Capital Group: COVID-19 beschleunigt tiefgreifende Innovationen der Pharmabranche

Capital Group: COVID-19 beschleunigt tiefgreifende Innovationen der Pharmabranche
Marktfaktoren

Eine Einschätzung von Laura Nelson Carney, Investmentanalystin für Aktien bei Capital Group, rund um die Pharmabranche.

13.05.2020 | 12:15 Uhr

„COVID-19 verändert die langfristigen Trends der Biopharmazie nicht, beschleunigt diese allerdings. In Zukunft wird beispielsweise vermehrt Big Data zur Arzneimittelentdeckung sowie -entwicklung als auch zur Kontrolle von Patienten in der realen Welt genutzt werden. Auch die Präzisionsmedizin wird sich weiterentwickeln. Die Zell- und Gentherapie hingegen wird für tiefgreifende Innovationen sorgen, so wie der Übergang von Chemikalien zu Protein-Medikamenten vor 40 Jahren. Die Bedeutung Chinas wird ebenso wachsen – sowohl als zweitgrößter Markt der Welt als auch als Quelle globaler Innovationen.“

„Biotechnologie- und Pharmaunternehmen haben bisher gut abgeschnitten und erweisen sich als deutlich widerstandsfähiger als andere Sektoren. Das unterstreichen die starken Ergebnisse, die wir während der Berichtssaison des ersten Quartals gesehen haben – fast jedes Pharmaunternehmen konnte die Erwartungen übertreffen und die Prognose für das Gesamtjahr bekräftigen. Dies steht im Kontrast zu vielen anderen Branchen. Die Menschen werden weiterhin Medikamente benötigen und es gibt viele andere Krankheiten, die ein noch schlimmeres Schicksal als eine COVID-19-Erkrankung bedeuten. Die höchste Priorität der Branche ist es folglich, die Arzneimittelversorgung zu sichern. Diese ist von entscheidender Bedeutung. Denn Menschen, die lebensrettende Medikamente benötigen, welche nicht im Zusammenhang mit COVID-19 stehen, müssen diese weiterhin beziehen können. Nur so kann eine steigende Gesamtmortalität aufgrund der Pandemie vermieden werden. Auf Unternehmensebene achten wir bei größeren Unternehmen auf die Sicherheit der Cashflows und Dividenden. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen analysieren wir die Liquidität und ihre Pipeline, um sicherzustellen, dass sie den jetzigen Zeiten trotzen können. Gegenüber Unternehmen, die sich auf einzelne Medikamente konzentrieren – insbesondere mit immunsuppressiven Mechanismen, die das COVID-19-Risiko erhöhen – sind wir vorsichtig.“

„Hinsichtlich der Auswirkungen von COVID-19 auf den Sektor sollten drei wichtige Aspekte berücksichtigt werden. Das sind erstens die Lieferkette und die Herstellung, zweitens die Nachfrage am Markt und drittens die klinischen Studien. Hier sollte man sich die Frage stellen, ob die Lieferkette und die Herstellung sichergestellt sind. Der Bezug von Rohstoffen und Pharmawirkstoffen aus nur einem Land birgt derzeit neue Risiken. Infolgedessen denken Unternehmen nun darüber nach, wie sie ihre Lieferketten global diversifizieren können. Bei der Nachfrage lässt sich feststellen, dass die persönlichen Arztbesuche – insbesondere in Europa und den USA – drastisch zurückgegangen sind. Schätzungen zufolge sogar um rund 70 Prozent. Das bedeutet, dass die Zahl der Neudiagnosen ebenso rückläufig ist und weniger Menschen ihre Medikamente wechseln. Insgesamt steht die Branche gut da, die genannten Trends könnten allerdings weiter anhalten.“

„Eine der wichtigsten langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die Biopharmaindustrie ist, dass der Ruf der Branche sich verbessert. Die Menschen sehen Biopharmaunternehmen als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems. Es wird auch zu einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen kommen. Ebenso werden wahrscheinlich vermehrt kleine, unterfinanzierte aber durchaus innovative Unternehmen von großen Pharmakonzernen übernommen werden.“

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