Capital Group: Stabilität durch Anleihen in 2019

Marktausblick

Die Zeiten sehr niedriger Anleihenrenditen scheinen vorbei zu sein. Höhere US-amerikanische Zinsen könnten Anleihen nach Jahren sehr niedriger Renditen wieder interessanter machen, weiß Mike Gitlin, Head of Fixed Income bei Capital Group.

17.01.2019 | 11:51 Uhr

Core-Anleihenstrategien, die in höherwertige Titel investieren und exzessive Kreditrisiken meiden, können dem Experten zufolge wieder eine interessante Ergänzung zu dividendenstarken Aktien sein. Mischfonds können sich für Investoren eignen, die alles aus einer Hand wünschen, die laufenden Erträge von Aktien und die von Anleihen.

Starker Kern führt zu Stabilität

„Das Anleihen-Kernportfolio ist zu jeder Zeit wichtig, doch gegen Ende des Konjunkturzyklus ist es mitunter zentral für die Erträge. In der Spätphase des Konjunkturzyklus sollte man daher über Anleihen nachdenken, die für eine gewisse Stabilität, laufende Erträge und Diversifikation der Aktienanlagen sorgen können“, erklärt Gitlin.

Im Mittelpunkt stand in der Vergangenheit sicher das Zinsrisiko, aber das Kreditrisiko ist laut dem Experten auch wichtig. Die Kurzfristrenditen sind dabei recht attraktiv geworden: In einem Jahr kann sich viel ändern. Ende 2017 lag die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen erstmals seit fast zehn Jahren über der Dividendenrendite des Standard & Poor’s 500 Index. Seitdem haben sich die Anleihenrenditen massiv erholt. Ende 2018 war die zweijährige Staatsanleihenrendite einen Prozentpunkt höher als die Dividendenrendite des S&P 500. Für Investoren, die um des laufenden Ertrags willen auf Aktien auswichen, sind Qualitätsanleihen jetzt wieder sehr viel attraktiver.

Und auch andere Anleiheninvestoren sollten ins Grübeln kommen. „In der zehnjährigen Niedrigzinsphase haben manche Core-Anleihenfonds mehr auf Erträge und weniger auf Diversifikation geachtet. Die Jagd nach Rendite führte zu großen Credit-Positionen, die oft stark mit Aktien korreliert sind“, so Gitlin.

Kreditrisiko beachten

Aber natürlich sollten Investoren auch immer die Risiken im Blick halten. Die Aussicht auf steigende Renditen bei noch höheren Leitzinsen mag manche Investoren irritieren. Aber vielleicht sind die Sorgen übertrieben?

Gitlin, schätzt die aktuelle Lage wie folgt ein: „2018 lag die Arbeitslosenquote meist bei etwa 4 Prozent, und die Inflation war zuletzt schwächer als allgemein erwartet. Ende 2018 sprachen die impliziten Markterwartungen für einen einzigen Zinsschritt im Jahr 2019. Allerdings waren die Erwartungen nicht sehr stabil.“

Entscheidend ist aber, dass die kurzfristigen US-Staatsanleihenrenditen bereits stark gestiegen sind. Ganz anders sieht es bei Credits aus. Die Spreads, also der Renditeabstand zwischen Credits und Staatsanleihen, sind im Vergangenheitsvergleich noch immer eng. Anleiheninvestoren bekommen für das Kreditrisiko daher nur einen eher kleinen Ausgleich, und das Ertragspotenzial hält sich in Grenzen. „Wenn die Leitzinsen angehoben werden, machen sich Investoren vor allem über Zinsrisiken Gedanken. Allerdings sind die Staatsanleihenrenditen schon gestiegen, während die Credit Spreads noch sehr eng sind. Solange die Bewertungen nicht attraktiver werden, ist bei Credits eine gewisse Vorsicht angeraten“, so Gitlin.

Den US-Unternehmen geht es gut, aber der Konjunkturzyklus ist in die Jahre gekommen, und die Schulden steigen. Fast 50 Prozent der Investmentgrade-Unternehmensanleihen haben ein BBB-Rating. Solange die Bewertungen nicht zurückgehen, ist wohl keine gute Zeit für zu hohe Kreditrisiken.

Emerging-Market-Anleihen bieten Chancen

Abgestrafte Emerging-Market-Anleihen können eine weitere Chance für Anleger sein, die langfristig orientiert sind. In den letzten sieben bis acht Jahren sind die Erträge von Emerging-Market-Lokalwährungsanleihen hinter denen von US-Dollar-Anleihen zurückgeblieben. Offensichtlich bieten Lokalwährungsanleihen heute mehr Chancen und günstigere Bewertungen. „Investoren müssen aber aufpassen, dass sie nicht in scheinbar günstig bewertete Währungen investieren, die weiter fallen – weil sie aufgrund ungelöster Probleme weiter abwerten“, sagt Gitlin.

So stehen beispielsweise die Währungen und Volkswirtschaften der „BRATS“ (Brasilien, Russland, Argentinien, Türkei und Südafrika) zurzeit unter starkem Druck. Zusammen sind diese Länder fast für die gesamte Abwertung der Emerging-Market-Währungen gegenüber dem US-Dollar in diesem Jahr verantwortlich. „Die übrigen 14 Währungen des Lokalwährungsanleihenindex haben während der letzten Schwächephase hingegen kaum gegenüber dem US-Dollar abgewertet“, unterstreicht der Anleihen-Experte.

Hinzu kommt, dass die BRATS-Währungen, zwar schwach gegenüber dem US-Dollar, aber stabil gegenüber dem Euro sind. „Dies spricht dafür, dass wir es eher mit einer US-Dollar-Stärke als mit einer Schwäche der Emerging-Market-Währungen zu tun haben. Dies weckt Zweifel an der gängigen Annahme, dass sich Investoren gerade in großem Umfang von Emerging-Market- Anleihen trennen“, so Gitlin.

Wenn Investoren am Anleihenmarkt 2019 erfolgreich sein wollen, sollten sie diese Faktoren beachten. Eins scheint aber klar: Chancen dürften sich auch dieses Jahr bieten.

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