ESG-Investments boomen, aber Kritik wird laut: Die vermeintlichen Vorteile von ESG gehen mit Einschränkungen einher, die oft übersehen werden. Aurélien Duval, Fondsmanager bei DPAM, geht diesem Argument nach:
04.10.2023 | 10:04 Uhr
Bei vielen ESG-Anlagestrategien werden die Unternehmen mit der schlechtesten ESG-Performance ausgeschlossen. Das erhöht auf der einen Seite den Anteil guter ESG-Performer, schränkt auf der anderen aber die Anzahl der investierbaren Titel ein. Anleger befürchten daher, dass man mit ESG-Ansätzen Chancen verpasst und weniger diversifiziert. Beides könnte die Performance dämpfen. Was ist dran?
Versteckte
Harmonie von ESG & Qualität
Nicht immer sind ESG-Ausschlüsse so
einschränkend, wie sie erscheinen. ESG-Faktoren stimmen oft bemerkenswert gut
mit den Kennzeichen von Qualitätsunternehmen überein. Der Grund für diese
Konvergenz? „Qualitätsfaktoren“ beziehen sich im Allgemeinen auf Unternehmen,
die das Kapital der Aktionäre langfristig mit einer überdurchschnittlichen
Rendite vermehren. Qualitätsunternehmen sind in der Regel berechenbarer, haben
eine konservativere Bilanz und erwirtschaften bessere und stabilere Cashflows,
was zu weniger volatilen, aber höheren Finanzerträgen führt.
Konkret heißt das in den einzelnen E-, S- und G-Säulen:
E –
Umwelt
Unternehmen, die Maßnahmen zur Verringerung ihres
Kohlendioxidausstoßes ergreifen, in grüne Technologien investieren und Abfälle
minimieren, signalisieren nicht nur einen vorausschauenden Ansatz. Sie sind
auch besser in der Lage, sich an künftige regulatorische Veränderungen,
Marktverschiebungen und Ressourcenknappheit anzupassen. Qualitätsunternehmen,
die sich als anpassungsfähig erwiesen haben und sich auf die Erzielung einer
überragenden finanziellen Leistung konzentrieren, berücksichtigen die Risiken,
die mit Umweltveränderungen verbunden sind.
S –
Soziales
Unternehmen, die ihre Mitarbeiter wertschätzen,
deren Wohlbefinden in den Vordergrund stellen und berufliche
Entwicklungsmöglichkeiten bieten, verzeichnen häufig eine geringere
Fluktuationsrate, höhere Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit und eine höhere
Produktivität. Dies sind Faktoren, die auch in Qualitätsunternehmen häufig
anzutreffen sind.
G –
Unternehmensführung
Eine gute Corporate Governance geht Hand in Hand
mit der Stabilität und langfristigen Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens.
Nachhaltige Finanzerträge können nur von Unternehmen erzielt werden, die starke
Governance-Grundsätze einhalten. Eine unabhängige Vorstandsstruktur und eine an
die Unternehmensleistung gekoppelte Vergütung der Führungskräfte sind nicht nur
aus ESG-Sicht wichtig, sondern unterstützen auch den Kapitaleinsatz im besten
Interesse der Aktionäre. Eine starke Kapitalallokation, gute Mitarbeiter und
eine solide Unternehmensführung gewährleisten gleichgerichtete Interessen. Qualitätsunternehmen
werden oft auf der Grundlage historischer Finanzkennzahlen identifiziert. Eine
starke Corporate Governance gewährleistet die Nachhaltigkeit dieser Kennzahlen
in der Zukunft.
ESG-Grenzen
überwinden
Die Priorisierung von Qualitätsfaktoren führt in
der Regel zu einer Auswahl aus einem Pool von Unternehmen, die überwiegend
ESG-orientiert sind. Die vermeintliche Einschränkung des ESG-Universums wirkt
so nur abgeschwächt oder gar nicht. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigt,
dass 75 % der Outperformance von ESG-Strategien auf Qualitätsfaktoren
zurückzuführen sind. ESG und Qualität sind also zwar unterschiedliche,
voneinander unabhängige Faktoren, die jedoch in starken Wechselbeziehungen
zueinander stehen oder sich überschneiden.
Ein Blick auf die DPAM-Anlagestrategien bestätigt diesen Zusammenhang. Innerhalb unseres globalen Qualitätsuniversums ist die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen unsere ESG-Kriterien erfüllen, sehr viel höher als in der breiteren, nicht-qualitätsorientierten Gruppe – ein klarer Beweis dafür, dass Qualitätsunternehmen dazu neigen, ESG-Faktoren in ihre Strategien zu integrieren.
Fazit: Qualitätsfaktoren und
ESG-Überlegungen sindeng
verflochten
Die Vorstellung, dass ESG die Diversifizierung und Performance einschränkt, ist weitgehend unbegründet, insbesondere für Anleger, die sich auf Qualitätsfaktoren konzentrieren. Die Verflechtung von Qualität und ESG ist wirksam und nachweisbar. Beide zielen darauf ab, Anleger vor langfristigen Abwärtsrisiken zu schützen. Qualitätsunternehmen reinvestieren ihr Kapital zu einer Kapitalrendite, die über den Kapitalkosten liegt. Wettbewerbsvorteile, Markteintrittsbarrieren, Vorhersehbarkeit und höhere Margen unterstützen ebenfalls den defensiven Charakter. Gleichzeitig verhindern ESG-starke Unternehmen Kapitalverluste, sei es durch Geldstrafen, Reputationsschäden oder weil Investoren zögern, ihnen Kapital zur Verfügung zu stellen.
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