Zentralbanksitzungen im Fokus

Die „neue“ Philosophie der Währungshüter. Fiskalpolitik dominiert die Notenbanken.

01.03.2013 | 16:09 Uhr

In der kommenden Woche wird sich der Fokus auf die Sitzungen der EZB, der Bank von Japan und der Bank von England (alle Donnerstag) richten. Die EZB und die Bank von Japan dürften keine neuen Maßnahmen beschließen, während die Bank von England durchaus mit einem neuen Kaufprogramm für Staatsanleihen überraschen könnte. In der vergangenen Sitzung stimmten immerhin drei Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses für ein Programm in Höhe von 25 Mrd. GBP. Darüber hinaus scheinen die Diskussionen innerhalb der Bank von England schon wieder einen Schritt weiter zu sein: Auch ein zeitlich unbegrenztes Kaufprogramm scheint auf der Agenda zu stehen. Die Bank von Japan dürfte erst im April unter ihrem neuen Zentralbankpräsident Kuroda neue Lockerungsmaßnahmen beschließen.

Die großen Zentralbanken verhalten sich damit eigentlich völlig untypisch. In der Vergangenheit traten sie in einem Konjunkturaufschwung eher auf die geldpolitische Bremse, während sie in der aktuellen Phase nochmals signifikant Gas geben. Die Bank von England ist dabei der Vorreiter: Sie konnte in den vergangenen 97 Monaten gerade einmal in 17 Monaten das Inflationsziel erreichen. Im Januar lag die Inflationsrate mit 2,7 % deutlich über dem Inflationsziel von 2,0 %. Auch zeigen die Modelle der Bank von England, dass das Inflationsziel in den kommenden zwei Jahren voraussichtlich nicht erreicht werden wird. Eigentlich müsste die britische Zentralbank den Leitzins anheben, um ein Erreichen ihres Inflationszieles in zwei Jahren zu gewährleisten. Um eine Leitzinserhöhung zu vermeiden und um damit keine Rezession zu riskieren, möchte die Bank von England in Zukunft eine „flexible Inflationssteuerung“ betreiben. Sie scheint also bereit zu sein, ein anhaltendes Abweichen der Inflationsrate vom Inflationsziel zu tolerieren. Das Inflationsziel ist damit nur noch Makulatur. Die Zentralbanken scheinen ihre originäre Aufgabe der Inflationssteuerung immer mehr zugunsten der Erfordernisse der Staats- und Bankenfinanzierung unterzuordnen.

Interessanterweise leidet Großbritannien seit Ausbruch der Finanzmarktkrise unter einer hohen Inflation und einer stagnierenden Wirtschaft. Die gängigen Inflationsprognosemodelle, die immer eine signifikante Beschleunigung des Nachfragewachstums für einen Preisauftrieb unterstellen, können die Inflationsentwicklung in Großbritannien nicht erklären.

Nach der Wahl in Italien: Viel Zuckerbrot und wenig Peitsche in der Eurozone

Die Wahlen in Italien zeigen, dass in vielen europäischen Ländern kaum mehr Bereitschaft zum Sparen und zu Reformen besteht. Warum schmerzhafte Sparmaßnahmen und Reformen akzeptieren, wenn die EZB mit Liquidität aushelfen kann – so werden sich viele italienische Wähler nach der signifikanten Marktberuhigung im Sommer vergangenen Jahres gedacht haben. Nur aufgrund der relativ ruhigen Marktlage konnte Berlusconi überhaupt eine Rückzahlung der Immobiliensteuer glaubhaft versprechen.

Viel Zuckerbrot und wenig Peitsche – in diesem Sinne plant die Eurogruppe, bei ihrem nächsten Treffen (Montag) die Rückzahlungsforderungen der Finanzhilfen an Irland und Portugal zu verlängern und die Zinsen zu reduzieren, damit beide Länder bald wieder Kapitalmarktfähig werden können. Implizit würden die öffentlichen Gläubiger beiden Ländern damit einen Schuldenerlass gewähren. Auch Zypern darf in der kommenden Woche auf eine Rettung hoffen, die den privaten Sektor nur sehr eingeschränkt an den Kosten beteiligen wird. In der Eurozone werden mit den Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor (Dienstag), den deutschen Auftragseingängen (Donnerstag) und der deutschen Industrieproduktion (Freitag) wichtige Konjunkturdaten veröffentlicht.

US-Politik belastet Wirtschaft

Idealerweise würde es in den USA einen breiten Konsensus geben, wie man die fiskalische Schieflage langfristig wieder in den Griff bekommen kann. Unternehmen und Konsumenten hätten damit Planungssicherheit. Leider sieht die Realität völlig anders aus: Vor dem drohenden Sturz von der „fiskalischen Klippe“ zu Jahresanfang konnte in letzter Sekunde eine Einigung erzielt werden, was bei den heute in Kraft tretenden Ausgabenkürzungen leider nicht der Fall ist. Ab sofort stehen deshalb Ausgabenkürzungen von 85 Mrd. USD an. Interessanterweise rechneten die meisten US-Analysten nicht mit einer rechtzeitigen Einigung, sondern gingen davon aus, dass in den kommenden Wochen neue Ausgabenprogramme verabschiedet werden, die die Sparmaßnahmen abfedern. Der negative fiskalische Impuls sollte sich damit auf etwa -1 % des BIP für dieses Jahr summieren, wobei die Risiken eines größeren negativen Impulses zuletzt gestiegen sind.

Im Gegensatz zum öffentlichen Sektor zeigt der private Sektor in den USA deutliche Erholungstendenzen. So erwarten wir positive Überraschungen beim Dienstleistungs-ISM-Index (Dienstag) und beim Arbeitsmarktbericht (Freitag).

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