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Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

April, April, der Rentenmarkt macht, was er will

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: wie die internationalen Geldströme sich eine neue Route suchen.

28.04.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

Es tut sich Erstaunliches an den Finanzmärkten. Und es sieht so aus, als ob sich gerade ein sehr nachhaltiger, grundsätzlicher Wandel vollzieht. Um es mit einem Bild aus der Natur anschaulich zu machen: Es gibt die großen, tiefen Meeresströmungen, die uralten Regeln folgen und unser gesamtes Klima prägen. Das ist der Rentenmarkt. Und es gibt die Wellen an der Oberfläche, die auf Wind und Wetter und jeden Schiffsbug reagieren. Das ist der Aktienmarkt. Was wir derzeit sehen, ist, dass der Aktienmarkt derzeit noch auf jeden Großbuchstaben reagiert, den US-Präsident Donald Trump über seinen hauseigenen Propaganda-Kanal „Truth Social“ in die Welt postet. Zölle hoch, Aktien runter. Zölle doch wieder nicht ganz so hoch, Aktien rauf. So wird das vermutlich noch eine ganze Weile weitergehen, bis irgendwann endgültige Erschöpfung einsetzt und die Erkenntnis reift, dass die ganz großen Geldströme mittlerweile anders fließen als in den vergangenen Jahrzehnten. Und da sind wir beim Rentenmarkt. Wer die Möglichkeit hatte, konnte in den vergangenen Dekaden mit sogenannten Carry-Trades sehr viel Geld verdienen: Man nimmt in Ländern mit niedrigen Zinsen und schwacher Währung Kredite auf und investiert das geliehene Kapital in Anleihen aus Ländern mit höherer Verzinsung. Wer sichere Renditen einheimsen und nicht viel Gehirnschmalz aufwenden wollte, hat solche Carry-Trades zwischen Japan und den USA gespielt. Das Prinzip: Billige Kredite in Japan aufnehmen und das Geld in höher verzinste US-Bonds investieren. Wir reden hier nicht von einem Nebenschauplatz des Rentenmarktes, sondern von hohen Billionen-Summen in US-Dollar. Es ist einer der ganz, ganz großen Geldströme, der Teil des uralten Big Deal der Weltfinanz ist: Die USA genießen eine Sonderrolle als weltgrößte Volkswirtschaft und Hort der Stabilität. Wer US-Staatsanleihen kauft, war sich bislang sicher, dass er die Zinsen und die Rückzahlung erhält.

Donald Trump hat die Basis für diesen Geldstrom innerhalb weniger Wochen zerstört. Zunächst mit seiner erratischen Zoll-Politik, dann mit seinem Angriff auf Fed-Chef Jerome Powell und damit auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank. Dass er die Kontrolle über die Federal Reserve erlangen, die Zinsen senken und den US-Dollar schwächen möchte, ist kein Geheimnis. Es ist bereits absehbar, dass ihm dies auch gelingen wird, wenn auch vermutlich erst in einem Jahr. Der bis vor kurzem für die Bankenaufsicht zuständige Vizechef der Fed, Michael Barr, ist bereits zurückgetreten und wird durch Michelle Bowman ersetzt. Die frühere Bankerin und aktuelles Fed-Direktoriumsmitglied ist bekanntermaßen eine scharfe Kritikerin übereifriger Bankenregulierung. Jerome Powells Amtszeit als Fed-Chef endet im Mai 2026. Spätestens dann dürfte er durch einen MAGA-Jünger ersetzt werden.

Die internationalen Akteure an den Rentenmärkten haben dieses Szenario sehr konkret vor Augen – und bereits entsprechend reagiert. US-Staatsanleihen sind zwar noch nicht komplett zur Ramschware verkommen. Doch die Kapitalflucht aus dem Dollar hat bereits begonnen. Was insbesondere für Carry-Trade-Investoren ein massives Problem ist. Der japanische Yen hat gegenüber dem US-Dollar seit Januar 2025 rund zehn Prozent aufgewertet. Und es herrscht die Angst, dass die japanische Notenbank BoJ die Zinsen anheben könnte. Denn seit Monaten liegt die Inflationsrate in Japan bei etwa zwei Prozent und damit deutlich über der BoJ-Zielmarke. Ein Eingreifen der japanischen Notenbank wird immer wahrscheinlicher. Carry-Trades werden deshalb derzeit in großem Stil rückabgewickelt – was den Trend „Raus aus dem Dollar“ weiter beschleunigt. Es ist eine Spirale mit Selbstbeschleunigungseffekt. Schon jetzt wird es für Anleger spürbar schwieriger, sich von US-Staatsanleihen zu trennen. Der Markt war in der vergangenen Woche teilweise so illiquide, dass die Fed kurz davorstand, eingreifen zu müssen. Allein Donald Trumps Verkündung, Jerome Powell doch nicht vorzeitig feuern zu wollen, hat einen US-Bondcrash im letzten Moment verhindert.

Doch wie das eben so ist am internationalen Kapitalmarkt: Geld ist nicht weg. Es ist nur woanders. Und so gerät Europa plötzlich in die komfortable Situation, dass europäische Staatsanleihen neben der klassischen Krisenwährung Gold als letzte Horte der Stabilität gesehen werden. Selbst Deutsche Staatsanleihen, deren Kurse zuletzt aufgrund der Ankündigungen massiver Schuldenaufnahme durch die künftige Bundesregierung unter Druck geraten waren, sind wieder gefragt. Die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen sind seit Anfang März von 2,9 auf zuletzt 2,46 Prozent gesunken. Den aktuellen und den künftigen Finanzminister dürfte es freuen. Die Zinsen für die geplanten schuldenfinanzierten zusätzlichen Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung werden den Bundeshaushalt in den kommenden Jahren massiv belasten. Jedes Prozentpünktchen weniger an Zinslast ist da willkommen. Überhaupt ergibt sich für Europa und insbesondere Deutschland derzeit eine historische Chance: nämlich mit dem Euro die noch aktuelle Rolle des US-Dollar als Weltleitwährung zu übernehmen. Donald Trump hat das weltweite Vertrauen in die USA als sicherer Schuldner, das US-Regierungen über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben, innerhalb weniger Monate zerstört. Er hat unsinnige Dämme hochgezogen und neue Mauern errichtet. Er hat die tiefen Meeresströme, denen das Kapital folgt, umgelenkt. Macht Trump so weiter wie bisher, wird der einst mächtige weltumspannende Geldfluss, der es den US-Amerikanern jahrzehntelang erlaubt hat, über ihre Verhältnisse zu leben, womöglich bald zu einem Rinnsal schrumpfen. Was sich gerade ankündigt, ist nichts anderes als der Beginn des Abschieds vom US-Dollar als Weltleitwährung. Europa könnte davon profitieren – wenn es seine Chance erkennt, seine demokratischen Strukturen stärkt und seine Staaten noch mehr zueinander finden.

Interessante Termine in den kommenden Tagen

Am Dienstag tagt der Weltverband der Freizeitindustrie IAAPA im Europa-Park. Im Baden-Württembergischen Rust treffen sich die wichtigsten internationalen Vertreter der Branche. Warum ist das erwähnenswert? Es ist die erste Veranstaltung der Branche außerhalb Nordamerikas. Man kann es, wenn man will, so interpretieren: Auch Spaß findet nur noch außerhalb der USA statt.

Am Mittwoch veröffentlicht Chinas Statistikamt aktuelle April-Zahlen zum Einkaufsmanagerindex (PMI) für das herstellende Gewerbe. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist der Einkaufsmanagerindex (PMI) ein wichtiger Frühindikator, der ein Gefühl für die Stimmung in den Chefetagen der Industriebetriebe gibt. Angesichts des aktuellen Zollstreits mit den USA dürfte dem Index noch größere Beachtung geschenkt werden.

Am Donnerstag, dem 1. Mai, dem Tag der Arbeit, ruht traditionell selbige. Dafür werden die üblichen Volkstänze aufgeführt. Die Gewerkschaften gehen auf die Straße und fordern höhere Löhne für weniger Arbeit. Friedensbewegte protestieren Seite an Seite mit Links- und Rechtspopulisten gegen die Aufrüstung, die Reste der Friday-for-Future-Bewegung fordern Freiheit für Palästina, Frauen fordern mehr Rechte für Frauen und Queere mehr Rechte für Queere. Et cetera. Es ist wenig Überraschendes dabei. Sind diese Rituale also überflüssig? Mitnichten. Es ist wichtig, dass Menschen für ihre Überzeugungen auf die Straße gehen. Denn es geht dabei gar nicht darum, andere von der eigenen Meinung zu überzeugen. Es geht um Selbstvergewisserung. Darum, dass man nicht allein ist mit seinen Ängsten und Sorgen. Und letztlich auch darum, zu bestätigen, dass es erlaubt ist, eine eigene Meinung zu haben und dafür streiten zu dürfen, ohne dass eine Staatsgewalt dies unterbindet. Gerade in diesen Zeiten ist das viel wert.

Am Freitag veröffentlichen die Mitarbeiter der europäischen Statistikbehörde Eurostat, die den Freitag nicht als Brücken-Urlaubstag genutzt haben, ihre Schnellschätzung zur Inflation im Euroraum für den April 2025.

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