Robeco: Eine neue Studie zur Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zeigt, wann sie korrelieren – und wann nicht

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Interview

Jüngste Untersuchungen decken die Auswirkungen makroökonomischer Variablen wie Inflation, Realzinsen und staatliche Kreditwürdigkeit auf die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen auf.

06.05.2024 | 08:35 Uhr

Laurens Swinkels von Robeco und seine Mitautoren Roderick Molenaar, Edouard Sénéchal1 und Zhenping Wang2 führten eine umfassende Studie über die Korrelation zwischen Aktien- und Anleiherenditen durch, die für Entscheidungen über die Vermögensallokation entscheidend ist. Die Ergebnisse, die auf signifikante Korrelationsverschiebungen über verschiedene Zeiträume hinweg hindeuten, bieten wertvolle Erkenntnisse für die Verwaltung von Multi-Asset-Portfolios und zum Verständnis der Risikoprämien von Anleihen in verschiedenen makroökonomischen Umfeldern. Vor kurzem haben wir mit Laurens über diese Ergebnisse gesprochen.

Könnten Sie uns etwas über die Beweggründe für diese Untersuchung und ihre Bedeutung für Anleger und Vermögensverwalter erzählen?

„Als Multi-Asset-Anleger muss man für das Verständnis des Gesamtrisikos seines Portfolios wissen, wie die Anlageklassen, in die man investiert, miteinander korrelieren. Die wichtigsten Anlageklassen für Multi-Asset-Anleger sind Anleihen und Aktien, daher ist es wichtig, die Korrelation zwischen diesen beiden nachzuvollziehen. Wir haben Zeiträume beobachtet, in denen diese Korrelation negativ ist, was vorteilhaft ist, weil eine Anlageklasse als Absicherung gegen die andere fungieren kann. Es gibt allerdings ebenso Zeiträume, in denen die Korrelation positiv ist, was bedeutet, dass sich beide Anlageklassen gleichzeitig in dieselbe Richtung bewegen. Diese Situationen erhöhen das Risiko eines Multi-Asset-Portfolios.“

„Da wir Multi-Asset-Strategien verwalten, müssen wir Risiken effektiv bewältigen. Dazu gehören sowohl das Gesamtrisiko der Benchmark als auch die Risiken, die mit dem Eingehen aktiver Positionen für die taktische Vermögensallokation verbunden sind. Es ist wichtig zu wissen, ob eine Long-Position in Aktien und eine Short-Position in Anleihen eine teilweise Absicherung oder eine Verstärkung der Position darstellt – die Faktoren zu verstehen, die die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen beeinflussen, war ein wichtiger Faktor für unsere Untersuchung.“

„Eine weitere Frage, der wir nachgegangen sind, betraf die erwartete Rendite von Anleihen. Wenn Anleihen eine wirksame Absicherung gegen das Aktienrisiko darstellen, dann sollte der Besitz von Anleihen vorteilhaft sein, da sie Ihr Portfolio vor dem Hauptrisiko vieler Anleger schützen. Dementsprechend würde die Nachfrage nach Anleihen steigen, wodurch ihr Preis womöglich steigen würde, was aber umgekehrt auch niedrigere künftige Renditen für Anleihen zur Folge haben könnte. In Szenarien, in denen die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen negativ ist, sollten theoretisch keine allzu hohen Überschussrenditen aus Investitionen in Anleihen erwartet werden, da diese eine attraktive Anlageklasse zur Risikominderung darstellen.“

Welche wesentlichen Erkenntnisse haben Sie daraus erlangt?

„Wir verfügten über Daten, die für die USA bis ins Jahr 1875 und für das Vereinigte Königreich sogar noch weiter zurückreichen, und unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen im Laufe der Zeit unterschiedlich war. Vor 1952 wurde von uns eine begrenzte Aussagekraft festgestellt, aber nach 1952 erwiesen sich die Inflation und die Realzinsen als maßgeblich für die Korrelation zwischen den beiden Anlageklassen. Dies ist wahrscheinlich auf die eher antizyklische Geldpolitik der Zentralbanken zurückzuführen. Hohe Realzinsen oder Inflationsniveaus fallen in der Regel mit einer positiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zusammen, was für Multi-Asset-Anleger, die das Risiko durch Investitionen in beide Anlageklassen verringern wollen, ungünstig ist.“

„Während unserer aktuellen Studie, die vor dem Inflationsanstieg in den Jahren 2020-2023 begann, erkannten wir längere Zeiträume, in denen die Aktien- und Anleihemärkte gleichzeitig fielen, wodurch Anleihen als Absicherung unwirksam wurden. Diese Beobachtung in Echtzeit bestätigte unsere aus historischen Daten erlangten Erkenntnisse, die belegen, wie wichtig diese Faktoren sind. Während unsere Untersuchung zunächst historisch stattfand, hat sie durch das Erlebnis dieser Inflationszeiträume eine praktische Dimension erhalten, wodurch diese Entdeckungen wirklich relevant wurden.“

„Wichtig ist, dass wir nicht versuchen, die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen direkt vorherzusagen, sondern dass unser Ansatz sich mehr auf das Verständnis der makroökonomischen Lage konzentriert, in der Inflation und Zinssätze eine wichtige Rolle einnehmen. Wenn unsere Vorhersagen über das makroökonomische Umfeld falsch sind, dann werden unsere Annahmen über die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wahrscheinlich ebenfalls falsch sein. In Szenarien, in denen wir eine Inflation von unter 3 % und normale Realzinsen vorhersagen, dürfte die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen jedoch negativ sein.“

„Wir haben die Auswirkungen der Korrelationen auf die Risiken von Multi-Asset-Portfolios untersucht (siehe Abbildung 1 unten) und festgestellt, dass die Volatilität des 60/40-Aktien-/Anleiheportfolios erheblich mit diesen Korrelationen schwankt – sie ging von etwa 10,5 % auf 8,4 % zurück, als sich die Korrelationen von positiv (+0,35) im Zeitraum 1970-1999 auf negativ (-0,29) im Zeitraum 2000-2023 verschoben. Diese Veränderung deutet darauf hin, dass Anleger ihre Aktienbestände in Zeiten positiver Korrelationen möglicherweise nach unten anpassen müssen, um ein konsistentes Risikoniveau aufrechtzuerhalten.“

Abbildung 1: Risiko und Rendite eines Multi-Asset-Portfolios bei unterschiedlichen Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen

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Quelle: Autoren. Hinweis: Durchschnittliche Standardabweichung und Überschussrendite nach Angaben der Autoren von Januar 1970 bis Juni 2023. Korrelationskoeffizient der monatlichen Renditen nach Pearson, berechnet zwischen Januar 1970 und Dezember 1999 sowie zwischen Januar 2000 und Juni 2023.

Unsere Ergebnisse unterstreichen zudem die Bedeutung makroökonomischer Variablen bei der Vorhersage von Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen, die für das Management von anlageklassenübergreifenden Risiken entscheidend sind. So zeigt unser empirisches Modell, dass ein Anstieg der Inflationsrate und der Realzinsen um jeweils 1 % zu einem Anstieg der Korrelation zwischen Aktien und Anleihen um 0,17 führt. Dies wiederum kann zu einem Anstieg des Risikos eines 60/40-Portfolios um 0,8 % auf 1,7 % führen, je nach der anfänglichen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen (siehe Abbildung 2).“

Abbildung 2: Beziehung zwischen der Korrelation von Aktien und Anleihen und dem Portfoliorisiko

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Quelle: Autoren. Hinweis: Durchschnitt der Standardabweichung und des Korrelationskoeffizienten der monatlichen Renditen nach Pearson über einen rollierenden 36-Monats-Zeitraum von Januar 1970 bis Juni 2023.

„Zudem erörtern wir, wie eine höhere Korrelation zwischen Aktien und Anleihen höhere Risikoprämien für Anleihen erfordern könnte, was durch historische Daten und Regressionsanalysen belegt wird, die höhere Prämien mit Zeiten stärkerer gleichzeitiger Bewegungen bei Aktien und Anleihen verbinden. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass das CAPM eine stärkere empirische Grundlage für alle Anlageklassen als für die einzelnen Anlageklassen aufweist.“

„Auf der Grundlage dieses Verständnisses lässt sich dann das Risiko des eigenen Portfolios einschätzen. Wir berücksichtigen diese Erkenntnisse auch bei der Erstellung unserer Makroszenarien in unserem 5-Jahres-Ausblick „Expected Returns“.“

Gab es Unterschiede zwischen Ihren Ergebnissen auf den verschiedenen Märkten?

„Wir wollten analysieren, wie sich die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen in verschiedenen Ländern verhält, insbesondere in Bezug auf das Konzept der ‚sicheren Häfen‘. Und wir haben festgestellt, dass in Ländern, die als sichere Häfen gelten, die Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen zwischen positiven und negativen Szenarien schwanken können. In Ländern, die nicht als sichere Häfen gelten, ist die Korrelation jedoch tendenziell durchweg positiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Effekt der „Flucht in sichere Häfen“, der bei Anleihen in Zeiten von Marktturbulenzen häufig zu beobachten ist, nicht so ausgeprägt ist. Ein Großteil der bisherigen Untersuchungen beruht auf Daten aus den USA und unterstreicht diesen Effekt, aber unsere Studie belegt, dass dieses Phänomen nicht automatisch für alle Länder gilt.“

„Während der Krise in der Eurozone wiesen beispielsweise italienische Aktien und Staatsanleihen eine positive Korrelation auf, und in den Schwellenländern beobachteten wir häufig eine positive Korrelation, was darauf hindeutet, dass es keine signifikante Flucht in sichere Häfen bei Staatsanleihen gab. Diese internationale Dimension unserer Studie stellt die Annahme infrage, dass die auf den US-Märkten gewonnenen Erkenntnisse universell anwendbar sind.“

Können Sie erzählen, wie Ihre Zusammenarbeit mit den Analysten des State of Wisconsin Investment Board (SWIB) zustande kam und sich zu dem Projekt entwickelt hat, das es heute ist?

„Durch einen glücklichen Zufall und gegenseitiges Interesse an der Finanzanalyse! Es ist wichtig zu betonen, dass unser primäres Ziel nicht die Veröffentlichung einer Studie war: Das Projektteam, bestehend aus Roderick Molenaar, mir sowie Edouard und Zhenping, zwei Analysten von SWIB, war durch Zufall bestrebt, dieselbe Frage zu beantworten. Daraus entstanden ein ständiger Austausch von Ideen, Datenerhebungen und -analysen sowie kritischen Fragen von beiden Seiten des Ozeans an die jeweils andere Seite.“

„Im Laufe des Projekts erkannten wir den Mehrwert unserer Ergebnisse und beschlossen, diese Erkenntnisse in einer umfassenden Studie zusammenzufassen. Schließlich wurde unser Manuskript zur Veröffentlichung im Financial Analysts Journal angenommen, was für mich das Vergnügen und die Bedeutung der Zusammenarbeit unterstreicht.“

„Es war faszinierend, dass wir trotz möglicher Unterschiede in den Perspektiven von Vermögensverwaltern und anderen Anlegern wie Pensionsfonds in diesem Fall die gleiche Forschungsfrage beantworten wollten. Die Partnerschaft hat uns ermutigt, zu hinterfragen, ob unsere Standardmethoden tatsächlich die einzige Möglichkeit darstellten oder ob es andere, vielleicht effektivere Ansätze geben könnte.“

„Während wir uns mehr auf den Risikoaspekt unseres Gesamtportfolios und SWIB auf die erwarteten Anleiherenditen fokussierten, blieb die zugrunde liegende Frage dieselbe: Wie kommt die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zustande?“

Fußnoten

1Vom State of Wisconsin Investment Board
2Vom State of Wisconsin Investment Board


Die Informationen auf der nachfolgenden Website der Robeco Deutschland, Zweigniederlassung der Robeco Institutional Asset Management B.V., richten sich ausschließlich an professionelle Kunden im Sinne von § 31a Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) wie beispielsweise Versicherungen, Banken und Sparkassen. Die auf dieser Website dargestellten Informationen sind NICHT für Privatanleger bestimmt und entsprechen nicht den für Privatanleger maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen.

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