In China springt die Wirtschaft an und die Kurse steigen. Der Handelsstreit mit den USA kann jedoch Korrekturen auslösen, was langfristig orientierte Anleger aber nicht nervös machen sollte.
07.10.2020 | 11:00 Uhr von «Jörg Billlina»
Chinas wirtschaftliche Dynamik lässt sich nicht nur an Wachstumszahlen und steigenden Einkommen ablesen. Ein Indikator für die konjunkturelle Entwicklung ist auch der Hafen von Shanghai. Seitdem die Führung in Peking das Coronavirus für besiegt erklärt hat, herrscht dort wieder rege Betriebsamkeit.
Nach Angaben des börsennotierten Betreibers Shanghai International Port Group (SIPG) wurden im Juli 3,9 Millionen Container umgeschlagen, so viele wie nie zuvor in einem Monatszeitraum. Aller Voraussicht nach wird der Rekordwert des vergangenen Jahres von insgesamt 43,3 Millionen Containern in diesem Jahr gebrochen. Es wäre — trotz Pandemie und Lockdown — die elfte Steigerung in Folge.
Die guten Zahlen sollten eigentlich Investoren anlocken, zumal die SPIG-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von um die elf günstig bewertet ist. Anleger sind dennoch vorsichtig. Denn es gibt ein Risiko.
Hoher Handelsüberschuss
Die Aktivitäten im größten Containerhafen der Welt missfallen Donald Trump. Über Shanghai werden Waren in sein Land transportiert. Zu viele, findet der US-Präsident. Er sieht in den jüngsten Zahlen seine Warnungen vor Chinas Dominanz bestätigt. Mit 34,2 Milliarden Dollar fiel der Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA im August im Vergleich zum Vorjahresmonat um 27 Prozent höher aus. Washington wirft Peking jetzt vor, sich nicht an Abmachungen zu halten.
Im Januar dieses Jahres hatten sich beide Länder auf den Phase-1-Deal geeinigt. Chinas Regierung sagt in dem Abkommen zu, mehr Waren aus den USA beziehen zu wollen. Die Aktienmärkte rund um den Globus reagierten darauf mit Erleichterung. Doch im August stiegen Chinas US-Importe lediglich um 1,8 Prozent. Der Handelsstreit zwischen der Nummer 1 und der Nummer 2 der Weltwirtschaft droht also in den kommenden Wochen wieder Fahrt aufzunehmen.
Während Peking sich im Ton zurückhält und versichert, die Wirtschaft bleibe weiterhin für ausländische Direktinvestitionen offen, geht Trump in die Offensive. Auch wenn Experten dies aufgrund der engen Verflechtungen zwischen den beiden Staaten für unmöglich halten, verspricht der um seine Wiederwahl bangende Präsident: „Ob wir uns von China vollkommen abkoppeln oder ob wir die Zölle noch mal deutlich anheben — wir werden ein für alle Mal die Abhängigkeit von China beenden.“
Trumps scharfe Rhetorik richtet sich nicht nur gegen Peking. Er droht auch chinesischen Unternehmen. Sollten sie sich nicht an die in den Staaten gängigen Bilanzprüfungen halten, will er sie von US-Börsen verbannen. Davon betroffen wären auch die beiden Internetriesen Alibaba und Tencent.
Volatilität voraus
Washingtons Konfrontationskurs könne an Chinas Aktienmärkten erhebliche Schwankungen auslösen, meint William Fong. Zunehmende Volatilität ist für den Fondsmanager des über eine Milliarde Dollar schweren Barings Hong Kong China Fund jedoch kein Grund zur Sorge. Vielmehr will er Schwächephasen zum Kauf nutzen. „Ein langfristiges Engagement in China-Aktien sollte sich lohnen“, sagt Fong.
Chancen sieht er aktuell bei günstig bewerteten Unternehmen aus der Tourismusbranche. „Wir glauben, dass diese sich nach der Aufhebung von Reisebeschränkungen erholen werden.“ Im Tech-Bereich und bei Glücksspielanbietern ist er dagegen vorsichtig und investiert sehr selektiv. Viele Aktien aus den beiden Sektoren sind schon teuer. Hohes Kurspotenzial unterstellt er jedoch Alipay: „Der Finanzdienstleister, der im Oktober erstmals notieren wird, verfügt über 1,3 Millionen Kunden und ist damit schon jetzt größer als Paypal.“
Immer mehr Anleger teilen den China-Optimismus und stocken ihre Investments auf. Ende Juni hatten ausländische Investoren laut einem Bericht der Peoples Bank of China 354,5 Milliarden Dollar in chinesische Aktien gesteckt. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von 50 Prozent.
Trotz der Nachfrage und der zunehmenden Stärke chinesischer Unternehmen sind Aktien aus dem Reich der Mitte im MSCI All Countries World Index weiterhin unterrepräsentiert. Der Anteil beträgt lediglich 4,5 Prozent. Nimmt MSCI künftig mehr China-Aktien in den Index auf, unterstützt dies die Kursentwicklung. ETFs müssen dann die höhere Gewichtung nachbilden.
Schon in diesem Jahr hat sich der Einstieg gelohnt. Der CSI 300 — der Index umfasst die 300 größten an den Börsen in Shenzhen und Shanghai gelisteten Werte — bringt es seit Jahresanfang in Euro gerechnet auf ein Plus von 15 Prozent. Besonders gut entwickelt hat sich Bafang Electric. Das Unternehmen stellt E-Komponenten für Fahrräder und Motorroller her und vertreibt diese global. In den vergangenen sechs Monaten stieg die in chinesischer Währung notierende Aktie um 64 Prozent. Stark zugelegt hat auch Kweichow Moutai. Die Aktie des Getränkeherstellers bringt es seit Jahresanfang auf ein Plus von 32 Prozent.
Ein Grund für die Kurssteigerungen sind die Gewinnerwartungen für chinesische Unternehmen. Experten gehen von einem Plus von sechs Prozent aus. Firmen aus anderen Ländern wird dagegen im Schnitt ein Minus von 20 Prozent in diesem Jahr prognostiziert.
Kräftiges Wachstumsplus
Zudem überzeugen die Stimulierungspakete Pekings. Obwohl das finanzielle Volumen im Vergleich zu den Konjunkturmaßnahmen der USA deutlich geringer ausfällt, scheinen sie besser zu wirken. Im zweiten Quartal legte Chinas Bruttoinlandsprodukt jedenfalls um 3,2 Prozent zu. Für das Gesamtjahr wird ein Wachstum von zwei bis drei Prozent erwartet.
Aller Voraussicht nach wird China zu den wenigen Ländern zählen, deren Bruttoinlandsprodukt Ende des Jahres ein Plus aufweisen wird. Im kommenden Jahr kann die gesamtwirtschaftliche Leistung sogar wieder um sechs Prozent zulegen. Im Hafen von Shanghai werden dann wohl noch mehr Container umgeschlagen.
Barings Hong Kong China Fund
Manager William Fong investiert in Unternehmen, die in Hongkong gelistet sind, in chinesische A-Aktien, die an den Börsen in Shenzhen und Shanghai notieren, sowie in Titel aus Taiwan. Mit jeweils über neun Prozent hat er aktuell die beiden Tech-Unternehmen Tencent und Alibaba gewichtet. Unter den Top-Ten-Werten des rund 70 Aktien umfassenden Portfolios findet sich auch der Getränkehersteller Kweichow Moutai. Seit Jahresanfang erzielte der Fonds über 20 Prozent Plus.
Xtrackers CSI300 SWAP ETF
Der ETF bildet die Wertentwicklung des
Börsenbarometers CSI 300 Swap-basiert ab. Zu den 300 Werten zählen der
Versicherer Ping An, der Hersteller von elektrischen Haushaltsgeräten Midea
Group und die China Merchants Bank. Die Zusammensetzung des Index wird alle
sechs Monate überprüft und wenn nötig angepasst. Auf Finanzwerte entfallen
aktuell 31, auf die Konsumbranche 23 Prozent. Die Tech-Branche ist mit neun
Prozent gewichtet. Seit Jahresanfang erzielte der ETF über 15 Prozent Plus.
