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Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

ETF-Verwerfungen im Schatten des Nvidia-Hypes

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: Warum das wertvollste Unternehmen der Welt einigen ETFs Probleme bereitet.

24.06.2024 | 07:15 Uhr

Rückblick auf die vergangene Woche

Künstliche Intelligenz revolutioniert unsere Welt. Wer die beste Technik für diese Revolution liefert und den Markt beherrscht, ist unverzichtbar und damit unschätzbar viel wert. Die Tatsache, dass sehr viele Investoren an diese beiden Sätze glauben, hat am vergangenen Dienstag dazu geführt, dass der Chiphersteller Nvidia mit einer Marktkapitalisierung von über drei Billionen Euro jetzt das wertvollste Unternehmen der Welt ist. Aus den „Magnificent Seven“ – gemeint sind die Tech-Riesen Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft – ist bei genauerer Betrachtung „The Magificent One“ geworden. Apple, Microsoft und Co. hecheln im immer länger werdenden Schatten des neuen Börsengiganten der Entwicklung hinterher. Wieder einmal bewahrheitet sich: Wenn Du reich werden willst, grabe nicht nach Gold, sondern verkaufe den Goldgräbern die Schaufeln. Um bei diesem Bild zu bleiben: Nividia baut die mächtigsten Schaufeln für die neue aufziehende KI-Ära. Mit Nividia-Chipsystemen trainieren und betreiben alle KI-Entwickler in gigantischen Rechenzentren ihre Systeme. 

Nvidias Technologievorsprung in diesem Markt ist mittlerweile so groß, dass selbst die einst so mächtigen Rivalen Intel oder AMD dem neuen Marktführer nicht mehr annähernd das Wasser reichen können. Und da nichts erfolgreicher als der Erfolg ist, kann Nvidia immer mehr Geld in Forschung und Entwicklung stecken und den Abstand zum Verfolgerfeld weiter vergrößern. So stellt etwa die neueste Chipgeneration mit dem Namen Blackwell alles in den Schatten, was bisher als Rechenleistung auf dem kommerziellen Markt zu haben ist. Das kleine Wunderding bietet viel mehr Rechenleistung, ist mehr als doppelt so schnell und braucht weniger Platz sowie deutlich weniger Strom als sein Vorgänger. Aus solchen Chips sind KI-Träume gemacht. Wer virtuelle Welten erschaffen und/oder mit der realen Welt verknüpfen will, braucht Rechenleistung und Geschwindigkeit. Nicht nur OpenAI giert nach solcher Hardware. Nahezu jede Branche von der Medizintechnik über die Automobilindustrie bis zum Gebäudemanagement wird in Zukunft Chips verbauen, die sehr viel komplexere Aufgaben bewältigen können, als wir uns heute ausmalen.

Und weil Nividia in all diesen Zukunftsträumen derzeit die Hauptrolle spielt und an der Börse bekanntermaßen Hoffnungen und Prognosen gehandelt werden, finden sich heute nicht nur immer mehr Chips des Unternehmens in immer mehr Rechnern, sondern auch immer mehr Nvidia-Aktienwerte in den Portfolios von Fonds und ETFs. Für die Investoren ist das bisher ein Segen. Die Nvidia-Aktie hat die erfolgreichste Kurssteigerung der vergangenen 25 Jahre hingelegt. Seit dem Börsengang 1999 ist der Kurs der Aktie inklusive reinvestierter Dividenden um unglaubliche 591.078 Prozent gestiegen. Wer damals 200 Dollar in die Aktien investiert hat, ist heute Millionär. Auch Portfoliomanager, die Nvidia-Aktien im Depot haben, dürfen sich auf die Schultern klopfen. Sie können auf einen weiteren Durchmarsch der Aktie hoffen und/oder Gewinne mitnehmen. Zu einem Vielfachen des Einstiegskurses zu verkaufen, hat noch niemanden arm gemacht.

Etwas anders sieht die Lage für ETFs mit Nvidia im Depot aus. Die passiven Instrumente bilden Indizes ab. Nicht jeder ETF setzt dabei auf eine Eins-zu-Eins-Replikation der ursprünglichen Indexzusammensetzung. Zieht der Wert des Index aufgrund der Überperformance eines einzelnen Aktienwertes stark nach oben, müssen die betreffenden ETFs nachkaufen. Gleichzeitig steigt durch eine hohe Konzentration auf einen oder wenige Titel das Risiko, einen womöglich fallenden Index im Wertverlust zu überholen. Das ist das Schicksal passiver Instrumente. Sie bewegen sich im Takt mit dem Markt und den Konkurrenzprodukten. Dabei hinken sie immer einen kleinen Schritt hinterher, den sie aufholen müssen - und den jeweiligen Trend damit verstärken. Und da es immer mehr passive Instrumente gibt, kann sich das Rattenrennen in die eine oder andere Richtung zuweilen stark beschleunigen. Man hat das in den vergangenen Jahren einige Male gesehen.

Im Moment ist die Situation so, dass einige Tech-ETFs unter hohem Kaufdruck stehen und für viele Milliarden US-Dollar Nvidia-Aktien nachkaufen müssen. Der Kursaufschwung ist deshalb aktuell also auch von seinem eigenen Erfolg getrieben. Anleger können sich nun überlegen, ob sie darauf setzen, dass das noch lange so weitergeht. Oder ob sie erst einmal abwarten oder sogar verkaufen und damit Buchgewinne real sichern. Es ist keine leichte Wahl, hier zwischen Chance und Risiko abzuwägen. Ein nicht ganz ernst gemeinter Tipp: Wer sich nicht entscheiden kann, was er tun soll, kann ja mal ChatGPT befragen.

Ausblick auf interessante Termine in dieser Woche

Am Dienstag tagt in Brüssel die Eurogruppe. Anwesend sind die Finanzminister der Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebiets, der Kommissar für Wirtschafts- und Währungsfragen und die Präsidentin der EZB. Man kann nur hoffen, dass Christine Lagarde die richtigen Schlüsse aus diesem Treffen ziehen wird.

Am Mittwoch veröffentlicht Russland Zahlen zur Entwicklung der russischen Industrieproduktion. Nach wie vor befindet sich die russische Industrie auf Wachstumskurs – allerdings vor allem im Rüstungssektor. Man fragt sich: Was machen all die Rüstungsbetriebe eigentlich, wenn der Krieg irgendwann einmal vorbei ist? Und woher soll dann das Wachstum kommen?

Am Donnerstag beginnt die zweitägige TiAM Investment-Konferenz in Berchtesgaden. Freuen Sie sich auf hochkarätige Referenten und Gastredner. Falls Sie nicht zu den Glücklichen zählen, die sich einen Platz im Auditorium gesichert haben, müssen Sie trotzdem nicht verzweifeln: Natürlich wird TiAM Fundresearch während der Veranstaltung zeitnah und im Anschluss daran ausführlich darüber berichten.

In der Nacht von Donnerstag und Freitag stehen sich Donald Trump und Joe Biden im TV-Duell gegenüber. Das wird spannend, wenn sich zwei alte Männer gegenüberstehen, von denen der eine lügt und der andere vergisst, was er eigentlich sagen wollte.

Am Freitag werden in Frankreich die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Verbraucherausgaben veröffentlicht. Die Statistik könnte ein erster Hinweis darauf sein, wie frohgemut oder düster die Stimmung der französischen Verbraucher vor der Wahl am kommenden Sonntag ist. Sicher ist: Kaum eine Wahl in Europa wurde bisher mit so großer Anspannung erwartet wie diese. Es geht schließlich nicht nur um Frankreich. Ob den Franzosen das tatsächlich bewusst ist?

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