Anleger unterliegen oft dem Trugschluss, eine fundamental gut begründete Wachstumsstory führe langfristig immer zu einem erfolgreichen Investment – in dynamischen Märkten gelten andere Gesetze.
11.01.2018 | 11:06 Uhr
Neben Überlegungen zu Kapitalrenditen oder Multiples (vgl. Investieren in "Robotics": back to the basics!) ist auch immer wieder zu beobachten, dass Investmentprodukte entweder zu früh auf den Markt kommen – der Trend im Produkt also noch nicht zufriedenstellend abgebildet werden kann – oder eben zu spät lanciert werden, wenn das Gros der abnormalen Renditen schon von den früh in den Trend eingestiegenen institutionellen Anlegern abgegriffen worden sind.
Ein aktuelles Beispiel ist der im November 2017 in den USA lancierte Proshares Long Online/Short Stores ETF. Dieser ETF geht die Schwergewichte des E-Commerce (im Grunde heißt das: Amazon) long, und shortet gleichzeitig mit einer Gewichtung von 50% den aus 50 Titeln bestehenden (gleichgewichteten) Solactive-ProShares Bricks and Mortar Retail Store Index. Dieser Index enthält beispielsweise klassische Einzelhändler wie Walmart sowie große Kaufhausketten wie Kohl’s oder Macy’s.
Die Short-Positionen im Aktienkorb haben einen großen Makel. Sie lassen – davon von abgesehen, dass kurz- oder mittelfristig mit Sicherheit nicht das gesamte „physische Retail“ verschwinden wird - eine Unterscheidung zwischen Unternehmen, die sich besser an die neuen Gegebenheiten anpassen, bspw. Walmart, und jenen, denen dies nicht gelingt, vermissen.
Zudem zeichnet sich bereits ein neuer Trend ab, der unter dem Kürzel DNVBs firmiert und für „Digitally Native Vertical Brand“ steht. Aufgrund der quasi Monopolstellung von Amazon im elektronischen Handel wenden sich viele E-Commerce Startups immer öfter direkt an den Konsumenten, den Sie über Netzwerkeffekte in den Sozialen Medien und gezielte, plattformspezifische Werbung zu erreichen versuchen, um sie auf ihre Webseite zu locken. Allerdings fällt bei diesen Marketingmaßnahmen die Kosten-Nutzen-Rechnung immer unattraktiver aus.
Daher geht der Weg wieder zurück zu Offline als Vertriebskanal. So gibt es in den USA bereits die ersten Kaufhäuser, die für Startups in einer quartalsweisen Rotation Verkaufsflächen zur Verfügung stellen und sich damit ein neues Geschäftsmodell erschließen.
Diese Entwicklung vom virtuellen Retail zurück zum physischen Retail, schlägt sich auch in der Wertentwicklung der entsprechenden Indizes wieder (s.o.). Der oben erwähnte ETF konnte seit Auflage immerhin einen Wertzuwachs von 4,14% in EUR erzielen. Der MSCI USA/Department Stores verzeichnete im gleichen Zeitraum (Stichtag: 08.01.2017) übrigens einen Wertzuwachs von 29,01%.
Fazit
Geschäftsmodelle werden mit Sicherheit auch zukünftig vehement hinterfragt werden. Aber vieles bleibt in einem sich derart rapide verändernden Markt zwangsläufig in der Schwebe. Bei offensichtlichen „No-Brainern“ gilt daher unverändert: „Think Twice!“.
Disclaimer: Die im Blog zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen sind die persönliche Meinung des Autors und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung der FondsConsult Research AG oder der €uro Advisor Services GmbH wider.
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