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Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

Steigende Anleiherenditen und die Angst vor der Wahrheit

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: warum die Anleihekurse fallen, und der Goldpreis steigt.

08.09.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

An den Anleihemärkten geht die Angst um. Erst hat es die europäischen Anleihemärkte durchgeschüttelt. Am vergangenen Mittwoch breitete sich das Rentenvirus global aus. Vor allem langlaufende Anleihen verzeichneten heftige Kursverluste. Japanische Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit etwa erreichten mit 3,29 Prozent den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen. Selbst Deutsche Bundesanleihen schrumpfen allmählich auf Normalmaß zusammen. Kam das Rentenbeben in der vergangenen Woche überraschend? Nein. Der weltweite Rückgang bei Staatsanleihekursen ist schon seit einer Weile zu beobachten. Insbesondere Frankreichs andauernde Haushaltskrise wird mit Argwohn beobachtet. Dass die Franzosen seit Jahrzehnten ohne Aussicht auf Besserung üppig auf Pump wirtschaften, ist keine neue Erkenntnis. Aber irgendwann endet eben die Geduld der Investoren. Und dann sehen sie sich um und erkennen, dass es in Europa nur wenige Alternativen gibt, bei denen es deutlich besser aussieht.

Natürlich fällt der Blick in solch einer Situation auch auf Deutschland. Doch wir kämpfen gerade mit eigenen Problemen. Solidität, made in Germany? Das war einmal. Klar, es gibt gute Gründe, warum die Bundesregierung schon zum Start in die aktuelle Legislaturperiode das größte Schuldenpaket der bundesrepublikanischen Geschichte geschnürt hat. Das verkündete Ziel, nämlich mit Investitionen in die Infrastruktur und mit einer Reform der Rentenversicherung neues Wachstum in der Wirtschaft und mehr finanziellen Spielraum für die Staatsfinanzen zu schaffen, gerät nur leider immer weiter in die Ferne. So verkündete die Bundesregierung in der vergangenen Woche, dass für die groß angekündigte Rentenreform jetzt erst einmal eine Kommission eingesetzt wird, die sich darüber Gedanken machen soll. Fest steht schon jetzt: Die CSU hält an ihrer teuren Mütterrente fest und die SPD am Umlagesystem ohne Aktienkomponente. Aua. 

Die Zögerlichkeit kommt bei international agierenden Anleiheinvestoren nicht besonders gut an. Und so haben Bundesanleihen, bisher der Goldstandard unter den Rentenpapieren, mittlerweile etwas von ihrem Glanz verloren. Wer sich die Entwicklung des Bund-Futures über die vergangenen zwölf Monate ansieht, erkennt, dass die Investorengemeinde dem deutschen Staat immer weniger vertraut. 

Apropos Goldstandard: Gold bleibt der große Gewinner. Der Preis fürs Edelmetall erklimmt immer neue Rekordhöhen – so auch in der vergangenen Woche. Gold gilt ja gemeinhin als Angstbarometer. Angst vor politischen Verwerfungen, Krieg, Börsencrash, Währungskrisen, Hyperinflation und allgemein großen Katastrophen bis hin zu Weltuntergangsszenarien. Wobei schwere Goldbarren in der Hosentasche weder heute noch im Fall einer großen Katastrophe weiterhelfen. Aber das ist ein anderes Thema. Es geht ums Gefühl. Dass Gold derzeit so hoch bewertet wird, ist nichts anderes als der Ausdruck dafür, dass viele Anleger ihr Kapital von hoher See zurückholen und in den vermeintlich sicheren Hafen Gold segeln. Unter Profis nimmt man den Goldpreisanstieg und die Entwicklung an den Rentenmärkten besorgt zur Kenntnis. „Ich glaube nicht, dass es nur ein Aufflackern ist“, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing vergangene Woche auf dem Banken-Gipfel des Handelsblatts in Frankfurt. Der weltweite Rückgang bei Staatsanleihekursen sei „ein Spiegelbild politischer Unsicherheit, fehlender Reformen und steigender Verschuldung“. Sewing erwartet daher, dass das aktuelle Renditeniveau kein vorübergehendes Phänomen bleibt. Eine Einschätzung, die auch Cornelius Riese teilt: „Ich bin mir recht sicher, dass wir noch den einen oder anderen Liz-Truss-Moment erleben werden“, meinte der DZ-Bank-Chef auf derselben Veranstaltung. Zur Erinnerung: Die ehemalige britische Premierministerin Liz Truss hatte mit ihren wirtschaftspolitischen Pläne 2022 eine schwere Vertrauenskrise an den Finanzmärkten ausgelöst. 

Was lernen wir daraus? Vor allem dies: Ruhe bewahren! Und kühl rechnen. Korrekturen sind normal. Und wer die Chance bekommt, in Momenten der Unsicherheit hoch rentierliche europäische Staatsanleihen in sein Portfolio zu laden, sollte dies vielleicht auch als Chance begreifen. 

Interessante Termine in den kommenden Tagen

Am Dienstag wird Bundeskanzler Friedrich Merz in München offiziell die internationale Automesse IAA Mobility eröffnen. Zudem werden VDA-Präsidentin Hildegard Müller, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sowie der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter auf der einstündigen Eröffnungsveranstaltung sprechen. Im Anschluss wird Merz die Messe besichtigen. Spannend wird sein, ob und (falls ja) in welcher Form die Redner die Lage der deutschen Autobauer beschreiben. Und wie Politik und Unternehmen darauf regieren werden. Bis jetzt scheint es so, als ob beide Seiten nur diffuse Pläne hätten. Einzig BMW beschreitet einen fundamental neuen Weg mit der „Neuen Klasse“. Das ist mutig. Da heißt es, Daumen zu drücken. „Toi, toi, toi“ nach München! 

Am Mittwoch steigt das KI-Festival „Big Bang“ in Berlin. Unter dem Motto „Die Zukunft des Mittelstands in 4D: Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und Deglobalisierung“ treten unter anderem Tech-Investor Frank Thelen und die Unternehmerin Marie-Christine Ostermann auf. Und mal wieder Richard David Precht, der natürlich auch zu diesem Thema etwas vermutlich sehr wichtiges Precht-Philosophisches beizutragen hat. 

Am Donnerstag trifft man Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in Augsburg wieder. Dort ist er zugegen, wenn der Panzergetriebehersteller Renk sein neues modulares Produktionskonzept in Betrieb nimmt. Renk stellt seine Produktion aufgrund der verstärkten Nachfrage von einer Manufaktur auf Kleinserie um. Die deutschen Autobauer mögen in der Krise stecken. Deutsche Rüstungsbetriebe boomen dafür wieder. Leider gibt es gute Gründe dafür. O tempora, o mores.

Am Freitag findet in München die Kundgebung „Bedürfnisse statt Profite – Mobilität für alle!» gegen die IAA statt. Aktivisten aus klima- und verkehrspolitischen Initiativen rufen zum Protest auf. Die Laufdemo beginnt um 14.30 Uhr am Karolinenplatz im Anschluss an die von VCD und BUND veranstaltete Fahrraddemo. Nach einer Anfangskundgebung mit verschiedenen Reden und Musik läuft der Demozug bis zum „Mobilitätswendecamp“ im Luitpoldpark. Die Veranstalter wünschen sich, „dass ihr nicht mit dem Auto oder Campingbus anreist, es wird vor Ort keine Parkmöglichkeiten geben“. Für alle, die daran teilnehmen wollen und nicht aus München kommen, hier noch ein wichtiger Hinweis: Aufgrund der zeitgleich stattfindenden IAA (sic) könnte es schwierig werden, noch ein Bahnticket zu buchen.

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