Capital Group: Fünf Erkenntnisse zur Fed-Politik nach der letzten Zinserhöhung

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Geldpolitik

Auch wenn die US-Notenbank Fed das Tempo ihrer Zinserhöhungen verlangsamt habe, scheint sie nicht bereit zu sein, den Sieg über die Inflation auszurufen.

16.12.2022 | 12:05 Uhr

Zu dieser Erkenntnis kommt Peter Becker, Investment Director bei Capital Group. Nach vier Erhöhungen in Folge um jeweils 75 Basispunkte (bps) hat die Fed den Leitzins im Dezember um 50 Basispunkte auf eine Spanne von 4,25 Prozent bis 4,5 Prozent angehoben.

„Die letzte Anhebung erfolgte, nachdem der Bericht über den Verbraucherpreisindex (VPI) für November einen Abwärtstrend bei der Kerninflation erkennen ließ“, erläutert Becker. „Die Abkühlung der Inflation könnte der Fed Spielraum geben, die Zahl der künftigen Zinserhöhungen weiter zu reduzieren, aber die Äußerungen des Vorsitzenden Jerome Powell und die jüngste Zinsprognose der Fed deuten darauf hin, dass die Zentralbank noch keinen Rückzieher machen will.“

Laut der Fed bedürfe es wesentlich mehr, um zu beweisen, dass sich die Inflation auf einem nachhaltigen Abwärtspfad befinde. Jerome Powell ergänzte, dass die Fed-Banker die Politik auch nach der letzten Zinserhöhung noch nicht für restriktiv genug halten. Er wies auf den angespannten Arbeitsmarkt als anhaltendes Problem hin und betonte, dass die Löhne deutlich über dem Niveau lägen, das mit einer Inflation von 2 Prozent vereinbar sei.

Das sogenannte Dot-Plot-Diagramm vom Dezember, das die durchschnittlichen Zinserwartungen der einzelnen Fed-Gouverneure zeigt, deute auf einen Höchstwert von 5,1 Prozent für den Leitzins hin, gegenüber 4,6 Prozent im September. Die Prognosen für die Jahre 2024 und 2025 seien ebenfalls gestiegen und zwar seit September um jeweils 0,2 Prozent auf 4,1 beziehungsweise 3,1 Prozent.

Becker fasst im Folgenden seien neuesten Einschätzungen zur US-Wirtschaft und seine Erwartungen an die Fed-Politik zusammen:

1. „Nach einem Jahr aggressiver Zinserhöhungen erwarten wir weitere Erhöhungen, aber insgesamt glauben wir, dass die nächsten Monate ein weniger dramatisches politisches Umfeld bringen werden“, so Becker. Die nachlassende Inflation deute darauf hin, dass weitere Erhöhungen um 75 Basispunkte unwahrscheinlich seien. Powell habe außerdem im Februar signalisiert, dass er einen Rückgang auf 25 Basispunkte bevorzuge.

2. „Die Inflation hat wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreicht, aber wir glauben, dass sie noch einige Zeit hoch bleiben wird", analysiert Becker. Die Wirtschaft verlangsame sich, und die Rezessionsrisiken seien hoch, aber ein widerstandsfähiger Dienstleistungssektor könnte das Wachstum und die Inflation weiter ankurbeln. „Wir gehen davon aus, dass die PCE-Kerninflation (persönliche Konsumausgaben) noch eine Weile deutlich über dem Fed-Ziel von 2 Prozent liegen wird und sich bis Ende nächsten Jahres bei 3 bis 4 Prozent einpendeln wird", so Becker.

3. Während der Markt Zinssenkungen für Ende 2023 einpreise, hält Becker dieses Szenario angesichts der anhaltenden Inflation für weniger wahrscheinlich. Es sei denn, es komme zu einem Schock auf dem Arbeitsmarkt. Die jüngsten US-Beschäftigungsdaten würden darauf hindeuten, dass die Löhne immer noch steigen, was bedeute, dass die Fed wahrscheinlich noch mehr Arbeit vor sich habe. Auch die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung sei rückläufig, selbst wenn es im Technologiesektor zu einer Reihe von Entlassungen komme.

4. „Wir bevorzugen eine Untergewichtung der Duration angesichts der anhaltenden Inflation, einer nach wie vor aggressiven Fed und unserer Ansicht nach zu extremen Erwartungen des Marktes in Bezug auf Zinssenkungen“, so Becker.

5. Aufgrund der negativen Steigung der Renditekurve (bei der die langfristigen Renditen niedriger sind als die kurzfristigen) bevorzugt Becker eine Untergewichtung der längerfristigen (10- bis 30-jährigen) US-Treasuries. „Angesichts der aktuellen Bewertungen betrachten wir eine Versteilerung der Renditekurve (die davon profitiert, dass die langfristigen Zinsen höher sind als die kurzfristigen) als eine attraktive längerfristige Portfolioposition im Vorfeld einer möglichen Zinswende der Fed“, resümiert der Experte.

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