Die Finanzunternehmen haben schon längst entschieden und verabschieden sich aus Großbritannien. Am weitesten fortgeschritten ist der Umzug der Fondsbranche. Die siedelt sich gerade in Dublin neu an.
13.03.2019 | 13:00 Uhr
Die Finanzbranche mag nicht warten, ob sich das Parlament in London nun für oder gegen einen geregelten oder ungeregelten Austritt aus der EU entscheidet. Oder den Austritt verschiebt. Oder neu abstimmt. Die Entscheidung, Großbritannien zu verlassen und sich auf dem Kontinent eine neue Basis für das Geschäft mit den restlichen Staaten der europäischen Gemeinschaft einzurichten, ist längst gefallen.
Der Londoner Think Tank New Financial hat einen Bericht veröffentlicht, in dem untersucht wird, wie weit die Umzugspläne der Geldmanager schon gediehen sind. Das Ergebnis: 269 Finanzunternehmen haben tatsächlich schon neue Zentralen eingerichtet, Personal umgezogen und Vermögenswerte verschoben. Hunderte weitere sitzen schon auf gepackten Koffern.
“Die Zeit der Notfallpläne ist schon lange vorbei”,
erklärt New Financial.
Am weitesten fortgeschritten ist der Umzug der Fondsbranche: 69 Unternehmen haben ihre Zelte in Großbritannien abgebrochen. 62 Banken, 60 Finanzdienstleister und 46 Versicherungen haben den Umzugswagen bestellt, während man sich bei den Anbietern von alternativen Produkten noch etwas Zeit lässt.
Und die Wahl der besten Standorte ist ebenfalls entschieden: Asset Manager bevorzugen Dublin. Dorthin zieht es 30 Fondsgesellschaften. Auf Platz zwei rangiert Luxemburg, während Amsterdam, Paris und Frankfurt kaum auf Interesse stoßen. Ganz anders die Banken: Die haben sich bereits mehrheitlich für Frankfurt als neue Adresse entschieden.
Der Schaden für London und für die europäischen Finanzbranche ist bereits geschehen, berichtet New Financial: Großbritannien gehen die Steuereinnahmen verloren und die Unternehmen werden "multipolar": Statt einem europäischen Finanzzentrum gibt es bald fünf.
Die Investmentbanken haben schon Vermögen in Höhe von 800 Milliarden Pfund auf den Kontinent verschoben, Asset Manager haben Fonds mit einem Volumen von über 65 Milliarden Pfund bewegt und Versicherungen weitere 35 Milliarden.
Dabei ist der Exodus bei weitem noch nicht abgeschlossen, erwartet New Financial: Die Regulierungsbehörden in den Zufluchtsländern werden wohl bald verlangen, dass die Finanzunternehmen das Volumen ihrer Operationen vor Ort signifikant erhöhen.
Die europäische Wertpapier- und Marktaufsicht ESMA hat schon Anfang Februar vorgesorgt: Im Falle eines No-Deal-Brexits werden die in Großbritannien ansässigen
Zentralverwahrer, die in der EU ihre Dienste anbieten dürfen, als Dienstleister eines Drittlandes anerkannt. Bei diesen Zentralverwahrern
handelt es sich um Euroclear UK und Ireland Ltd, wie die Esma mitteilte.
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