TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: der Plan für eine „neue Riviera im Nahen Osten“.
10.02.2025 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»
Donald Trump liebt es, im Mittelpunkt zu stehen. Wohl auch deshalb haut er fast im Stundentakt irgendwelche neuen Vorschläge zur Umgestaltung der Welt hinaus. Jüngster Schenkelklopfer, verkündet in der vergangenen Woche: die Übernahme des Gaza-Streifens durch die USA. Die schmale Küstenregion am Mittelmeer, in dem derzeit rund 1,5 Millionen Palästinenser zwischen ihren zerbombten Häusern umherirren, könnte zu einer „neuen Riviera im Nahen Osten“ aufgebaut werden, so die Idee des US-Präsidenten. Das klingt erst einmal verrückt. Aber wie so oft bei Trumps Vorschlägen, versteckt sich hinter dem scheinbar unüberlegten, flotten Spruch auch hier das zynische Kalkül eines Immobilien-Tycoons und selbsternannten „Deal Makers“.
Deshalb lohnt es sich, Trumps Gedankengang nicht einfach abzutun, sondern konsequent fortzuspinnen, um zu erahnen, was er wirklich will. Was also wäre, wenn es tatsächlich so kommen würde, wie Trump es vorschlägt? Was würde passieren, wenn die Region unter Führung der USA neu aufgebaut würde? Auftragnehmer wären wohl in nicht geringem Maße US-Baufirmen. Diese leiden im Moment unter einer schwachen Nachfrage in den USA. Die Immobilienbranche, insbesondere der Sektor der Gewerbeimmobilien, kämpft mit Problemen. Die Prolongation der einst günstigen Kredite, die vor fünf bis zehn Jahren in der Niedrigzinsphase aufgenommen wurden, macht etlichen Investoren aktuell große Probleme. Das schlägt auf die Baubranche durch. Ein großer Auftrag im Nahen Osten käme ihnen jetzt gerade recht. Denn ihr Auslandsgeschäft ist noch verhältnismäßig schwach. Von den 50 größten Branchenfirmen in den USA erzielen lediglich neun einen Auslandsumsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Lediglich ein Achtel der 400 größten Bauunternehmen ist bislang überhaupt international tätig – und dort vor allem in Spezialbereichen. Dazu zählt insbesondere das Öl-, Gas- und Bergbaugeschäft. Der Schwerpunkt von Firmen wie McDermott, Bechtel, Fluor und Kiewit, die immerhin auch schon in der Golfregion aktiv sind, liegt im Bau von Schmelzwerken, Raffinerien, Pipelines und Lagerstätten. Der komplette Neuaufbau einer ganzen Küstenregion würde mehr Knowhow und Kapazitäten aus anderen Bereichen benötigen.
Der Baukonzern PCL Construction etwa könnte den Hochbau übernehmen, Alberici-Flintco und Hoffmann Construction könnten Fabriken hochziehen, Dragados die zerstörten Straßen neu planen und bauen. Etliche US-Firmen, die bisher noch gar kein Auslandsgeschäft haben und aktuell nach neuen Aufträgen gieren, könnten den Wohnungsbau vorantreiben. Die dafür nötigen Planierraupen und Kräne würden wohl vor allem große US-Baumaschinenhersteller wie Caterpillar und John Deere liefern. Für die Umsetzung bräuchte es natürlich auch Menschen, die die Schaufeln in die Hand nehmen und die Baumaschinen bedienen. In den USA sind die Löhne zuletzt stark gestiegen. Aber im Gaza-Streifen, das könnte eine Überlegung von Donald Trump sein, gäbe es wohl ausreichend viele billige Arbeitskräfte. Schließlich sitzen ja derzeit Hunderttausende auf der Straße und haben nichts zu tun. Ach ja, finanzieren würden den Spaß natürlich die arabischen Anrainer, die praktischerweise auch gleich die heimatlosen Familien aus dem Gaza-Streifen aufnehmen dürften. Wäre das nicht eine Win-win-Situation für… Donald Trump? Mit solcherart Deals kennt er sich aus. Schließlich hat er das Prinzip „Ich baue, und irgendwer wird die Rechnung schon bezahlen“, über Jahrzehnte hinweg geradezu perfektioniert.
Und weil er weiß, wie die Medien funktionieren, hat er mit der „neuen Riviera im Nahen Osten“ auch schon gleich die passende Schlagzeile mitgeliefert. Man hat die Bilder förmlich vor Augen: Gaza, einst in Schutt und Asche, und bald schon ein neu auferstandenes Paradies für… wen auch immer. Es gibt vermutlich Pläne dafür. Aber das wird die Zukunft zeigen. In dieser wabern dann mit Sicherheit schon längst wieder ganz andere Schlagzeilen durch die Medien, die Donald Trump, Elon Musk, Mark Zuckerberg, Jeff Bezos oder irgendeinem anderen US-Milliardär gehören. Lerne: MAGA ist kein Hirngespinst, sondern knallhartes Business.
Am Dienstag stellen die „Immobilienweisen“ in Berlin ihr Frühjahrsgutachten vor. Sie machen Vorschläge, was die Immobilienbranche leisten kann, um Deutschlands Ökonomie wieder nach vorn zu bringen. Und sie benennen die entscheidenden Hebel für den Wohnungsbau hierzulande.
Am Mittwoch starten die „Frankfurt Digital Finance 2025“ und der „European Fintech Day“. Die zweitägige Konferenz der europäischen Finanzindustrie steht unter dem Motto “Time to act, Europe! Unleashing the potential of the financial industry”. Frei übersetzt: „Zeit zum Handeln, Europa! Das Potenzial der Finanzindustrie freisetzen“. Macht die Branche sich etwa Gedanken darüber, wie man die strenge Regulierung der europäischen Finanzindustrie etwas aufweichen könnte? Vor allem vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den USA wäre diese Bestrebung nicht überraschend.
Am Donnerstag tritt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) auf die Bühne einer sogenannten Zukunftskonferenz mit dem Titel „Von der Kohle zur KI“. Das klingt irgendwie nach einem Ruhrpott-Äquivalent zu „Laptop und Lederhosen“. Thematisch geht es um Investitionen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in Künstliche Intelligenz. Den Livestream kann man unter der Adresse https://www.youtube.com/@LandNRWyt verfolgen. Falls der Landesregierungs-Server das schafft und nicht unter der Last zusammenbricht. Internet und so. Ein schwieriges, neues Thema hierzulande.
Am Freitag veröffentlicht die europäische Statistikbehörde Eurostat ihre Schnellschätzung zum Bruttoinlandsprodukt für die Euroländer und die EU im vierten Quartal 2024. Danach geht´s nach Hause, Feierabend genießen, zu Abend essen, Tagesschau einschalten und sich über die nächste Idee des US-Präsidenten freuen. Prognose: Auch diese Woche wird nicht langweilig werden.
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