchtegern-Millionären abzugeben, die vom angeblich reichen Erfahrungsschatz der mit geheimem Finanzwissen gesegneten Füllhorn-Besitzer profitieren wollen.
Deshalb gilt der bekannte Satz: Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist genau dies der Fall. Es ist nicht wahr und nicht ehrlich gemeint. Trotzdem fallen jedes Jahr viele Menschen auf die Tricks der Anlagebetrüger herein. Jährlich wandern laut Bundeskriminalamt allein in Deutschland zwischen 200 und 300 Millionen Euro in die Taschen von Anlagebetrügern. Wobei diese Statistik nur gemeldete Fälle, Betrugsopfer und ermittelte Täter umfasst. Die Dunkelziffer dürfte eher im Milliardenbereich liegen.
Warum ist das so? Weil Gier das Hirn auffrisst. Und weil Finanzbildung in Deutschland immer noch ein echtes Problemfeld ist. Der Staat versagt hier leider komplett. In Schulen und Universitäten spielt das Thema de facto keine Rolle. Und darum sind Vermögensverwalter und Anlageberater besonders gefordert. Aufklären, erklären und vorrechnen. Irgendjemand muss es ja tun. Bevor der nächste Fin-Blogger oder Trader behauptet, er hätte die Zauberformel für schnellen Reichtum entdeckt.
Am Dienstag verhandelt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe über verschiedene Voraussetzungen und die Verjährung von Ansprüchen auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) hatte gegen eine bayerische Sparkasse geklagt, weil er die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam hält. Ob am Dienstag schon ein Urteil fällt, ist unklar. Falls der VZBV das Verfahren gewinnt, dürfte das Implikationen auf die Angebote vieler weiterer Sparkassen haben.
Am Mittwoch veröffentlicht die europäische Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg ihre vorläufige Schnellschätzung zum Bruttoinlandsprodukt der Euroländer und der EU im zweiten Quartal 2025.
Am Donnerstag entscheidet der Bundesgerichtshof zu einer Urheberrechtsklage gegen Werbeblocker. Es geht um eine Klage des Medienunternehmens Axel Springer. Der Verlag argumentiert, der Werbeblocker der Firma Eyeo verletze das Urheberrecht, da dieser die Programmierung der Springer-Webseiten unberechtigt umarbeite. Die Klage auf Unterlassung und Schadenersatz hatte schon in allen Vorinstanzen keinen Erfolg. Warum der Verlag darauf hofft, dass in Karlsruhe ein anderes Urteil gefällt werden könnte, bleibt unklar. Es ist sogar eher so, dass die Axel Springer-Gruppe der gesamten Medienbranche Schaden zufügen könnte, wenn die Klage in höchster Instanz scheitert. Ad-Blocker sind für Medienunternehmen ein Problem, das sich nicht per Gerichtsentscheid, sondern nur mit eigener Kreativität auf verschiedenen Ebenen lösen lässt.
Am Freitag urteilt der EuGH zur Haftung von Zahlungsdienstleistern für nicht autorisierte Abhebungen. Hintergrund: Ein Kunde des französischen Fintechs Veracash hat dieses in Frankreich auf Erstattung und Schadenersatz verklagt, weil von seinem Veracash-Konto über eineinhalb Monate täglich Abhebungen vorgenommen worden seien, die er nicht autorisiert habe. Kurz vor diesen Abhebungen hatte Veracash dem Kunden eine neue Karte für Abhebungen und Zahlungen zugesandt. Der Kunde behauptet jedoch, die Karte weder beantragt noch erhalten zu haben. Das für den Fall zuständige Gericht in Frankreich hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) unter anderem dazu gefragt, ob ein Kunde nach EU-Recht seinen Erstattungsanspruch verliert, wenn er den Zahlungsdienstleister nicht umgehend über die nicht autorisierten Vorgänge informiert. Der EuGH verkündet am Freitag seine Entscheidung. Diese wird wegweisend sein und ein weites Feld des Finanzbetrugs betreffen: Eine bekannte Masche von Betrügern ist es, über Phishing-Mails Passworte und Geheimzahlen abzufragen, neue Bank- und Kreditkarten zu beantragen und die Briefe der Banken entweder abzufangen oder auf andere Adressen umzuleiten. Der EuGH muss nun darüber urteilen, wann und in welchem Umfang Bankkunden selbst für die Sicherheit ihrer Konten verantwortlich gemacht werden können, und wann und in welchem Umfang Banken für solche Schäden haften. Auch der Ausgang dieses Verfahrens wird weitreichende Folgen haben. Für Kunden und für Banken.
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