Die Ergebnisse der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen und die Ankündigung eines möglichen Impfstoffs gegen Covid-19 durch Pfizer nahmen die Märkte als positiv auf.
17.12.2020 | 09:22 Uhr
Kurz darauf bremsten uneinheitliche Konjunkturdaten und deutlich ansteigende Corona-Infektionen den Enthusiasmus der Investoren jedoch deutlich. Jared Franz, Volkswirt bei Capital Group, sowie Tom Hollenberg und Damien McCann, beide Anleihenportfoliomanager beim gleichen Haus, analysieren das Konjunkturumfeld und die Aussichten für Anleiheninvestoren.
Insgesamt erhole sich die US-Wirtschaft leicht. Allerdings liefen die meisten staatlichen Hilfsprogramme aus und Nachfolgeprogramme seien alles andere als sicher, analysiert Franz. Die unverändert hohen Anträge auf Arbeitslosengeld könnten darüber hinaus auf eine Stagnation der Erholung hindeuten. Für Konjunkturprognosen sei insbesondere ein wirksamer Impfstoff entscheidend. Dieser könne den wirtschaftlichen Teufelskreis durchbrechen und für eine steigende Nachfrage sorgen. Bereits durch die ersten Ankündigungen hätten sich die Wachstumsaussichten für die nächsten Jahre verbessert. „Sollte sich in der zweiten Jahreshälfte 2021 durch die Impfung so etwas wie eine Herdenimmunität einstellen, könnten sich die Wachstumsprognosen verbessern, auf drei Prozent im nächsten Jahr und auf drei bis vier Prozent im Jahr 2022“, sagt Franz. „Problematisch ist jedoch, dass der Impfstoff ungeachtet der Ankündigungen möglicherweise erst in sechs bis neun Monaten auf den Markt kommt und die Wirksamkeit noch nicht abschließend bewiesen ist.“ Eine daraus entstehende Lücke müssten Geld- und Fiskalpolitik überbrücken.
„Die US Federal Reserve hat signalisiert, dass die Geldpolitik so lange expansiv bleibt, bis sich die Wirtschaft vollständig erholt hat“, sagt Hollenberg. Auch die Entwicklung der Zinsen hänge daher stark von der Covid-19-Entwicklung ab. Nachdem über vielversprechende erste Tests von Impfstoffen berichtet wurde, waren die Zinsen leicht gestiegen. Zeitgleich stünde allerdings der Winter an und sowohl in den USA als auch in Europa stiegen die Infektionszahlen wieder deutlich. Da die Federal Funds Target Rate bereits nahe null sei, werde die Zentralbank wohl zum Quantitative Easing greifen müssen. Der Kauf von Treasuries mit einer längeren Duration sei am wahrscheinlichsten. „Wir gehen davon aus, dass sich die Zinsen in einer engen Spanne bewegen und die Zinsstrukturkurve flacher wird“, sagt Hollenberg. „In den kommenden zehn Monaten erwarte ich die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries zwischen 0,7 und 1 Prozent und die Rendite die 30-jährigen zwischen 1,4 und 1,8 Prozent.“ Damit sind die US-Renditen zurzeit höher als die Renditen in den meisten Industrieländern. Da die Inflation zumindest noch in den kommenden Monaten niedrig bleiben dürfte, könnten Treasuries für Investoren interessant sein, die risikoreichere Assets absichern wollten.
In Hinblick auf die Aussichten für Unternehmensanleihen, hätten laut
McCann ebenfalls die positiven Meldungen bei der
Corona-Impfstoffentwicklung sowie insbesondere der Ausgang der US-Wahl
eine positive Entwicklung im kommenden Jahr denkbarer gemacht – und das
ungeachtet ihres Risikoniveaus. „Die Wahrscheinlichkeit eines
Zwei-Parteien-Kongresses ist hoch, sodass sich die Politik in wichtigen
Bereichen wie Steuern vermutlich nicht deutlich ändern wird“, sagt
McCann. „Das ist gut für die Unternehmensgewinne.“ Für risikobereitere
Multi-Asset-Investoren seien insbesondere US-High-Yield-Anleihen
interessant. Deren Fundamentaldaten seien gut und aufgrund
weitreichender Unterstützungen durch die US-amerikanische Zentralbank
blieben sie interessanter als Investmentgrade-Titel. Außerdem könnten
angesichts der sukzessiv anziehenden Wirtschaft die Unternehmensgewinne
wieder Vorkrisenniveaus erreichen, mit denen Unternehmen Teile ihrer im
März und April aufgenommenen Schulden zurückzahlen könnten. Eine solche
Phase des Schuldenabbaus wäre positiv für Credits. Neben
US-High-Yield-Anleihen böten sich auch bei risikoreicheren
Schwellenländer-Anleihen Chancen. „Zwar sind einige Credits in
Schwierigkeiten geraten, allerdings gibt es auch in US-Dollar
denominierte Anleihen von Ländern, die auch in schwierigen Zeiten in der
Lage sein werden, ihre Schulden zu bedienen“, sagt McCann. „Dazu
gehören etwa die Dominikanische Republik, Äthiopien, Belarus, die
Ukraine oder Ägypten, die von einer Erholung der Weltwirtschaft
profitieren dürften.“
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