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„Viele Unternehmensanleihen bieten wieder attraktive Zinsen“

Dr, Jan Ehrhardt hält Unternehmensanleihen für attraktiv
Multi Asset Fonds

Dr. Jan Ehrhardt und Stefan Breintner sprachen auf einer Webkonferenz über Zinsen, Anleihen sowie die hohen Inflationsraten und wie sie nun den Mischfonds DJE – Zins & Dividende an das aktuelle Marktumfeld angepasst haben.

03.11.2022 | 12:10 Uhr von «Jörn Kränicke»

Steigende Zinsen und hohe Inflationsraten in den USA und Europa verursachen Sorgenfalten bei Bürgern und Anlegern. Wie Jan Ehrhardt und Stefan Breinter dies beurteilen und wie sie darauf im DJE Zins & Dividende reagiert haben, erklärten sie jüngst bei einer Webkonferenz.

„Gerade die Leitzinserwartungen haben sich jüngst noch einmal deutlich verändert. Bei der EZB lagen die Erwartungen noch Anfang August für Sommer 2023 noch bei einem Prozent. Und das hat sich jetzt in den letzten zwei Monaten geändert und die Erwartungen liegen inzwischen bei fast drei Prozent. Noch extremer ist die Entwicklung in diesem Jahr bei der US-Notenbank. Dort sind die Zinserwartungen für 2023 von 3,5 auf fünf Prozent gestiegen. Bei der Inflation dürfte die USA aber ihren Höhepunkt bereits überschritten haben. Das liegt vor allem am gesunkenen Ölpreis. In der Spitze lag er z. B. bei der Sorte WTI bei gut 120 US-Dollar und ist nun auf gut 80 gefallen. Das ist in etwa das Niveau vom Oktober 2021 und daher wird der Ölpreis in der Inflation für den Oktober keine Rolle mehr spielen. Somit sollte die Inflationsrate weiter zurück gehen. Wenn man die ganze Gemengelage analysiert, dann ist es aus heutiger Sicht trotz einer sehr strikten OPEC-Politik unrealistisch, dass wir dieselbe Dynamik sehen werden und der Ölpreis wieder in Richtung 120 Dollar steigt. Und auch die Nahrungsmittelpreise korrelieren sehr stark mit dem Ölpreis. Von dem vor dem Hintergrund könnte ich mir auch vorstellen, dass auch die Nahrungsmittel-Inflation in den USA im kommenden Jahr etwas zurückkommt. Ein weiterer Bereich, wo wir auch rückläufige Preise sehen, ist bei den Container-Frachtraten. Daher erwarten wir, dass sich die US-Inflationsraten 2023 in Richtung fünf Prozent bewegen könnten.

Ab 2024 könnten die US-Zinsen sinken

Wenn man sich den Fed-Dot-Plot anschaut, also die Meinungen der US-Notenbanker hinsichtlich der Zinsen in den nächsten Jahren, dann erwarten sie kurzfristig stärker steigende Zinsen. Ab dem Jahr 2024 sieht die Sache jedoch schon ganz anders aus. Langfristig liegen die Zinserwartungen bei rund 2,5 Prozent. Die Politik der Fed zeigt also Wirkung. Das signalisieren auch die Inflationserwartungen. Die Breakeven Inflationsrate betrug bei 2-jährigen inflationsindexierten Anleihen im Sommer 2022 über vier Prozent. Jetzt erwartet der Markt für 2024 nur noch 2,5 Prozent. Das ist sehr optimistisch. Wir denken, die Wahrheit liegt eher etwas höher. Wenn die Inflation nun auf drei oder vier Prozent sinkt, ergeben sich Chancen insbesondere bei Anleihen.

Die Energiekrise wirkt sich stark auf die Inflation aus

Den Einfluss der hohen Energiepreise in Europa darf man nicht unterschätzen. 4,5 Prozentpunkte der 10-prozentigen Inflation in Europa stammen von den Energiepreisen. Nahrungsmittepreise und Energie machen zusammen rund sieben Prozentpunkte der Inflation aus. Und wir glauben, dass in Europa im Gegensatz zu den USA der Peak bei der Inflation noch nicht überschritten ist. Denn auch in den kommenden Jahren wird Gas teuer bleiben. Denn die Substitution des russischen Gases durch LNG ist teuer. Beim Flüssiggas gibt es keine freien Kapazitäten, der Markt ist sehr eng. Daher wird anderen Ländern wie etwa Pakistan oder Bangladesch das LNG zu sehr hohen Preisen weggekauft. Unseren Schätzungen zufolge bleibt der Markt für LNG noch mindestens bis 2026 eng und das Gas teuer.

Strom wird länger teuer bleiben

Auch das Strompreisproblem wird Europa wohl noch länger erhalten bleiben. Wer heute Strom per Termin für Oktober 2023 einkauft, muss rund 400 Euro pro Megawattstunde bezahlen ¬- für 2024 sind es auch noch 250 Euro. Das ist extrem teuer. Lösen kann man das Problem nur, indem Deutschland zügig seine Erzeugungskapazitäten ausbaut. Das wird allerdings etwa vier bis fünf Jahre dauern bis neue Solar- und Windparks gebaut sind. Die hohen Preise bedeuten eine massiv sinkende Wettbewerbsfähigkeit in Europa und auch in Deutschland. Gerade auch im Vergleich mit China, wo die Erzeugerpreise sogar gesunken sind und hierzulande um 45,8 Prozent gestiegen sind. Daher sind wir sind vorsichtig bei Titeln mit einem hohen Energiekostenanteil bei der Produktion.

China hat weiterhin Probleme

Die Probleme in China wie etwa der Immobilienmarkt lasten immer noch auf der Wirtschaft. Und der Immobilienmarkt ist sehr wichtig für das Wachstum in China. Zuletzt konnten Immobilienentwickler nur etwa 50 Prozent der fertiggestellten Wohnungen verkaufen, obwohl auch weniger Projekte fertiggestellt wurden. Gewinn machen sie erst ab etwa 80 Prozent verkaufter Wohnungen in einem Wohnblock. Das führt auch dazu, dass die Gemeinden weniger Land verkaufen und dadurch weniger Einnahmen haben. Die Regierung will nun dem Problem dadurch begegnen, indem sie die Kreditvergabe staatlicher Banken an staatliche Immobilienentwickler (SOEs) forcieren. Zudem haben sie die Zinsen für Immobilienkredite gesenkt, um die Nachfrage anzukurbeln. Dies wurde bereits bei der letzten Immobilienkrise im Jahr 2015 erfolgreich angewendet.

Chinas Corona-Politik entscheidet

Es ist schwer abzuschätzen, wann sich dort die Lage wieder normalisiert. Aber lange Zeit waren die Zinsen in China deutlich höher als in den USA und Europa. Nun sind die Zinsen der 10-jährigen Staatsanleihen niedriger als in den USA und nur noch leicht höher als in Europa. Daher ist China also von der Zins- und monetären Situation besser aufgestellt als Europa und die USA. Auch wenn die Immobilienprobleme noch ungelöst bleiben, entscheidet die Coronapolitik darüber, wie es mit Chinas Wirtschaft weitergeht. Dies ist sehr schwer einzuschätzen. Wir haben jüngst mit Biontech und Pfizer gesprochen, wie sie die Lage in China hinsichtlich mRNA-Impfstoffen einschätzen. Auch sie können nicht einschätzten ob dort nun stärker mit mRNA-Impfstoffen die vulnerablen Gruppen geimpft werden. Aber es gibt trotzdem einen Hoffnungsschimmer. Inzwischen kann man wieder uneingeschränkt nach Hongkong reisen. Es gibt keine Quarantäne-Vorschriften mehr und selbst wenn man in Hongkong wohnt und bei der Einreise einen positiven Coronatest hat, darf man nach Hause weiterreisen und sich dort auskurieren und muss nicht mehr in ein staatliches Krankenhaus. Ich kann mir vorstellen, dass dies eine Blaupause für China sein könnte und sich die chinesische Regierung die Ergebnisse dort ganz genau anschaut und dann seine Schlüsse daraus zieht. Eine Lockerung der Corona-Regeln 2023 würde dem Wachstum sehr helfen.

Anleihen werfen wieder Zinsen ab

Im Fonds hat sich einiges geändert. Die Dividendenrendite liegt nun bei 3,5 Prozent und die Free-Cash-Flow-Rendite bei neun Prozent. Da müssen wir uns also keinerlei Sorgen machen, dass die Dividenden gekürzt werden. Zumal Dividenden auch meist sehr träge auf Veränderungen reagieren. Seit langer Zeit sind nun jedoch auch Anleihen wieder sehr interessant geworden. Das ist ein großer Unterschied zum vergangenen Jahr. Die gewichtete Verzinsung unseres Anleiheportfolios im Zins & Dividenden beträgt nun rund 4,6 Prozent, obwohl die Duration mit 2,5 Jahren gering ist. Das Rating der Anleihen ist mit BBB+ trotzdem im Investmentgrade-Bereich. 2022 hatten wir bislang eine Absicherung des Portfolios, auch über den Bund Future. Diese haben wir nun weitgehend aufgelöst. Durch diese Absicherung hat sich der Fonds 2022 auch vergleichsweise gut gehalten.

Anleihen machen wieder Spaß

Die steigenden Zinsen sehen wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Positiv ist, dass man für Anleihen von soliden Schuldnern etwa aus dem Nahrungsmittel-Bereich wieder 4,5 bis 5 Prozent Zinsen bekommt. Das ist attraktiv in diesem Umfeld. Und bei sinkenden Zinsen wären auch noch Kurssteigerungen drin. Daher mache ich mir wenig Sorgen, um gute reale Anleihe-Renditen in den kommenden Jahren. Insbesondere, wenn wie von uns erwartet die Inflation sinkt. Bei den Aktien sind wir noch vorsichtiger. Da sind wir nicht voll investiert. Wachstumswerte leiden einfach unter den höheren Zinsen. 2022 waren wir mit der Aktienquote auch zeitweise unter 40 Prozent. Bei Aktien bleiben wir aufgrund der hohen Energiepreise und Geopolitik weiter vorsichtig und halten unser Pulver trocken. Dennoch gibt es einige Chancen und es ist nach unten auch schon viel passiert. Manche Werte haben über 80 Prozent verloren. Trotzdem sollte man aber nicht überrascht sein, wenn es volatil bleibt. Aber es kommt nun auch das tendenziell bessere Winterhalbjahr. Daher bin ich auch für den Zins und Dividenden auf Sicht der kommenden 12 Monate und den folgenden Jahren optimistisch. Denn das nun wieder bessere Umfeld für Zinspapiere ist sehr positiv für den Fonds.

Zuviel Pessimismus ist nicht angebracht

Man darf aber natürlich mögliche negative Faktoren wie etwa eine Zuspitzung auf der geopolitischen Seite nicht außer Acht lassen. Auch muss man die Energiekrise in Europa im Hinterkopf behalten. Allerdings könnten sich diese Belastungsfaktoren auch ins positive umkehren. Wenn etwa die französischen Atomkraftwerke wieder mehr Strom liefern können oder der Winter sehr mild wird. Auch eine Lockerung der Covid-Politik in China dürfte von den Märkten positiv aufgenommen werden. Insgesamt gehe ich daher davon aus, dass man in Zukunft mit Aktien auch wieder mehr Geld als mit Renten verdienen kann. Kurzfristig kann es noch etwas schwierig sein. Mittelfristig und auf Sicht von zehn oder 20 Jahren mache ich mir da gar keine Sorgen. Daher investiere ich auch für meine Kinder überwiegend in Aktien beziehungsweise Aktienfonds und auch in den DJE Zins & Dividende.“

Zur Person

Dr. Jan Ehrhardt ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DJE Kapital AG mit den Verantwortungs­bereichen Individuelle Vermögensverwaltung sowie Research & Portfolio­management. Seit Januar 2003 verantwortet er ferner den Aktienfonds DJE – Dividende & Substanz sowie seit 2010 den Mischfonds DJE – Zins & Dividende. Darüber hinaus ist Jan Ehrhardt seit November 2007 Verwaltungsratsmitglied der Luxemburger Tochtergesellschaft DJE Investment S.A. Bevor er in die DJE Kapital AG eintrat, war er u.a. für die Credit Suisse Group in New York tätig. Er studierte an der Universität St. Gallen, an der London School of Economics, LSE und promovierte an der Universität Würzburg.

Stefan Breintner
Stefan Breintner

Stefan Breintner (Bild) leitet den Bereich Research & Portfoliomanagement der DJE Kapital AG. Seit Juli 2019 ist er zusätzlich als Co-Fondsmanager der Fonds DJE – Zins & Dividende, DJE – Dividende & Substanz sowie DJE – Asien tätig. Er verantwortet den DJE Gold & Stabilitätsfonds sowie den DJE – Gold & Ressourcen. Vor und während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre in Regensburg arbeitete er für ein mittelständisches Unternehmen der Öl- & Gasindustrie. Seit 2005 ist Stefan Breintner bei der DJE Kapital AG.

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