Capital Group Outlook 2023: Rezession als Chance

Capital Group Outlook 2023: Rezession als Chance
Marktausblick

Rezessionen sind nie angenehm, aber notwendig, um die Übertreibungen früherer Aufschwünge zu korrigieren – vor allem, wenn die Wirtschaft wie in den letzten zehn Jahren fast unaufhörlich gewachsen ist.

12.01.2023 | 09:53 Uhr

Zu dieser Erkenntnis kommt Henning Busch, Managing Director bei Capital Group. „Nach einer langen Wachstumsphase muss es auch einmal einen Rückschlag geben, um alles wieder ins Lot zu bringen“, so Busch. „Das ist zu erwarten und gut so.“

Die Weltwirtschaft scheine jetzt diesen Weg zu gehen. Europa befinde sich bereits in einer Rezession und der Konflikt in der Ukraine dürfte diese verstärken. Auch Chinas Wachstum sei faktisch auf null gefallen, unter anderem wegen der ständigen regionalen Lockdowns. Die US-Wirtschaft stehe zwar noch verhältnismäßig gut dar, aber auch ihr drohe aufgrund der hohen Inflation und der höheren Zinsen ein massiver Abschwung.

Busch geht davon, dass die US-Wirtschaft 2023 um etwa zwei Prozent schrumpfen wird. Das wäre mehr als nach dem Platzen der Technologieblase zu Beginn der 2000er-Jahre, aber längst nicht so viel wie in der Finanzkrise 2008/2009. Dabei sei wichtig zu betonen, dass Rezessionen die Basis für neues Wachstum seien.

„Heute werden die Rezessionsrisiken am Aktienmarkt realistischer eingeschätzt“, erläutert der Experte. „Bislang haben Aktien einen Aufschwung aber meist vorweggenommen, lange bevor sich die Konjunkturdaten wirklich erholten.“

Wie lange dauert die nächste Rezession?

Natürlich seien alle Rezessionen auf ihre Art schmerzhaft, doch zum Glück würden sie meist nicht sehr lange andauern. Die Analyse von elf US-Konjunkturzyklen seit 1950 zeige, dass Rezessionen zwischen zwei und 18 Monaten gedauert hätten und im Schnitt nach etwa zehn Monaten wieder vorbei gewesen seien.

Hinzu komme, dass sich die Aktienmärkte meist schon vor dem Ende der Rezession wieder erholt hätten. „Auch im Abschwung fallen die Kurse, bevor die Konjunktur nachgibt“, so Busch. Mitte 2022 seien fast alle großen Aktienmärkte in die Baisse gefallen. „Und wenn sich die Geschichte wiederholt, werden sie sich etwa sechs Monate vor der Wirtschaft wieder erholen.“ Von der Markterholung solle man so wenig wie möglich verpassen. In allen Marktzyklen seit 1950 seien die Kurse in der Hausse um durchschnittlich 265 Prozent gestiegen, während sie in der Baisse nur 33 Prozent verloren hätten.

„2022 war nicht einfach, und es kann auch in 2023 weiterhin schwierig bleiben“, meint der Experte. „Eines darf man aber nicht vergessen: Jede Rezession und jede Baisse waren irgendwann vorbei. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich Wirtschaft und Märkte wieder erholen.“

Bei steigenden Rezessionssorgen: Anleihen wieder als Alternative?

Trotzdem seien die Zahlen aktuell weiterhin unschön: 2022 werde als eines der schwächsten Anleihenjahre aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Wegen des großen Minus fragen sich viele Investoren, ob Anleihen wirklich noch vor Verlusten schützen, wenn die Aktienkurse fallen. „Nur in wenigen Kalenderjahren geben Aktien und Anleihen gleichzeitig nach“, erläutert Busch. In den 45 Jahren seit 1977 sei 2022 die einzige Ausnahme. Grund seien die massiven Zinserhöhungen der Fed und anderer Notenbanken gewesen. Wegen der hohen Inflation wurde die Nullzinspolitik aufgegeben.

„2023 dürfte sich das ändern“, sagt Busch. „Wenn Teuerung und Konjunktur nachlassen, könnte die Fed die Zinserhöhungen beenden und ich glaube, dass wir nah dran sind. Sobald die Fed die Geldpolitik wieder lockert, könnten Qualitätsanleihen ein Portfolio wieder stabilisieren und höhere Erträge liefern.“

Wenn Rezessionssorgen die Aktienkurse fallen lassen, könnten Anleihen also durchaus wieder für mehr Stabilität sorgen. „Wegen der attraktiven Bewertungen sehe ich mehr Chancen und investiere in ausgewählte Hypotheken- und Unternehmensanleihen“, resümiert Busch. „Selbst wenn die Kurse weiter fallen, ändert das nichts an den jetzt wesentlich höheren laufenden Erträgen. Sie können dann für einen Ausgleich sorgen.“

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