Wagner & Florack: Hermès – Luxus ist nicht gleich Luxus!

Wagner & Florack: Hermès – Luxus ist nicht gleich Luxus!
Anlagestrategie

Unternehmerische Beteiligungen an Qualitätsunternehmen und damit Vorrang für die langfristige Investitionssicherheit vor der kurzfristigen Performance-Maximierung – das ist die klare Maxime für den Wagner & Florack Unternehmerfonds AMI, beraten von Dominikus Wagner und Dr. Dirk Schmitt.

22.05.2023 | 09:50 Uhr

Aktives Management heißt für die beiden Anlageexperten nicht hektisches Spekulieren sondern sorgfältige Analyse und aktive Kontrolle und Begleitung der Portfolio-Unternehmen.

Am Beispiel des Portfolio-Unternehmens Hermès geben die Fondsberater nachstehend einen kleinen Einblick in ihre Strategie:

Je teurer, desto besser

Jüngst berichteten Hermès und weitere Unternehmen aus dem Luxusgütersegment über den Geschäftsverlauf im ersten Quartal. Während Wettbewerber wie z. B. Kering (u.a. Gucci, Brioni, Bottega Veneta) im Vergleich sowohl im abgelaufenen Quartal als auch langfristig deutlich abfallen, stechen seit langem zwei Luxusgüterhersteller positiv heraus: LVMH und Hermès. Beide Unternehmen haben auch im berichteten Quartal abermals beeindruckende Ergebnisse abgeliefert. Beteiligt ist Wagner & Florack jedoch nur an einer der beiden Firmen. Zweifelsohne sind beide erstklassige Firmen. Nicht umsonst ist LVMH inzwischen das mit einer Börsenkapitalisierung von 450 Mrd. Euro wertvollste europäische Unternehmen und weltweit unter den Top 10. Trotzdem ist Dominikus Wagner bei LVMH nicht investiert. Warum nicht? Weil Hermès in seinen Augen das „erstklassigere“ Unternehmen ist. LVMH besitzt zwar starke Marken wie Dior und Louis Vuitton, mit denen LVMH hauptsächlich verdient. Zugleich befinden sich aber auch etliche kleinere Marken im LVMH-Portfolio von Uhren- über Parfum- bis Retail-Marken (wie z.B. Rimowa), die größtenteils margenschwach sind. Hermès hingegen bleibt seiner Strategie konsequent treu und die lautet kompromisslos: High End-Luxus. Dies ist der Grund, warum Hermès im Luxussegment in einer eigenen Liga spielt und selbst LVMH deutlich hinter sich lässt. Konsequenz hat dies auch für die Resilienz des Geschäfts. In einer Rezession sitzt das Geld bei etlichen (Luxusprodukt-)Konsumenten nicht mehr ganz so locker, weshalb der Absatz von „mittel-teuren“ (Wettbewerber-)Marken leidet. Auf High End-Produkte von Hermès wird jedoch auch in der Rezession nicht verzichtet, schlichtweg, weil die Hermès-Klientel es sich leisten kann. Auch beim Thema Luxus gilt somit: Luxus ist nicht gleich Luxus.

Wenige Tage vor Hermès präsentierte LVMH einen dynamischen Umsatzanstieg von 17% im ersten Quartal 2023 (Q1). Damit lag die Latte für Hermès recht hoch. Doch mit einem organischen Umsatzwachstum von 23% nahm Hermès diese Hürde fast schon mit Leichtigkeit. In allen Regionen und Segmenten entwickelt sich das Geschäft hochdynamisch, von einer Abschwächung ist nicht die geringste Spur zu erkennen. Während LVMH mit Hennessy in den USA eine kleinere Baustelle hat (die kräftigen Preiserhöhungen haben hier möglicherweise doch etwas stärker auf den Absatz gedrückt), glänzt Hermès in allen Sparten. Angetrieben vom Reisegeschäft kletterte der Umsatz in Q1 auf 3,38 Mrd. Euro. Damit setzte Hermès in einem einzigen Quartal rund halb so viel um wie im ganzen Vor-Corona-Jahr 2019! Alle Regionen legten stark zweistellig zu, wobei Asien ex Japan u.a. von einem sehr guten Geschäftsverlauf rund um das chinesische Neujahr profitierte. Besonders dynamisch wächst der Umsatz in Japan und Europa, wo vor allem der Tourismus das Geschäft antreibt.

Die stärkste Dynamik verzeichnete der zweitgrößte Geschäftsbereich Ready-to-Wear/Accessories (z.B. Gürtel, Hüte, Schuhe, Krawatten, etc.) mit einem Plus von 34%, nachdem die Frühjahrs- und Sommerkollektionen gut angelaufen sind. Das wichtige Ledergeschäft, das 2022 rund 45% zum Konzernumsatz beisteuerte, wuchs in Q1 mit 19% ebenfalls rasant. Um mit der ungebrochenen Nachfrage auch in Zukunft Schritt zu halten, ohne eine Beeinträchtigung der Produktqualität zu riskieren, baut Hermès seine Kapazitäten mit strategischem Weitblick aus und eröffnete im ersten Quartal eine neue Werkstatt in Louviers. Eine weitere Lederwerkstatt nahm vor kurzem in Charleville-Mezieres den Betrieb auf. Das ist die Lederwerkstatt Nummer 26, von denen sich alle in Frankreich befinden. Für die Authentizität der Marke ist diese lokale Verankerung von allergrößter Bedeutung. Weitere Produktionsstätten werden in den nächsten Jahren folgen. Insgesamt beschäftigt Hermès übrigens 4.700 Sattler und Gerber.

Der Ausbau der Kapazitäten ist ein sehr gutes Beispiel für die vorausschauende Unternehmensführung von Hermès. Zwar kommt es bei Luxusgütern nicht zuletzt darauf an, das Angebot relativ zur Nachfrage knapp zu halten. Allerdings darf man den Bogen dabei auch nicht überspannen. Sonst bleibt nicht nur zu viel Umsatz- und Wachstumspotenzial auf der Strecke; vor allem riskiert man die Spitzenstandards bei der Produktqualität, wenn ständig am Anschlag produziert wird. Es ist daher höchst sinnvoll und unternehmerisch weitsichtig, die Kapazitäten in Einklang mit der Nachfrage mitwachsen zu lassen. Denn immerhin verdoppelt sich bei Hermès der Umsatz alle fünf bis sechs Jahre, wenn das Wachstumstempo der letzten zehn Jahre von rund 13% p.a. beibehalten werden kann. Einiges spricht sogar dafür, dass Hermès nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Inflationskrise auf einen noch höheren Wachstumspfad eingeschwenkt sein könnte.

Bei Seide und Textil steigerte Hermès den Umsatz um 20%. Anders als bei LVMH läuft bei Hermès auch das Geschäft mit Uhren auf Hochtouren. Der Umsatz legte dynamisch um 25% zu, während sich Konkurrent LVMH mit genaueren Angaben zu seiner Uhrensparte bedeckt hielt. Sehr stark entwickelt sich auch das „sonstige“ Geschäft (oW +28%), das inzwischen einen Anteil von über zehn Prozent am Umsatz ausmacht. Darunter subsumiert Hermès u.a. die Bereiche Schmuck und Homeware, wo es um die Innenausstattung von Häusern und Yachten geht. Die Margen in diesem Geschäft dürften besonders stolz sein. Es hat also seine Gründe, dass sich Hermès hier nicht in die Karten blicken lässt. Gemessen an dieser stürmischen Geschäftsentwicklung hinkt das Segment Perfume / Beauty mit einem Wachstum von +7% zwar hinterher. Der Bereich steuert aber auch nur rund 4% zum Gesamtumsatz bei.

Resilientes Geschäftsmodell

Seit vielen Jahren steigert das für seine ikonischen Luxusprodukte wie die Kelly Bag und Birkin Bag bekannte Unternehmen seinen Umsatz beständig und verlässlich mit zweistelligen Wachstumsraten. Zwar bescherte die Corona-Pandemie – bedingt durch geschlossene Läden und den Einbruch im Tourismus – auch der Geschäftsentwicklung von Hermès einen leichten Dämpfer. Doch selbst im 1. Halbjahr 2020 hatte Hermès mit einem Mini-Free Cashflow von 27 Mio. EUR bzw. 1,1% Free Cashflow-Marge anders als die meisten anderen Luxusfirmen trotz der über Monate geschlossenen Geschäfte kein Geld verbrannt! Diese sagenhafte Resilienz des Geschäftsmodells stellte Hermès nicht das erste Mal unter Beweis. Zudem war diese „Scharte“ nicht nur schnell wieder ausgemerzt. Vielmehr erwies sich die Pandemie schlussendlich sogar als Katalysator (z.B. beim Online-Vertrieb), der das Wachstum von Hermès noch einmal beschleunigte. Auch die Margen kletterten auf neue Rekordniveaus.

Langfristige Exzellenz: Geschäftsmodell

Langfristige Exzellenz: Geschäftsmodell
Langfristige Exzellenz: Geschäftsmodell

Jahr für Jahr zweistellig zu wachsen, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Zweifelsohne bietet Hermès Produkte an, die bei den Schönen & Reichen dieser Welt heiß begehrt sind und die dem Unternehmen von seiner zahlungskräftigen Klientel förmlich aus der Hand gerissen werden. Doch ohne die nötige operative Exzellenz und den kompromisslosen Fokus auf die maximale Qualität der Produkte wäre eine solche Erfolgsserie kaum vorstellbar. Denn Erfolg ist vergänglich, wenn man satt, selbstgefällig und überheblich wird. Allerdings müssen sich langfristige Miteigentümer von Hermès keine Sorgen darüber machen, dass sich das Unternehmen auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruht. So wies CEO Dumas in einem Interview mit dem Le Figaro im Jahr 2022 darauf hin, dass Hermès gerade jetzt wachsam sein müsse, da Momente großer Erfolge genauso gefährlich seien wie Zeiten, in denen ein Unternehmen echte Probleme hat. Hermès müsse die Kunden weiter für die Produkte interessieren und vor allem kompromisslos die Qualität aufrechterhalten. Das ist sicherlich genau die richtige Einstellung, um die einzigartige Erfolgsgeschichte von Hermès in Zukunft weiter fortzuschreiben.

Ein konsistent starkes Wachstum über viele Jahre hinweg setzt eine hohe operative Exzellenz voraus, vom Einkauf über die Produktion bis hin zur Distribution. Was für eine glänzend funktionierende Firma Hermès ist, sieht man allein daran, dass heute ein mehr als doppelt so hoher Umsatz geräuschlos exekutiert wird wie noch vor fünf Jahren. Bei Automobilherstellern würde es bei einem derartigen Wachstum urplötzlich eine Explosion von Rückrufen und außerplanmäßigen Werkstattaufenthalten geben. Bei Hermès kann man dagegen sicher sein, dass sie ohne Druck weiter nur die besten Rohstoffe auswählen, in Ruhe und ohne Zeitdruck jede Ledertasche, jeden Gürtel, jeden Ring und jede Uhr in perfekter Handwerksqualität herstellen, vorsichtig verpacken und umsichtig transportieren, um dann den Kunden das erlesene Produkt mit Hingabe und Stolz zu präsentieren.

Geschäftszahlen: zuverlässige Rekorde

Die Serie immer neuer Rekorde, die Hermès über viele Jahre hinweg aufgestellt hat, ist sagenhaft. So hat sich z.B. der Umsatz in den zurückliegenden fünf Jahren von 5,5 Mrd. Euro in 2017 auf 11,6 Mrd. Euro in 2022 verdoppelt und der Free Cashflow hat sich sogar mehr als verdoppelt. Dabei gelingt es dem Management, Hermès auf die attraktivsten Produktkategorien (Lederwaren) und die dynamischsten Absatzregionen der Welt zu fokussieren. Stand die Region Asien-Pazifik (ex Japan) im Jahr 2012 noch für einen Umsatzanteil von gut 32%, wird dort zehn Jahre später rund die Hälfte des Umsatzes generiert. Im Geschäftsjahr 2022 erreichten sowohl die operative Marge mit 40,5% als auch die Free Cashflow-Marge mit 29,3% wie fast jedes Jahr neue Rekordhöhen. Im 5-Jahreszeitraum konnte Hermès den Free Cashflow deutlich mehr als verdoppeln auf 3,4 Mrd. EUR und im 10-Jahreszeitraum verfünffachen, während die Free Cashflow-Marge immer weiter nach oben geschraubt wurde, unterbrochen nur durch die pandemiebedingten Verwerfungen. In dieser Top-Liga von Unternehmen spielen weltweit ansonsten lediglich Apple, Google, Microsoft, Visa und Meta. Es gibt nur sehr wenige Firmen, die hier heranreichen, wie etwa Danaher oder Johnson & Johnson. Zur besseren Einordnung: Etliche Firmen auf dem weltweiten Kurszettel sind Free Cashflow-negativ, nicht allzu viele Firmen schaffen verlässlich eine zweistellige Free Cashflow-Marge.

Auch die Bilanz von Hermès strotzt folglich nur so vor Stärke mit einer traumhaften Eigenkapitalquote von 80%, wenn man die nach IFRS 16 bilanzierten Ladenmieten herausrechnet, und einer Nettokasse von 9,2 Mrd. Euro. Alleine das kurzfristige Vermögen ist mehr als doppelt so hoch wie sämtliche kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten. Und mit einem RoCe von fast 140% ist die Verzinsung des eingesetzten Kapitals schlicht und ergreifend sensationell. Kein Wunder also, dass Hermès seit Jahrzehnten hoch bewertet ist, was jedoch als die (logische) Ableitung der herausragenden Qualität des Geschäftsmodells zu sehen ist. Langfristig – und das ist der für uns relevante Zeithorizont – honoriert der Kapitalmarkt also die eindrucksvolle operative Exzellenz von Hermès. Erfreulicherweise hat sich die Aktie aber auch auf kürzere Sicht sehr positiv entwickelt. So hat sich der Aktienkurs seit dem Sommer 2022 verdoppelt und notiert auf einem neuen Allzeithoch.

Langfristige Exzellenz: Unternehmenswertsteigerung

Langfristige Exzellenz: Unternehmenswertsteigerung
Langfristige Exzellenz: Unternehmenswertsteigerung

Das stetig sehr hohe Wachstum der einzigartigen High End-Luxusmarke, die branchenführenden, sehr hohen Margen, die skalenbedingt extrem hohe Kapitalverzinsung und herausragende Bilanzqualität sowie die umsichtige Führung des Geschäfts sind eine Kombination von Superlativen, die man auf dem Kurszettel extrem selten findet. Übrigens inklusive der enormen Robustheit des Geschäfts in der Rezession: Hermès ist selbst 2008, 2009 und 2010 satt gewachsen und hat seine Margen dabei stetig erhöht.

„Mit der Empfehlung, Luxusaktien zu meiden, weil sinkende Umsätze zu befürchten seien, wird die Analystenzunft bei der nächsten Rezession wohl erneut falsch liegen.“

Dominikus Wagner

Hermès blickt ausgesprochen zuversichtlich in die Zukunft und hat allen Grund dazu. Trotz oder gerade wegen der mannigfaltigen Unsicherheitsfaktoren bezüglich Konjunktur, Krieg und Kaufkraft entwickelt sich das Geschäft extrem robust und profitiert von der maximal hohen Preissetzungsmacht, der Kompromisslosigkeit in puncto Qualität, den einzigartigen Marken und den hohen Skaleneffekten des Geschäftsmodells.

Hermès ist eine herausragende Firma, die nicht nur in ihrer Peer Group in einer eigenen Liga spielt. Beim langfristigen Umsatzwachstum, der Margenhöhe, dem Margenwachstum, bei der Bilanzqualität sowie bei allen wichtigen „Burgmauer“-Kriterien des Geschäftsmodells kann sich Hermès locker mit den besten börsennotierten Firmen dieser Welt messen. Bereits viele Jahre partizipiert der Unternehmefonds als Miteigentümer von Hermès an dieser Erfolgsgeschichte und wird das auch weiterhin tun, die laufende Kontrolle des Geschäftsmodells und dessen Übersetzung in Zahlen als unverzichtbare Hausaufgabe vorausgesetzt. In diesem Sinne weiter so, Hermès: Je teurer, desto besser.

Fonds: Wagner & Florack Unternehmerfonds – ISIN DE000A1C4D48 (I) / DE000A2H9BB2 (P)
Fonds: Wagner & Florack Unternehmerfonds flex – ISIN DE000A2P23M1 (C) / DE000A2P23L3 (P)
Gesellschaft: Wagner & Florack AG

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