Greiffbar - Milchmädchenrechnung

Greiffbar - Milchmädchenrechnung
Kolumne

Der deutsche Sparer fühlt sich ausgemolken! Milchersatz bei Inflations-Intoleranz muss her. Von Milchmädchen und Milchbubis. Volker Schillings Finanzmilch, Pardon, -marktrückblick. Jetzt Greiffbar lesen.

16.06.2023 | 09:51 Uhr

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

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Milch

Der Milchpreis ist wieder einmal im Sinkflug. Aldi, Lidl & Co. senken den Preis des Gemelks unter einen Euro pro Liter. Was den Bauern missfällt, regt die Konsumenten an. Wenn es also nach dem Milchpreis geht, dann kommen auch bei Nahrungsmitteln die Preise endlich zurück. Dringend notwendig, wenn man sieht, dass die diese Woche gemeldeten Inflationszahlen in Europa bei 6,1% und in den USA bei 4,0% im Wesentlichen noch durch die Nahrungsmittelpreise getrieben waren. Milch ist per Milchgesetz "das durch regelmäßiges Ausmelken des Euters gewonnene und gründlich durchmischte Gemelk von Kühen". Und ausgemolken fühlen sich inzwischen auch die deutschen Sparer, die bei den aktuellen Zinsen ihren Kaufkraftverlust nicht kompensieren können. Obwohl die US-Notenbank wie von mir erwartet in dieser Woche ihre Zinspause verkündete, erhält man dort bei einem Zinsniveau von 5% zumindest sein Realvermögen. In Europa dagegen leiden die meisten Sparer weiter unter einer Nominalillusion. Bei einem Zinsniveau von 3,75% und der Inflation jenseits von 6% ist die Milch real schon längst sauer geworden. Doch zum Glück gibt es unser Milchmädchen bei der Europäischen Notenbank:

Milchmädchen

Christine Lagarde hat diese Woche die Lücke weiter geschlossen und den Leitzins wie erwartet um weitere 0,25% angehoben. 4% gibt es jetzt wieder in Europa und sollten wir es damit schaffen, auch unsere Inflation auf US-Niveau zu drücken, dann wäre es zumindest gelungen, real weiter keine Milch zu verschütten. Das einzig wirklich verbliebene Milchersatzprodukt ist derzeit der Aktienmarkt und deshalb hat der DAX in dieser Woche zu Recht ein neues Allzeithoch erreicht. Aktien sind für Sparer die Hafermilch für Inflations-Intoleranz. Und ich glaube fest daran, dass der Aktienmarkt durch seine Vielfalt an Möglichkeiten auch für das zweite Halbjahr positive Überraschungen liefern wird, während die Mahner und Warner aussehen wie Milchbubis, denen man das Glas Milch vor der Nase wegschnappt. Aber egal ob Hafer-, Soja, Mandel- oder doch Kuhmilch – im Supermarktregal wie an der Börse ist für jeden etwas zu holen. Oder wie sagte schon der große deutsche Milchschnitten-Philosoph Jan Böhmermann: „Vorschlag zur Güte: Absolut gar nichts darf mehr Milch heißen und Milch heißt ab jetzt Kuhdrink.“ Apropos Böhmermann:

Milchmädchenrechnung

Der schickte diese Woche durch Aussagen in seiner Sendung die Aktie von Eventim auf Talfahrt. 18% Kursrückgang nach Enthüllungen von Jan Böhmermann zu den Geschäftspraktiken des Eventim CEOs Klaus-Peter Schulenberg. Die vermeintlichen Enthüllungen lüfteten aber bestenfalls einen Milchschleier von ohnehin bekannten Fakten und sind zudem weder strafrechtlich oder regulatorisch relevant. Vielmehr zeigte Böhmermann auf, wie erfolgreich das Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung erobert hat und prächtig verdient. Ich halte den vermeintlichen medialen Erfolg daher für eine Milchmädchenrechnung und freue mich, dass man zu diesen Schnäppchenpreisen die Eventim-Aktie kaufen kann. Wie wir ja alle wissen, nicht die Moral macht´s, sondern die Milch macht´s. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein Wochenende in einem Zuhause, wo Milch und Honig fließen, während ich „Milch“ für diese Woche verabschiede.

Ihr Volker Schilling

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