ODDO BHF CIO View: „Die Notenbanken sollten nun Entschlossenheit zeigen"

Befindet sich Jerome Powell in derselben Situation wie Paul Volcker im Jahr 1979?
Marktausblick

Wie hat sich die Welt in nur wenigen Wochen gewandelt. Zu Beginn des Jahres, vor kaum mehr als zehn Wochen, herrschte an den Märkten die Erwartung, dass ein Ende des Zinserhöhungszyklus in Sicht ist.

15.03.2023 | 09:29 Uhr

Prof. Dr. Jan Viebig
Prof. Dr. Jan Viebig

Jetzt hat sich die Einschätzung verändert. Zu dieser Neubewertung der Situation hat diese Woche der Vorsitzende der amerikanischen Notenbank Fed, Jerome Powell, maßgeblich beigetragen. Er sprach vor dem Bankenausschuss des US-Senats und brachte eine Kernbotschaft mit, die an den Finanzmärkten einen Kursrückgang auslöste: Der Zinsgipfel könnte höher ausfallen als bisher erwartet.

Damit stellte Powell die Wirtschaft auf einen Weg ein, der schmerzhafter werden könnte als gedacht. Und damit drängt sich auch mehr und mehr die Parallele zu den Inflationsjahren 1979 bis 1982 auf. Damals löste die Islamische Revolution im Iran einen globalen Ölpreisschock aus, der die Inflationsraten in den entwickelten Ländern auf neue Höhen trieb. Für den 6. Oktober 1979 setzte der damalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker überraschend eine Fed-Sitzung an, auf der er eine kompromisslose Politik zur Inflationsbekämpfung durchsetzte. In rascher Abfolge erhöhte die Fed daraufhin die Leitzinsen von 9 Prozent im Jahr 1978 auf bis zu 19 Prozent im Jahr 1980. Und dennoch stieg die Inflationsrate in den USA zunächst im April 1980 auf 14,7 Prozent.

Über hohe Zinsen für Kredite wollte Volcker die Wirtschaftsaktivität drosseln und durch die nachlassende Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen die Inflation bekämpfen. „Der amerikanische Lebensstandard muss sinken“, sagte Volcker damals gegen viele Widerstände und wütende Proteste. Der Preis, der Volcker der amerikanischen Wirtschaft abverlangte, war in der Tat hoch: Die hohen Leitzinsen drückten die US-Wirtschaft in zwei „Volcker-Rezessionen“. Auf die erste kurze im Jahr 1980 folgte im Juli 1982 eine zweite, die heftiger werden und 16 Monate dauern sollte. Um 1,8 Prozent schrumpfte die Wirtschaft im Jahr 1982. Die Arbeitslosenquote lag im Dezember 1982 auf einem Hoch von 10,8 Prozent. Und dennoch: Die Politik ging auf. Im Jahr 1983 hatte Volcker die Teuerungsrate auf 3,2 Prozent gedrückt. In den folgenden Jahrzehnten sollte die amerikanische Inflation nie mehr die Marke von 5 Prozent übersteigen – bis zum Jahr 2022, als sie auf mehr als 9 Prozent stieg.

Befindet sich Jerome Powell in derselben Situation wie Paul Volcker im Jahr 1979? Der Vergleich liegt nahe, ist doch auch heute die Inflation binnen weniger Monate dramatisch gestiegen und scheint sich für längere Zeit festzusetzen. Doch historische Vergleiche sind so verlockend wie irreführend.

Die Ausgangspunkte sind in der Tat ähnlich: Ende der 1970er Jahre hat - wie heute auch - ein sprunghafter Anstieg der Energiepreise die Teuerungsraten binnen kurzer Zeit in die Höhe getrieben. In Zeiten hoher Inflation versuchen die Arbeitnehmer ihre realen Kaufkraftverluste durch hohe Lohnabschlüsse auszugleichen. Die höheren Löhne tragen bei den Unternehmen zu einem weiteren Anstieg der Produktionskosten bei, nachdem sie schon die höheren Energiepreise verkraften mussten. Sind sie in der Lage, die Preise für ihre Produkte weiter anzuheben, dann kann sich eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen.

Den ausführlichen "ODDO BHF CIO View: „Die Notenbanken sollten nun Entschlossenheit zeigen" finden Sie hier als PDF.

Diesen Beitrag teilen: