Capital Group: Japanische Unternehmen - Hoch innovativ und gut auf die Realität nach Covid-19 vorbereitet

Capital Group: Japanische Unternehmen - Hoch innovativ und gut auf die Realität nach Covid-19 vorbereitet
Marktkommentar

Christophe Braun, Investment Director bei Capital Group, erläutert einige Besonderheiten der japanischen Kultur, warum daraus eine besondere Innovationskraft entsteht und weswegen japanische Aktien das Augenmerk von Anlegern verdient haben:

18.06.2020 | 10:29 Uhr

„Japan und die Region Ostasien haben das Coronavirus sehr gut unter Kontrolle. Klammert man Wuhan und die Provinz Hubei aus, ist die Zahl der Viruserkrankungen in China, Südkorea, Taiwan, Japan und Vietnam interessanterweise sehr gering.“ 

„Ein möglicher Grund dafür könnte etwa sein, dass in Japan viele Aspekte des Social Distancing Teil der Kultur sind. So gehören Umarmungen nicht zur Kultur. Auch verneigen sich die Japaner, anstatt sich die Hände zu schütteln und generell tragen sie regelmäßig Masken, insbesondere wenn sie krank sind. Dadurch war Japan in der Lage, den Ausbruch von COVID-19 ohne einen extremen Lockdown zu bewältigen. Der Lockdown kam erst spät und etliche Beschränkungen wurden bereits wieder gelockert. Infolgedessen waren auch die Auswirkungen auf Unternehmen, die in Japan aktiv sind, nur von kurzer Dauer.“

„Generell ist Japan sehr gut auf die Welt nach COVID-19 vorbereitet. Zudem gibt es einige Faktoren, die das Land besonders interessant machen. Technologien beschleunigen den langfristigen Wandel von einer analogen in eine digitale Welt und in den kommenden zehn Jahren wird sich dieser Prozess durch die Robotik, durch Sensoren und durch die Cloud noch weiter beschleunigen. Die japanische Gesellschaft ist hoch innovativ und gut darin, sich einer bestimmten Sache anzunehmen und sie zu verbessern. Folglich finden sich in Japan viele innovative Unternehmen, die interessant für Investoren sein können.“

„Viele japanische Industrieunternehmen haben einen wichtigen Wandel in der Produktion vollzogen und damit begonnen, ihre Roboter mit optischen Sensoren auszurüsten. So können diese jetzt mehr und mehr Aufgaben in der Montage und der maschinellen Fertigung übernehmen, anstatt nur vorprogrammierte Bewegungen beim Schweißen und Lackieren auszuführen. Man würde denken, dass ein Mensch flinker und geschickter ist, aber diese „sehfähigen“ Roboter sind schneller, besser und präziser geworden. Zudem können Unternehmen die Produktion durch sie 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche ohne Krankenstand oder Kaffeepausen betreiben. Das ist eine sehr effiziente Art der Herstellung.“

„Einen weiteren Entwicklungsschritt hat die industrielle Fertigung durch die Cloud-Technologie gemacht. Eine Fabrik, die an einem Standort unglaubliche Datenmengen erzeugt, kann diese analysieren und teilen und so andere Roboter in Fabriken auf der ganzen Welt darin unterweisen, welche Bewegungen am besten für eine bestimmte Aufgabe geeignet sind. Durch die Nutzung großer Datenmengen und Maschinelles Lernen entwickeln sich smarte Fabriken und Produktionsprozesse, in denen kaum noch menschliche Arbeitskraft oder Interaktion benötigt werden. Ein Unternehmen in Japan hat etwa alle Schritte des Herstellungsprozesses so automatisiert, dass die Autos auf Knopfdruck auf der anderen Seite herauskommen.“ 

„Ein weiterer Grund, warum Japan gut für die Realität nach COVID-19 gerüstet ist, liegt in der alternden Bevölkerung. Im Jahr 1974 betrug die Weltbevölkerung vier Milliarden Menschen, bis 2050 werden es zehn Milliarden sein. Traditionell boten die Landwirtschaft und die verarbeitende Industrie vielen Menschen Arbeit, aber mit der Automatisierung werden die Beschäftigungschancen für viele Menschen sinken. Schwellenländer, die derzeit von großen Bevölkerungszahlen profitieren, werden in Zukunft schlechter dastehen, wenn Industrien wie das verarbeitende Gewerbe keine Arbeitskräfte mehr benötigen. Es wird zu demografischen Herausforderungen kommen. Für Japan kann das fehlende Bevölkerungswachstum daher ein Vorteil für den erwerbsfähigen Teil der Gesellschaft sein.“

„Darüber hinaus sind japanische Arbeitskräfte aufgrund ihrer langen handwerklichen Tradition in der Präzisionsfertigung einzigartig geschickt. Die Fähigkeit der Japaner, sich über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg auf ein Gebiet zu konzentrieren, wird ihnen helfen, die Infrastruktur für die digitale Welt zu schaffen. Ein Beispiel für den Vorsprung japanischer Unternehmen: Die Vorderseite eines Shinkansen-Zuges ist handgefertigt auf einem sehr hohen handwerklichen Niveau, das für Unternehmen aus anderen Ländern wie etwa China nur sehr schwer nachzuahmen ist. Technologien können imitiert werden, bei Handwerkskunst ist dies schwieriger.“

„Japan besitzt außerdem nur wenige natürliche Ressourcen, weswegen das Land seit jeher sehr effizient sein und sich auf die Produktivität konzentrieren musste. Technologien zur Verbesserung der Energieeffizienz werden in einer Welt mit bald zehn Milliarden Menschen zentral sein.“

Diesen Beitrag teilen: