Die bisherigen Erklärungsvariablen des Metzler Asset Management für eine Prognose des US-Leitzinses – Arbeitslosenquote, (Kern-)Inflation und Kapazitätsauslastung der zyklischen Industrie – scheinen allein nicht mehr treffsicher zu sein.
25.10.2019 | 12:34 Uhr
Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, hat sie um die Variable „Verschuldung“ ergänzt. Leitzinserhöhungen für 2020 schließt er aus politischen Gründen allerdings aus. Die Eurozone sieht er noch weit von einer Rezession entfernt. Für die Geldpolitik in Japan ist Walk ratlos, sie dürfte ihr Pulver verschossen haben.
Für
den US-Leitzins verwenden wir schon seit Anfang der 2000er-Jahre ein
sehr zuverlässiges Prognosemodell. Die Erklärungsvariablen in diesem
Modell sind die Arbeitslosenquote (Freitag), die (Kern-)Inflation
(Donnerstag) und die Kapazitätsauslastung in der zyklischen Industrie.
Basierend auf unserem Prognosemodell schätzten wir jedoch für Januar
2019 einen angemessenen Leitzins von 5,25 % – ein Leitzinsniveau, das
die US-Wirtschaft ohne Zweifel heutzutage nicht mehr verkraften und das
Land in eine schwere Rezession stürzen würde.
Noch
eine Leitzinssenkung der US-Notenbank im Oktober – im nächsten Jahr
könnten sogar wieder Leitzinserhöhungen notwendig werden
in %
Die
Vermutung liegt somit nahe, dass die seit 2008 gestiegene
Gesamtverschuldung in den USA (Staat, Unternehmen und private Haushalte)
ein höheres Leitzinsniveau unmöglich macht, da sonst eine Schuldenkrise
drohen würde. So stieg die Gesamtverschuldung von 185,7 % des BIP im
zweiten Quartal 2001 auf 249,3 % des BIP im ersten Quartal 2019. Eine
Ergänzung des Prognosemodells um die Verschuldung zeigt, dass sich damit
die Geldpolitik der US-Notenbank seit der Finanzmarktkrise merklich
besser erklären lässt.
So spricht vor allem der zuletzt tendenzielle
Rückgang der Kapazitätsauslastung in der zyklischen Industrie für eine
Leitzinssenkung der US-Notenbank nächste Woche (Mittwoch). Sollte jedoch
unsere Prognose eines Rückgangs der Arbeitslosenquote sowie eines
moderaten Anstiegs der (Kern-)Inflation im kommenden Jahr eintreten,
müsste die US-Notenbank schon wieder Mitte 2020 den Leitzins anheben.
Leitzinserhöhungen in einem voraussichtlich heiß umkämpften Wahljahr wie
2020 könnten jedoch aus politischen Gründen unmöglich sein. Darüber
hinaus werden noch das Konsumentenvertrauen (Dienstag), das
Wirtschaftswachstum im dritten Quartal (Mittwoch) und der ISM-Index
(Freitag) veröffentlicht.
Eurozone: Erste Anzeichen einer Bodenbildung
Immerhin
stehen die Chancen gut, dass das Wirtschaftswachstum in der Eurozone
(Donnerstag) im dritten Quartal einen positiven Wert von 0,2 % zum
Vorquartal erreicht haben könnte. Die Eurozone würde damit zwar schwach
wachsen, wäre aber noch weit von einer Rezession entfernt, zumal sich
auch der europäische Geschäftsklimaindex (Mittwoch) im Oktober
stabilisiert haben dürfte. Zudem wird sich der Blick der
Finanzmarktakteure noch auf das Geldmengen- und Kreditwachstum (Montag)
sowie die Inflation (Donnerstag) im Oktober richten. Inflation ist
jedoch derzeit kein Thema.
China: Einkaufsmanagerindizes im Fokus
In
China stehen die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) im Fokus, wobei wir
gute Chancen für eine Verbesserung aufgrund der zahlreichen
wirtschaftspolitischen Maßnahmen sehen.
Japan: Was kann die Zentralbank machen?
Zu
niedrige Inflationserwartungen, eine tendenziell fallende Inflation und
eine sich abschwächende Konjunkturdynamik erfordern eigentlich eine
geldpolitische Reaktion. Der Präsident der japanischen Zentralbank
Kuroda hat auch schon signalisiert, auf dem Meeting (Donnerstag) neue
geldpolitische Schritte zu ergreifen. Die Frage ist nur – was kann die
japanische Zentralbank noch machen? Aus unserer Sicht dürfte sie ihr
Pulver inzwischen verschossen haben.
Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht
Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management
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