China-Fonds:
Rang | Fonds (Auswahl) | Performance in 2020 | FondsNote | ISIN |
---|---|---|---|---|
1 | Matthews Asia Funds - China Small Companies A acc USD | 47,2% | 1 | LU0721876364 |
2 | Allianz GIF - China A-Shares AT (USD) | 33,9% | 2 | LU1997245177 |
3 | JPM China A-Share Opportunities A (acc) - EUR | 31,6% | 2 | LU1255011097 |
4 | JPMorgan Funds - JF China Fund A (dist) - USD | 30,2% | 1 | LU0051755006 |
5 | TAMAC Qilin-China Champions A EUR | 30,0% | 3 | LU1242506332 |
6 | Robeco Chinese Equities D USD | 28,7% | 3 | LU0374106598 |
7 | Allianz All China Equity - A - EUR | 27,9% | LU1946895353 | |
8 | BNP Paribas China Equity Classic Cap | 27,6% | 1 | LU0823426308 |
9 | JPMorgan Funds - Greater China A (dist) - USD | 23,7% | 1 | LU0117841782 |
10 | Barings Hong Kong China Fund - Class A EUR Inc | 22,5% | IE0004866889 | |
... | ||||
11 | Vitruvius Greater China Equity B USD | 20,7% | 1 | LU0431685097 |
12 | Allianz China Equity - AT - USD | 20,5% | 3 | LU0348827113 |
15 | Pictet - Greater China-P USD | 18,3% | 2 | LU0168449691 |
21 | UBS (Lux) Equity Fund - Greater China (USD) P-acc | 17,4% | 1 | LU0072913022 |
22 | iShares MSCI China A UCITS ETF USD (Acc) Share Class | 16,2% | 4 | IE00BQT3WG13 |
24 | UBS (Lux) Equity Fund - China Opportunity (USD) P-acc | 15,8% | 1 | LU0067412154 |
25 | Xtrackers CSI300 Swap UCITS ETF 1C | 15,4% | 3 | LU0779800910 |
27 | HSBC GIF Chinese Equity AD | 14,3% | 3 | LU0039217434 |
30 | Threadneedle TSIF - China Opportunities Fund 1 EUR Acc | 13,8% | 3 | GB00B1PRW957 |
32 | Edmond de Rothschild Fund China A-USD | 13,6% | 3 | LU1160367469 |
39 | Pictet Funds (Lux) - China Index -P USD | 10,7% | 3 | LU0625737167 |
42 | DWS Invest Chinese Equities LC | 9,8% | 3 | LU0273157635 |
47 | Invesco PRC Equity Fund A (USD) dis | 8,6% | 3 | LU1775965582 |
49 | E.I. Sturdza Funds - Strategic China Panda Fund USD | 7,6% | 3 | IE00B3DKH950 |
59 | Comgest Growth China EUR Acc | 4,9% | 3 | IE0030351732 |
63 | AB China Low Volatility Equity Portfolio A USD | 1,5% | 2 | LU0084234409 |
66 | Vontobel Fund - mtx China Leaders A-USD | -3,6% | 3 | LU0278091896 |
... | ||||
70 | Fidelity Funds - China Focus Fund A-USD | -13,8% | 3 | LU0173614495 |
71 | ComStage HSCEI UCITS ETF | -16,7% | 5 | LU0488316992 |
72 | Lyxor China Enterprise (HSCEI) UCITS ETF - Acc | -16,8% | 5 | LU1900068914 |
73 | ComStage HSI UCITS ETF | -18,0% | 3 | LU0488316729 |
74 | Lyxor Hong Kong (HSI) UCITS ETF - Dist | -19,8% | 3 | LU1900067940 |
Stichtag: 02.10.2020, Quelle: FVBS professional |
Diesen Beitrag teilen: