Für den Juni und die kommenden Monate bleibt das Strategieteam von DJE weiterhin eher vorsichtig. Der Fokus liegt auf defensiveren, weniger zyklischen Bereichen. Nach der guten Entwicklung an vielen Börsenplätzen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 könnten nun die nächsten Monate schwieriger werden.
12.06.2023 | 10:47 Uhr
In Euro gemessen hat sich der weltweite Aktienindex,
begünstigt durch eine sehr gute Performance des US-Technologiesektors und eines
aufwertenden USD, im Mai positiv entwickelt. Der deutsche und der breite
europäische Markt verzeichneten dagegen Verluste. Auf Sektorenebene haben sich
weltweit in der Betrachtungsperiode eigentlich nur Technologiewerte gut
entwickelt. Besonders schwach waren im letzten Monat hingegen die Sektoren
Energie und Rohstoffe sowie nicht-zyklischer Konsum und Versorger. Die monetäre
Situation ist unverändert als schwierig einzustufen. Die Konjunktur in den USA
hält sich weiterhin relativ gut, aber steigende Konjunkturrisiken zeichnen sich
sowohl in den USA als auch in Europa ab. Auch die Bankenkrise scheint uns noch
nicht völlig ausgestanden.
• Risiken für den Konsum in den USA nehmen zu
• Konjunkturrisiken steigen auch in Deutschland und Europa
• Kaum noch Abwärtspotenzial für Bewertung von chinesischem Markt
Die Konjunktur in den USA hält sich weiterhin relativ gut. Die Reisetätigkeit
der US-Amerikaner beispielsweise nimmt bereits stärker ab, unter anderem werden
2023 deutlich weniger Amerikaner nach Europa kommen; Risiken für den Konsum im
zweiten Halbjahr nehmen also zu. Die Aufwärtsbewegung im bisherigen Jahr 2023
wurde zudem in den USA im Prinzip nur durch einige hoch gewichtete
Technologieaktien getragen. Auch die Bankenkrise ist aktuell noch nicht
ausgestanden. Depositen sind weiter unter Druck, da Banken die gestiegenen
Zinsen nicht weitergeben und Geldmarktfonds attraktiver sind. Die Kreditvergabe
der Banken wird sich sowohl in den USA als auch in Europa verschlechtern; dies
dürfte mittelfristig zu schwächeren Frühindikatoren und schwächerer
Gewinnentwicklung in vielen Sektoren führen.
Auch in Deutschland und Europa steigen die Konjunkturrisiken. Bei den meisten
Konsumenten in Deutschland liegen die monatlichen Ausgaben über den monatlichen
Einnahmen: Der Ausblick für den Konsum mit Blick auf das zweite Halbjahr ist
daher schwierig. Mit Blick auf 2024 erscheinen uns viele aktuelle
Wachstumsprognosen zu optimistisch: In den aktuellen Prognosen sind die
zeitverzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik noch nicht
eingepreist.
In China sind die Inventory-Levels bei Immobilien sehr tief. Seitens der
Bewertung dürfte der chinesische Markt kaum mehr Abwärtspotenzial haben. Die
geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sind weiterhin
unterschwellig präsent. Japan könnte ein längerfristiger Profiteur dieser
geopolitischen Spannungen sein, denn Japan gilt als eines der mit am besten
positionierten Nearshoring-Länder.
• Gesamtinflation sinkt, inklusive Kernrate
• Weitere Zinsänderung nach oben bei EZB möglich
• Ausgewählte gute Anleihen in Europa mit attraktiver Verzinsung
Im Euroraum kommt nun auch die Kernrate auf Sicht von drei Monaten stärker
zurück, die Gesamtinflation im Euro-Raum liegt auf Sicht von drei Monaten sogar
bei nur noch 2,1 Prozent. Trotz deutlich rückläufiger Inflation wird die EZB am
15. Juni wahrscheinlich einen weiteren Zinsschritt machen; dieser sollte aber
auch eingepreist sein. Die Kernrate in den USA liegt aktuell auf einem höheren
Niveau als in Europa. Gut informierte US-Marktteilnehmer wie Blackrock-Chef
Larry Fink rechnen noch mit bis zu zwei weiteren Zinsschritten, wir halten aber
erstmal eine Pause (also keinen weiteren Zinsschritt) beim nächsten Meeting für
realistisch.
Bei den 10-jährigen US-Staatsanleihen scheint viel eingepreist. Das Zinsniveau
deutscher 10-jähriger Staatsanleihen bleibt weiterhin relativ unattraktiv.
Anleihen im Bereich von zwei bis vier Jahren, die zum Beispiel im Euro-Raum
stellenweise vier bis fünf Prozent bei teils gutem Rating bringen, sind unserer
Meinung nach weiter interessant.
• Uneinheitliche markttechnische Signale
• Schwieriger Saisonrhythmus
• Nur wenige große Titel tragen Aufwärtsbewegung in den USA und
Europa
Insgesamt ergibt die Markttechnik aktuell ein uneinheitliches Bild: niedrige
Put-/Call Ratios und höherer Optimismus beispielsweise beim Fear &
Greed-Index sind antizyklisch negativ zu sehen, hohe Short-Positionen auf den
S&P 500 sowie hohe Cash-Quoten in der BofA-Fondsmanagerumfrage hingegen als
positiv. Mit Blick auf den Saisonrhythmus befinden wir uns allerdings nun in
einer schwierigeren Periode. Eine fehlende Marktbreite ist negativ zu sehen
(die Aufwärtsbewegung in den USA und Europa wurde nur von wenigen großen Titeln
getragen), ebenso wie eine niedrige Volatilität.
Marktkommentar als PDF:
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