Capital Group: US-Wahlen - alle Blicke auf den Senat

Capital Group: US-Wahlen - alle Blicke auf den Senat
Kommentar

Für Investoren werden die Ergebnisse der US-Senatswahlen von zentraler Bedeutung sein, sollte Joe Biden US-Präsident werden, sagt Matt Miller, politischer Volkswirt der Capital Group.

23.10.2020 | 07:20 Uhr

Von der Zusammensetzung des Senats werde es nämlich abhängen, wie schnell Biden neue Politiken umsetzen kann. Der Experte erläutert, welche Auswirkungen verschiedene Szenarien hätten:

Insgesamt seien die Gewinnchancen von Joe Biden bei der Wahl höher als die von Präsident Trump. Bis zur ersten Präsidentschaftsdebatte wäre die Vorhersage des Ergebnisses der diesjährigen Wahl einem Münzwurf gleichgekommen, aber das Verhalten von Präsident Trump während der Debatte, zusammen mit seiner COVID-Infektion und den darauf folgenden Ereignissen, habe die Prognosen in Richtung der Demokraten gedreht.

Zeitgleich bestehe jedoch das Risiko, dass es nach dem Wahltag am 3. November mehrere Wochen dauern könnte, bis das finale Endergebnis tatsächlich bekannt werde. So würden Experten etwa voraussagen, dass mehr als die Hälfte der 160 Millionen Wahlstimmen per Post abgegeben würden. Im Jahr 2016 seien es noch 30 Millionen gewesen.

Sollte es beim Ergebnis am 4. November, also am Tag nach der Wahl, nur einen geringen Unterschied zwischen den beiden Kandidaten geben, könnten sich die Rechtsstreitigkeiten nach Ansicht des Volkswirts wochenlang hinziehen. „Die Briefwahl ist eine große logistische Herausforderung. Außerdem folgt sie einem strikten Prozess mit vielen Regeln, die eingehalten werden müssen. So ist es etwa denkbar, dass ein gewisser Prozentsatz der Stimmzettel aus rein technischen Gründen für ungültig erklärt werden könnte“, so Miller. „Auch bei den Wahlen im Jahr 2016 hat Trump nur mit einem geringen Vorsprung gewonnen – eine Differenz von nur 78.000 Stimmen in mehreren Schlüsselstaaten.“

Bei einem sogenannten „blue wave“-Szenario, bei dem die Demokraten nicht nur das Weiße Haus, sondern auch beide Kongresskammern gewinnen, könnte sich die Politik der Demokraten auf Bidens grüne Investitionspläne fokussieren – mit wahrscheinlichen Auswirkungen auf das Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten.

Darüber hinaus würde die Politik der Demokraten drei weitere Bereiche verändern. Der erste dieser Bereiche wären die Steuern. Biden werde wahrscheinlich die Unternehmenssteuern in verschiedenen Schritten von 21 auf 28 Prozent erhöhen wollen. Dies werde sich aller Voraussicht nach auf die Unternehmensgewinne auswirken. Eine Biden-Regierung und ein Demokratischer Kongress könnten auch strengere Regeln anstreben, um Aktienrückkäufe zu reduzieren, die nach Ansicht der Demokraten zu Lasten der Löhne und Ausgaben für Arbeitnehmer gingen. Eine dritte Priorität sei die Anhebung des Mindestlohns auf 15 US-Dollar pro Stunde, obwohl dies wahrscheinlich in mehreren Schritten erfolgen würde.

Abschließend sei wichtig, langfristig zu agieren und investiert zu bleiben. Während Volatilität in den Wochen und Monaten vor und nach US-Wahlen üblich sei, habe die Vergangenheit gezeigt, dass sie auf lange Sicht kaum einen Unterschied für die US-Aktienmärkte machten.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Diesen Beitrag teilen: