Capital Group: Ein Handelskrieg als Drahtseilakt - Anleger hoffen auf einen „Mini“-Deal zwischen den USA und China

Ein Handelskrieg als Drahtseilakt
Handelsstreit

In den letzten Monaten hat es nicht an handelsbedingter Volatilität gefehlt, da die Stimmung der Anleger und die Märkte mit jedem Bericht über eine Einigung oder erneute Feindseligkeit im laufenden Handelsstreit zwischen den USA und China gestiegen und gefallen sind.

05.11.2019 | 09:39 Uhr

Von Jody Jonsson, Matt Miller , Darrell Spence & Steve Watson 

Die globalen Aktienmärkte erholten sich am Freitag, als bekannt wurde, dass die USA zugestimmt hatten, die zuvor geplanten Zollerhöhungen für chinesische Produkte im Wert von 250 Milliarden US-Dollar auszusetzen. China sagte außerdem zu, unter anderem Agrargüter aus den USA im Wert von bis zu 50 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Der sogenannte „Mini“-Deal ist das erste positive Zeichen nach Monaten der Eskalation des Handelskriegs, aber wie bedeutend ist er wirklich? Die Märkte ließen diese Woche etwas nach, als die Anleger sich über diese Frage den Kopf zerbrachen.

„Wir sehen hier eine Deeskalation, aus dieser Perspektive also ein Schritt in eine konstruktive Richtung“, sagt Matt Miller, Volkswirt bei Capital Group. „Aber wir sind noch weit von einer Lösung für den Konflikt entfernt. Meiner Meinung nach werden sich die USA und China in den kommenden Jahrzehnten um diese Themen streiten und die Ankündigung vom Freitag spiegelt einfach den Wunsch beider Seiten wider, kurzfristigen Druck abzubauen.“

Für die US-Regierung ist der kurzfristige Druck die Präsidentschaftswahl 2020, erklärt Miller. Und für Chinas Führung spielen inländische Gegenströme eine Rolle, darunter das verlangsamte Wirtschaftswachstum Chinas, steigende Lebensmittelpreise und pro-demokratische Proteste in Hongkong.

„Beide Seiten könnten etwas gebrauchen, das sie im Moment als „Sieg“ bezeichnen können“, so Miller. „Es ergibt Sinn, kurzfristig ein neues Gleichgewicht zu erreichen, während größere Meinungsverschiedenheiten weiterhin ungelöst bleiben. Wenn dieser Deal Bestand hat – und das bleibt abzuwarten –, können beide Seiten sich vor ihrer heimischen Wählerschaft als Sieger darstellen und die längerfristigen Verhandlungen möglicherweise auf eine weniger dramatische Grundlage stellen.“

Perspektiven für den Handel

Da der lang anhaltende Handelsstreit seit fast zwei Jahren die Schlagzeilen beherrscht, haben wir eine Reihe von Einblicken in Bezug auf Anlagen bei Capital Ideas veröffentlicht. 

Weiter unten fassen wir drei in der Vergangenheit veröffentlichte Artikel zusammen, in denen Anlageexperten von Capital Group ihre Gedanken zu verschiedenen Schlüsselfragen äußern, darunter, ob Handelsstörungen eine Rezession in den USA auslösen könnten, wie China auf den Handelskrieg im Inland reagiert und ob multinationale Konzerne für stärker werdenden Gegenwind in Bezug auf den Handel gewappnet sind.

Wird ein Handelskrieg die USA in die Rezession treiben?

In einer umfassenden Frage- und Antwortrunde zu den Handelsaussichten für die Wirtschaft in den USA stellen Darell Spence und Jared Franz, beide Wirtschaftsexperten bei Capital Group, fest, dass die Marktvolatilität dieser Tage hoch erscheinen mag, aber gerade zu historischen Durchschnittswerten zurückkehrt. Sie vertreten auch die Ansicht, dass die US-Wirtschaft einen begrenzten Handelskrieg bewältigen kann, solange es keine weitere Eskalation gibt. Wenn die USA und China irgendwann höhere Zölle erheben, steigt das Risiko einer Rezession erheblich.

„Wo der Wendepunkt wirklich ist, ist schwer zu sagen,“ sagt Spence.

Marktvolatilität

Ein Blick auf China – von Grund auf

Auf der anderen Seite der Welt teilt der in Hongkong ansässige Portfoliomanager Steve Watson seine Gedanken darüber, wie chinesische Verbraucher mit dem Handelskrieg leben. Während sich Chinas Wirtschaft verlangsamt, treibt die wachsende Mittelschicht des Landes weiterhin einen schnellen und starken Übergang von einer verarbeitenden und exportorientierten Wirtschaft zu einer ausgeglicheneren Wirtschaft voran, die von den inländischen Konsumausgaben angetrieben wird.

„Wenn Sie China von Los Angeles oder New York aus beobachten, können Sie sich leicht ein Land vorstellen, das unter einem lang anhaltenden Handelskrieg leidet, aber das fühlt sich nicht so an, wenn Sie vor Ort sind,“ erklärt Watson. „Das Leben geht weiter – und auch die Geschäft tun das.“

Unsicherheit

Warum multinationale Unternehmen Handelskonflikte besser überstehen

Multinationale Unternehmen befinden sich im Epizentrum des Handelskrieges, doch wie Portfoliomanagerin Jody Jonsson argumentiert, sind gut geführte multinationale Unternehmen auch gut positioniert, um in einem schwierigen Umfeld erfolgreich zu sein und sich auf der anderen Seite zu behaupten.

Intelligente Unternehmen werden herausfinden, wie es funktioniert, sagt sie. Ihre erfahrenen Managementteams haben alle Arten von Handelsumgebungen gesehen – günstige und ungünstige – und sie haben das Fachwissen, die Ressourcen und die schiere Kraft, um in einem Handelskrieg zu überleben und sogar zu gedeihen.

„Für Anleger ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, sich nicht zu sehr auf die Störgeräusche in Zusammenhang mit Handel und Protektionismus zu konzentrieren“, so Jonsson. Wenn diese Handelskonflikte dazu führen, dass Anleger sich zurückhalten, in multinationale Unternehmen zu investieren, ist es ein Nachteil für eine erfolgreiche und langfristige Anlage, der Rhetorik zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.“

Multinationale Unternehmen

Jody Jonsson

Aktien-Portfoliomanagerin

Jody verfügt über 30 Jahre Investmenterfahrung, davon 28 Jahre bei Capital. Sie ist außerdem Mitglied des Capital Group Management Committee und des Portfolio Oversight Committee. Zu Beginn ihrer Karriere bei Capital deckte Jody Versicherungen, US-Haushalts- und Körperpflegeprodukte, Restaurants, Unterkünfte und Kreuzfahrtgesellschaften als Investment Analyst. Sie hat einen MBA in Stanford und einen Bachelor in Princeton. Jody ist CFA-Charterholder und Mitglied des CFA Institute.

Matt Miller

Volkswirt

Matt kam 2014 zu Capital. Zu seinen Aufgaben gehören die Analyse von US-Politiktrends, die sich auf Investitionsentscheidungen auswirken, und die Durchführung des Podcasts von Capital Ideas. Er verfügt über 33 Jahre Branchenerfahrung, darunter als Senior Advisor bei McKinsey, als Kolumnist und Autor der Washington Post, als Gastgeber des Programms "Left, Right & Center" des öffentlichen Radios und als Berater des Weißen Hauses von Clinton. Er hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften von Columbia und einen Bachelor von Brown.

Darrell Spence

Wirtschaftswissenschaftler

Darrell verfügt über 26 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche, alle bei der Capital Group. Er ist CFA und hat einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften vom Occidental College, wo er cum laude absolvierte. 

Steve Watson

Aktien-Portfoliomanager

Steve verfügt über 31 Jahre Investmenterfahrung, davon 29 Jahre bei Capital. Er hat asiatische Immobilien- und Transportunternehmen abgedeckt. Er hat einen MBA in Finanzen und einen MA in Französisch von der New York University.

Diesen Beitrag teilen: