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Hüfner: Das vermaledeite Ziel der Preisstabilität

Research
Hüfner: Das vermaledeite Ziel der Preisstabilität
08/2019
Martin Hüfner
Assenagon (Website)

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Niemand hat etwas gegen das Ziel der Preisstabilität. Aber muss sie so eng definiert werden?

28.08.2019 | 11:18 Uhr

>    Es ist Zeit, das Ziel der Preisstabilität, das sich die EZB gegeben hat, zu überdenken.

>    Die bisherige Zielformulierung zwingt die EZB zu einer zu lockeren Geld­politik und stößt in der Öffentlichkeit vielfach auf Unverständnis.

>   Eine bescheidenere Zielformulierung würde die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der EZB erhöhen.

Der entscheidende Fehler passierte im Mai 2003. Damals beschloss die Europäische Zentralbank nach heftigen inter­nen Kontroversen eine neue Definition ihres Ziels der Preis­stabilität. Künftig sollte es nicht mehr heißen "Zunahme der Preissteigerung von unter 2 %". Stattdessen wurde das Wörtchen "nahe" eingefügt. Das Ziel heißt seitdem "nahe aber unter 2 %".

Das sieht nach einer kleinen und unscheinbaren Änderung aus. Es macht aber einen erheblichen Unterschied. Bei ei­ner Inflation von 1 % beispielsweise, wie wir sie derzeit ha­ben, wäre das Stabilitätsziel bei der ursprünglichen Defini­tion nach wie vor erfüllt. Die Zentralbank müsste nichts un­ternehmen. Nach der neuen Definition ist die Preissteige­rung zu niedrig. Die Zentralbank muss etwas tun, um die Rate nach oben zu bringen.

Inflation

Ein Grund für die damalige Entscheidung, das Ziel enger zu fassen, waren in jener Zeit die sich verbreitenden Defla­tionsängste in der Welt. Das globale Wirtschaftswachstum brach ein. Die Geldentwertung verringerte sich. Die Aktien­märkte gingen nach dem Platzen der New Economy-Blase in die Knie. Es war verständlich, dass die Geldpolitiker in der noch jungen Zentralbank kalte Füße bekamen. Sie fürchteten, in eine Krise hineinzulaufen. Durch eine Ände­rung der Zieldefinition gaben sie sich eine Rechtfertigung, bei einer sinkenden Inflation schneller und stärker gegen­steuern zu können.

Allerdings haben sie sich mit der neuen Zielformulierung erhebliche neue Probleme eingehandelt. Das war damals noch nicht so absehbar. Es ist umso gravierender, als die Probleme mit den Jahren immer größer geworden sind.

Erstens wird die Zentralbank zu einer viel lockereren Geld­politik gezwungen, als sie sie sonst betreiben würde. Sie muss ihren Kurs bei allen Preissteigerungsraten zwischen 0 % und 1,9 % überdenken. Vorher war das nur bei sinken­den Preisen (= Deflation) und bei Preissteigerungsraten von über 2 % (= überbordende Inflation) der Fall. Das fällt umso mehr ins Gewicht, als zu Beginn der Währungsunion nie­mand im Kopf hatte, dass sich die Geldentwertung so lange und anhaltend auf einem Niveau zwischen 1 % und 2 % be­we­gen würde. Alle Augen waren darauf gerichtet, dass es die Hauptaufgabe der Notenbank sei, eine zu hohe Geldent­wertung zu verhindern.

Zweitens stößt das dadurch bewirkte Mehr an lockerer Geldpolitik vielfach auf Unverständnis und Kritik in der Öf­fentlichkeit. Null- und Negativzinsen sind zunehmend zu einem gesellschaftlichen Ärgernis geworden. Wer kann schon verstehen, dass der Präsident der EZB eine Preis­steigerung von 1 % für zu niedrig hält und sie nach oben treiben will, wo sich doch jeder eigentlich niedrigere Preis­steigerungen wünscht? Jetzt nimmt sich sogar die Politik des Themas an und überlegt, ob man Negativzinsen nicht verbieten kann.

Drittens führt das immer häufigere Eingreifen der Noten­bank, um die Preissteigerung nach oben zu bringen, zu er­heblichen Abnutzungserscheinungen. Es gibt zunehmend Zweifel an der Wirksamkeit von Zinssenkungen oder den Käufen von Wertpapieren.

Viertens ist das Ziel "nahe aber unter 2 %" zu ehrgeizig. Es wurde im Euroraum zuletzt vor sieben Jahren erreicht. Was aber nutzt ein Ziel, das immer verfehlt wird? Auch internatio­nal gibt es viele Notenbanken, die sich ein Ziel von 2 % als Obergrenze gesetzt haben. Ich kenne aber keine, die sich genau auf 1,9 % festgelegt hat.

Fünftens braucht das Preisniveau bei Schwankungen der Konjunktur und vor allem der Energiepreise Bewegungs­freiheit (siehe Grafik). Es muss atmen können. Nicht jede  Abweichung vom Ziel "nahe aber unter 2 %" ist ein Un­gleichgewicht, das die Zentralbank zum Eingreifen zwingen sollte. Das Ziel darf daher nicht zu eng gefasst werden.

»Es käme wieder Hoffnung auf, dass die Zinsen vielleicht doch nicht "auf ewig" so niedrig oder gar negativ sein müssten.«

All das spricht nicht gegen das Ziel der Preisstabilität. Im Gegenteil: Es wird als Vertrauensanker der Geldwirtschaft heute mehr gebraucht denn je. Es muss aber so definiert werden, dass es glaubwürdig ist und sich die Kollateral­schäden der Geldpolitik in Grenzen halten.

Aus meiner Sicht wäre es daher vernünftig, das Präfix "na­he" in der Formulierung "nahe aber unter 2 %" zu streichen. Das würde eine bescheidenere Zentralbank signalisieren. Es käme wieder Hoffnung auf, dass die Zinsen vielleicht doch nicht "auf ewig" so niedrig oder gar negativ sein müss­ten.

Es gibt allerdings auch Argumente, die dagegen sprechen. Zum einen würde eine bescheidenere Geldpolitik tenden­ziell zu höheren Zinsen führen. Das passt derzeit nicht in die gesamtwirtschaftliche Lage. Aber eine Zielveränderung ist nichts, was man von einem Tag zum anderen realisieren kann. Dazu braucht man Zeit. Sie könnte frühestens in zwei, drei Jahren kommen, wenn die gesamtwirtschaftliche Lage bestimmt wieder anders sein wird.

Zum anderen sollte man Ziele nicht in einer Zeit verändern, in der sie gerade nicht erreicht werden. Damit führt man sie ad absurdum. Aber zu warten, bis die Preissteigerung ein­mal wieder auf 1,9 % steigt, wäre auch nicht vernünftig.

Für den Anleger

Das Nachdenken über eine neue Zieldefinition der Zentral­bank hat nichts mit aktuellen Anlageentscheidungen zu tun. Es bleibt dabei, dass die Geldpolitik auf Lockerungskurs ist und auf absehbare Zeit bleiben wird. Das ist an den Märk­ten die wichtigste Gegenkraft gegen die negativen Einflüsse von Seiten der Handelspolitik, des Brexits und der sich ver­schlechternden Konjunktur.

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