• DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----

Sind die Regulierer in Brüssel lernfähig?

Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: das sogenannte Omnisbus-Paket zur Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften.

03.03.2025 | 08:00 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

Die EU-Kommission hat am vergangenen Mittwoch ein sogenanntes Omnibus-Paket zur Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften vorgelegt. Damit soll die Regulierung weniger komplex und der administrative Aufwand für Unternehmen abgebaut werden. Gleichzeitig wurde auch eine neue EU-Initiative vorgestellt: der Clean Industrial Deal (CID). Beides zusammen ist nichts anderes als eine längst überfällige, gedankliche Kehrtwende in Sachen Nachhaltigkeits-Politik der EU. Denn die Kommissare versuchen mit ihrem Vorstoß, ein bürokratisches Monster wieder einzufangen, dass sie selbst geschaffen und über die vergangenen Jahre hinweg mit Feuereifer immer weiter gefüttert haben.

Und darum geht es: Aktuell sind in der Europäischen Union mehrere Regulierungs-Vorhaben, die sich auf das Thema Nachhaltigkeit beziehen, kreuz und quer miteinander verschränkt. Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), die Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) und die Taxonomie-Verordnung sind teilweise nicht nur widersprüchlich, sondern verursachen den Unternehmen auch noch einen immensen bürokratischen Aufwand. Die Berichtspflichten sind so aufwändig, dass sie in großen Unternehmen ganze Abteilungen beschäftigen und von mittelständischen und kleineren Firmen kaum zu stemmen sind. 

Gleichzeitig werden die Datenströme, die durch die Berichterstattungen entstanden sind, nur unzureichend gemanagt. Es gibt immer noch keine einheitlichen zentralen Register, auf die zum Beispiel Fondsgesellschaften zurückgreifen könnten, um ihre Portfolios nach einheitlichen Standards daraufhin zu überprüfen, ob und inwieweit diese ESG-konform sind. Mit anderen Worten: Es wird derzeit sehr viel Aufwand betrieben, um sehr wenig zu erreichen. Das ursprüngliche Ziel des European Green Deal, nämlich unsere Welt ein wenig besser zu machen, indem CO2-Emissionen gesenkt und klimafreundliche Energieerzeugung gefördert werden, ist über die Jahre hinweg völlig aus dem Fokus geraten. In ihrer Regulierungswut haben die Brüsseler Bürokraten versucht, auch weltweite soziale Fragen, Diversität, Mitarbeiterschutz, Frauenrechte, Umweltstandards, Bildung, Wasserversorgung, Nahrungsmittelreinheit, faire Löhne, gute Unternehmensführung, Rechte von Minderheiten und vieles, vieles mehr in EU-Verordnungen zu fassen. 

Dies alles sind wichtige Themen. Gleichzeitig war das Vorhaben, alle Probleme dieser Welt konfliktfrei mit EU-Verordnungen lösen zu wollen, zum Scheitern verurteilt. Dazu kommt, dass die Überregulierung die eigene Wirtschaft ausbremst – und damit auch die Weiterentwicklung fortschrittlicher, umweltschonender Technologien. „Während die USA und China gezielt Investitionen in Zukunftstechnologien vorantreiben, kämpfen viele europäische Unternehmen mehr mit den Behörden als mit ihren Wettbewerbern“, sagt etwa Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom.

Immerhin: Unter dem Druck des Kulturwandels in den USA hat die EU nun die Reißleine gezogen. Der am vergangenen Mittwoch verkündete Clean Industrial Deal (CID) konzentriert sich wieder auf den Kern des European Green Deals: nämlich die Reduktion von Treibhausgasen, einen schnelleren Ausbau von sauberer Energie, die Reduktion der Abhängigkeiten von importierter, fossiler Energie und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von sauberen Technologien „Made in EU“. Dafür sollen die vorhandenen EU-Finanzierungsinstrumente wie etwa der Innovationsfonds sorgen. Auch die Verringerung der Abhängigkeit von der Einfuhr von kritischen Primärrohstoffen ist Teil der Initiative. Zudem sollen neue und veränderte Handelsabkommen zur Diversifizierung von Bezugsquellen geschlossen werden. Ein neuer Rechtsakt zur Förderung von Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft rundet das Ganze ab.

Alles in allem klingt das jetzt plötzlich sehr viel mehr nach durchdachter, zielgerichteter Industriepolitik. Einer Industriepolitik, die grüne Technologien als wirtschaftliches Wachstumsfeld begreift, auf dem sich Europa in den kommenden Jahren profilieren kann. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind große, allumfassende Themen, die weltweit immer wichtiger werden. Hier haben europäische Unternehmen jetzt die Chance auf Marktführerschaft. Wenn sie aus Brüssel Unterstützung erfahren, anstatt am Gängelband geführt und durch bürokratische Hürden ausgebremst zu werden. Das hat man in der EU-Kommission offensichtlich endlich erkannt.

Die EU-Kommission hat richtig gehandelt, Deutschland ist nun in der Pflicht

Die CSRD-Richtlinie wurde vereinfacht und so umgeschrieben, dass nur noch große Firmen sich damit beschäftigen müssen. Und der Start der Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD), die auf dem in Deutschland entwickelten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beruht, soll um zwei Jahre verschoben werden. Zudem wurde die Richtlinie deutlich eingedampft. Unternehmen sollen in Zukunft nicht mehr über alle Zulieferer in ihren Lieferketten Zeugnis ablegen, sondern nur noch über die erste Ebene. Das ist zumindest für Europa eine gute Nachricht. In Deutschland sieht es etwas anders aus. Hier gilt das LkSG in voller Ausprägung mit all seinen Implikationen bereits seit dem Jahr 2023. Die demnächst zu bildende Regierung in Berlin sollte sich schleunigst darüber Gedanken machen, ob es vielleicht Sinn machen könnte, das  komplexe Gesetz für die nächsten zwei Jahre auszusetzen. Oder es ganz zu streichen und dann als CSDDD ohne deutsche Extra-Locken zusammen mit den anderen EU-Ländern gemeinsam einzuführen. Wenn es dazu noch kommt. Es gibt Überlegungen, die völlig überfrachtete Richtlinie ganz über Bord zu werfen. Nationale Alleingänge sollte sich in diesen Zeiten jedenfalls niemand mehr leisten. Wenn man eine Lehre aus den vergangenen Wochen ziehen kann, dann diese: Europa sollte zusammenstehen und an einem Strang ziehen. Es wäre besser für Alle.

Interessante Termine in den kommenden Tagen

Am Dienstag sollen in den USA die von Präsident Donald Trump angekündigten Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus Mexiko und Kanada in Kraft treten. Beiden Ländern waren bereits Strafzölle angedroht worden. Trump hatte jedoch noch 30 Tage Aufschub gewährt. Diese Frist wird am Dienstag enden. Die bisher ausgesetzten Strafzölle sollen also nun am 4. März in Kraft treten. Auf Waren aus China sollen dann ebenfalls zusätzliche Zölle in Höhe von 10 Prozent gelten.

Am Mittwoch überprüft die Deutsche Börse planmäßig die Zusammensetzung der DAX-Indexfamilie. Zum ersten Mal dabei sind zwei neue Mitglieder, die erst Mitte Februar gelauncht wurden: eine DAX Uncapped-Version sowie eine neue DAX 20%-Version. Die DAX 20%-Version richtet sich insbesondere an Investoren, die sich an der 20/35-Regel orientieren, wie sie in den Vorschriften für Index-abbildende UCITS-Fonds gilt. Der DAX als Blue-Chip Index unterliegt jedoch weiterhin den Kappungsregeln und wird auch weiterhin für entsprechend ausgerichtete Finanzprodukte maßgeblich sein.

Am Donnerstag entscheidet der BGH zur Vereinbarung eines Maklerlohns. Der konkrete Fall sieht so aus: Die Käufer eines Grundstücks mit Doppelhaushälfte klagen gegen eine von der Verkäuferin beauftragte Maklerin. Der im Exposé zunächst vorgesehene Kaufpreis war um den Maklerlohnanspruch von 25.000 Euro gesenkt worden. Die Käufer zahlten dafür einen Maklerlohn in gleicher Höhe. Die Verkäuferin zahlte keinen Maklerlohn. Gesetzlich ist die Person, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, jedoch zu einer Zahlung in mindestens gleicher Höhe wie die andere Partei verpflichtet. Die Kläger verlangen daher ihren gezahlten Beitrag vor Gericht zurück, das OLG Köln sprach ihnen aber nur die Rückzahlung der Hälfte der Zahlung zu. Die Begründung des OLG war folgende: Die Vereinbarung, mit der sich die Kläger gegenüber der Beklagten zur Zahlung des vollen Maklerlohns verpflichtet hätten, sei nur hinsichtlich des den hälftigen Betrag überschießenden Teils nichtig und bleibe im Übrigen wirksam. (Az. I ZR 138/24). Die Entscheidung des BGH dürfte für die Branche wegweisend sein. Sowohl diejenigen, die die Makler beauftragen, als auch in vielen Fällen die Makler selbst, versuchen in der Praxis immer wieder trickreich, die komplette Courtage auf die jeweils andere Vertragspartei umzulegen.

Am Freitag veröffentlichen China, die Schweiz und Singapur jeweils die aktuelle Höhe ihrer Devisenreserven. Letzter Stand: China hatte zuletzt 3,2 Billionen US-Dollar vermeldet, die Schweiz 808 Milliarden und Singapur 363 Milliarden. Um diese Zahlen einzuordnen: China hat 1,3 Milliarden Einwohner, in der Schweiz leben rund neun Millionen Menschen und in Singapur rund sechs Millionen.

Diesen Beitrag teilen: