TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: der neue Anlauf, die staatliche Rente zu reformieren.
01.12.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Die Rente. Ein blödes Thema. Viele aus der Boomer-Generation freuen sich darauf, bald nicht mehr arbeiten zu müssen. Vor allem Beamte mit einträglichem Alterssalär. Andere wollen eigentlich gar nicht aufhören, müssen es aber. Weil für sie ebenfalls eine Altersgrenze vorgeschrieben ist. Wiederum sehr viele andere können und/oder wollen nicht mehr, müssen aber noch weiter malochen, um über die Runden zu kommen. Und dann gibt es noch diejenigen, die das Ganze bezahlen müssen. Die Jungen, die in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Und die Steuerzahler, die jeden dritten Renten-Euro mitfinanzieren. Darunter auch viele, die gar keine staatliche Rente beziehen – Freiberufler, Selbständige und Unternehmer. Also eine Zielgruppe, die die SPD gerne in die staatliche Rente integrieren möchte, mit dem Argument, diese Gruppe würde sich beim Thema Altersvorsorge selbst aus der Solidargemeinschaft wegstehlen.
Nun, in einem Punkt sind sich fast Alle einig: Unser Umlagesystem funktioniert schon jetzt nicht mehr. In einigen Jahren wird es dramatisch. Wenn nichts passiert, wird der Staatshaushalt spätestens in zwanzig Jahren kollabieren. Der staatliche Rentenzuschuss würde Berechnungen des Arbeits- und Sozialministeriums zufolge im Jahr 2045 auf knapp unter 800 Milliarden Euro steigen. Zur Einordnung: Der aktuelle Bundeshaushalt umfasst derzeit knapp 500 Milliarden Euro plus Sondervermögen.
Die langfristige Berechnung zu den erwarteten Einnahmen und Zahlungen des Rentensystems ist kein Hexenwerk. Die Prognosen sind recht zuverlässig. Einschneidende demografische Veränderungen gibt es nur im Falle von Kriegen. Das Verhältnis von Alten und Jungen bleibt ansonsten mehr oder weniger stabil. Selbst wenn die Pest grassiert, trifft es in der Regel alle Altersgruppen. Dass es mit unserem Rentensystem so nicht weitergehen kann wie bisher, weiß man deshalb schon seit mindestens 30 Jahren. Man hätte also schon viel Zeit gehabt, um gegenzusteuern und das System zu reformieren. Hat man aber nicht. Aus Gründen. Rente ist – wie gesagt – ein blödes Thema. Auch aus Sicht der Politiker. Wenn man den Rentnern sagt: Ihr bekommt weniger Geld, obwohl Ihr über Jahrzehnte hinweg, ohne zu murren, die Rente der Vorgeneration bezahlt habt, dann gewinnt man damit keine Wählerstimmen. Und wenn man der jungen Generation sagt: Hey, die Alten pochen auf ihr Recht, und Ihr müsst das bezahlen, obwohl Ihr viel weniger Beitragszahler seid und viel mehr Rentner finanzieren müsst, dann ist das auch kein Wahlkampfschlager, der gut ankommt.
Was also tun? Man vertagt das Thema. Soll sich doch die nächste Regierung darum kümmern. So ist es die vergangenen Jahrzehnte schon gegangen. Und im Moment fühlt es sich so an, als ob es auch so weitergeht. Denn die Regierungskoalition aus Union und SPD hat sich auf ein Rentenpaket geeinigt, das weit entfernt von einer „Rentenreform“ ist. Allein die Mütterrente III wird in den kommenden 20 Jahren Mehrkosten von rund 100 bis 120 Milliarden Euro verursachen. Und die Verlängerung der sogenannten „Haltelinie“ – das Einfrieren des Rentenniveaus bei 48 Prozent der durchschnittlichen Löhne – über das Jahr 2031 hinaus würde rund 200 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Wenn nicht nochmal nachverhandelt würde. Das soll jetzt auch geschehen. Nach der Verabschiedung des aktuellen Gesetzesentwurfs.
Mit anderen Worten: Es wird ein Gesetz verabschiedet, von dem man weiß, dass es eigentlich noch nichts taugt. Dafür wird aber eine neue Kommission gegründet, die nun aber wirklich die Probleme grundsätzlich angehen soll. Neuer Anlauf. Man ist ja vielleicht ein wenig schlauer geworden. Tatsächlich sollen einige kritische Punkte angegangen werden. Zum Beispiel die Lebensarbeitszeit, die Frühverrentung, das Rentenniveau.
Und die Koalitionspartner wollen ein altes FDP-Projekt in abgewandelter Form wiederbeleben: die Aktienrente. Laut dem am Freitag veröffentlichten Koalitionsentwurf wird der Bund einen Fonds auflegen mit einem Aktienpaket im Wert von zehn Milliarden Euro. Damit soll der Aufbau der privaten Altersvorsorge der jungen Generation unterstützt werden. Dafür soll der Fonds die Dividenden der in ihm enthaltenen Aktien verwenden. Klingbeil rechnet mit rund 400 Millionen Euro jährlich. Anders als im alten FDP-Plan soll der Wertpapierstock allerdings in den Folgejahren nicht mithilfe der Dividenden und weiterer Bundeszuzahlungen langfristig aufgebaut werden. Sondern mit den Erträgen soll offenbar ein Ausbau der sogenannten Frühstartrente finanziert werden. Die Frühstart-Rente ist eine CDU-Idee, der zufolge der Staat jedem Kind bis zum 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro in ein individuelles, privat verwaltetes Vorsorgedepot einzahlt. Das Geld soll langfristig am Kapitalmarkt anlegt und erst bei Renteneintritt verfügbar sein.
Fassen wir zusammen: Die Regierung plant, das System an sich nicht grundsätzlich zu verändern. Es werden nur leichte Korrekturen vorgenommen und nach der Verabschiedung des Gesetzes in einer Kommission weiterführende Korrekturen erarbeitet, die vor allem zu Lasten der älteren Generation gehen. Damit werden die Junge-Union-Rebellen ins Boot geholt, die die erste Fassung des Rentenpakets bisher ablehnen. Das Umlageverfahren wird im Kern aber nicht angetastet. Es wird über eine Aktienrente diskutiert werden, die diesen Namen nicht mehr verdient. Ein Schwenk hin zu einer deutlich ausgebauten kapitalgedeckten Altersvorsorge ist nicht angedacht. Eine Förderung von langfristigen privaten Investitionen am Kapitalmarkt zur Stärkung der eigenen Altersvorsorge ist kein Thema.
Nur einmal als Anregung: Allein die DAX-Konzerne haben in diesem Jahr rund 50 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet. 52,6 Prozent der Anteile dieser Unternehmen sind in ausländischer Hand. Davon wiederum sind die größten Investoren Pensionsfonds aus den USA, Großbritannien oder Schweden. Der DAX ist nur ein Beispiel. Unterhalb des Leitindex sieht es nicht viel anders aus. Warum eigentlich arbeiten die Arbeitnehmer deutscher börsennotierter Unternehmen hauptsächlich dafür, die Renten ausländischer Pensionäre zu bezahlen? Warum wird Aktienbesitz in Deutschland von der Regierung nicht gefördert? Idee: Wie wäre es zum Beispiel, die Investition in Aktien oder Aktienfonds hierzulande steuerlich zu erleichtern, wenn man diese lange hält. Effekt: Die Anlagerendite wäre sehr deutlich höher als bei Einzahlungen ins staatliche Rentensystem. Der neue private Anteil könnte das alte System mindestens ergänzen, ohne Mehrkosten zu verursachen. Die gewährten Steuererleichterungen würden sich aus Sicht des Staates am Ende selbst finanzieren. Und Kurssteigerungen der Aktien sind in dieser Idee nicht einmal eingerechnet.
Wie gesagt: Es ist nur eine Anregung. Hallo Berlin! Hört jemand zu?
Am Dienstag stellt die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) in Peking eine Umfrage zum Stimmungsbild ihrer rund 2.100 Mitgliedsfirmen in der Volksrepublik China vor. Im scharfen Konkurrenzkampf innerhalb Chinas und mit Blick auf internationale Handelsstreitigkeiten dürften die Daten darüber Aufschluss geben, wo deutsche Firmen in China Probleme sehen und wie sie sich im Verhältnis zu ihrer chinesischen Branchen-Konkurrenz sehen.
Am Mittwoch will die EU-Kommission Vorschläge für die Überarbeitung und Vereinfachung von Umweltvorschriften vorlegen. Insgesamt ist das ein heikles Unterfangen. Komplizierte, praxisferne Vorschriften sollen gestrichen werden. Gleichzeitig gilt es, die Umweltziele der EU nicht zu schleifen. Wer die komplexen Abläufe und Kämpfe in Brüssel kennt, ahnt, dass hier viel Fingerspitzengefühl gefragt ist.
Am Donnerstag findet in Berlin der Energietag des Weltenergierat Deutschland e.V. statt. Thema der Veranstaltung: „Everything in Transition – Wohin steuert die globale Energiepolitik?“. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden die Folgen einer sich verändernden geopolitischen Ordnung für die nationale und internationale Energie- und Klimapolitik diskutieren. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf den Potenzialen und Rahmenbedingungen von Carbon Capture and Storage (CCS) sowie aktuellen Entwicklungen auf dem deutschen und globalen CCS-Markt liegen – ein sehr spannendes Thema.
Am Freitag findet vor dem EU-Gericht in Luxemburg eine mündliche Verhandlung im Markenstreit um den Namen „Obelix“ statt. Hintergrund: 2022 hat das Europäische Markenamt (EUIPO) zugunsten einer polnischen Firma die Unionsmarke „Obelix“ für Waffen, Munition und Zubehör eingetragen. Der französische Verlag Les Éditions Albert René, dem die Rechte an der bekannten Comicreihe Asterix & Obelix gehören, hat dagegen geklagt. Er besitzt selbst eine ältere Marke „Obelix“. Die ist seit 1998 eingetragen und gilt unter anderem für Bücher, Kleidung, Spiele und Unterhaltungsprodukte. Der Verlag will die neue Marke löschen lassen, weil „Obelix“ eine bekannte Figur und eine ältere eingetragene Marke sei. Die Nutzung des gleichen Namens - selbst in einer völlig anderen Branche – könnte den Ruf der bekannten Comicfigur ausnutzen oder beschädigen. Das Europäische Markenamt lehnte die Löschung ab, da es unwahrscheinlich sei, dass jemand beim Namen „Obelix“ in Verbindung mit Waffen an die Comicfigur denke. Deshalb werde der Ruf oder die Unterscheidungskraft der älteren Marke nicht beeinträchtigt. Der Verlag hat die EUIPO-Entscheidung beim Gericht der EU angefochten. Nun ja. Wer denkt beim Namen Obelix auch an Waffen oder gar Gewalt? Verrückt. Gegenfrage: Warum hat sich das polnische Unternehmen diesen Namen wohl gegeben? Vielleicht ist der Eigentümer ja als Kind in einen Topf, gefüllt mit Zaubertrank, gefallen. Das könnte eine nachvollziehbare Erklärung sein.
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