TiAM FundResearch blickt auf die vergangene Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: Die Neuberechnung der Grundsteuer sorgt für Ärger.
24.07.2023 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»
Nach und nach flattern Grundstückseigentümern in diesen Tagen und Wochen vom Finanzamt Bescheide ins Haus, in denen ihnen zwei Werte mitgeteilt werden: der Grundsteuerwert und der Grundsteuermessbetrag. Der eine oder andere Immobilieneigentümer mag vielleicht den Grundsteuermessbetrag lesen und denken: Och, das ist ja nicht so viel. Abhaken, abheften, abwarten. Die Auswirkungen der Grundsteuerreform sind ja gar nicht so schlimm für mich. Doch Vorsicht: Der Messbetrag ist nicht die zu zahlende Steuer, sondern nur ein Faktor in der Rechnung, die auf kommunaler Ebene für die Ermittlung der zu zahlenden Grundsteuer herangezogen wird. Was tatsächlich am Ende auf Grundstückseigentümer an Steuerzahlungen zukommt, können diese bisher nur erahnen. Hilfreich kann ein Blick auf die jeweiligen Steuerinformationsseiten der Kommunen sein, auf denen diese ihre derzeitigen Hebesätze veröffentlichen. Denn der Messbetrag wird mit dem jeweiligen Hebesatz multipliziert. Ob der aktuelle Hebesatz einer Kommune allerdings auch in zwei Jahren, wenn die Grundsteuerreform vollends greift, so hoch oder niedrig bleiben wird, wie er heute ist, ist reine Spekulation. Die Kommunen haben völlige Handlungsfreiheit bei der Gestaltung der Hebesätze. Und es würde überraschen, wenn die Städte und Gemeinden die Gelegenheit der Grundsteuerreform nicht ergreifen würden, um ihre Haushalte zu sanieren.
Dass die Grundsteuerreform für die Bürger teuer wird, ist ein offenes Geheimnis. Öffentliche Haushalte sind immer klamm. Und wenn es eine bequeme Möglichkeit gibt, die Bürger abzukassieren, wird dies gemacht. Es war niemals anders. Gerade beim Thema Immobilien. Das weiß jeder, der schon irgendwann einmal mit einer Behörde zu tun hatte und irgendwelche Belege, Auskünfte, Nachweise oder Genehmigungen brauchte. Für jeden Stempel, jedes Dokument, jede Auskunft und jede Kopie wird eine Extragebühr erhoben. Zuweilen fragt man sich, wofür die Angestellten im Öffentlichen Dienst eigentlich ein Gehalt bekommen. Fürs Herumsitzen? Und wenn sie etwas für die Rat- und Hilfesuchenden aus ihrer Stadt, die zu ihnen kommen, tun müssen, wird deshalb ein Aufschlag verlangt?
Zurück zum Thema Grundsteuerreform: Laut einer aktuellen Umfrage in den Finanzministerien der Länder haben in den vergangenen Wochen bundesweit rund zehn Prozent der Grundstückseigentümer Einspruch gegen ihre Steuerbescheide eingelegt. Sachsen vermeldet die höchste Einspruchsquote von 29 Prozent. In Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wehrt sich rund jeder fünfte Eigentümer. In Summe sind es knapp drei Millionen Einsprüche.
Die Eigentümer folgen damit Empfehlungen von Steuerexperten wie etwa Professor Gregor Kirchhof. Der Verfassungsrechtler hatte schon im Dezember 2022 dazu geraten, in Baden-Württemberg und den elf Ländern, die das Bundesmodell nutzen, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Nur dann hätte man die Chance, dass das Finanzamt den Bescheid teilweise oder komplett korrigiert – aus welchen konkreten Gründen auch immer. Ein Grund könnte eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde sein.
Es gibt aber auch andere Stimmen. Hartmut Schwab, der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, zum Beispiel. Er sagt, die allermeisten Bürger könnten sich einen Einspruch sparen. „Ich verspreche mir davon gar nichts, außer Papierkrieg“, wird Schwab in der Tageszeitung Die Welt zitiert. Ein Einspruch sei nur sinnvoll, wenn die Berechnung offensichtlich fehlerhaft sei.
Hoffnung dürfen sich immerhin Grundstücksbesitzer in Baden-Württemberg machen. Dort haben der Bund der Steuerzahler und mehrere Verbände gemeinsam mit Eigentümern gegen einen Bescheid über den Grundsteuerwert geklagt. Ein Grund ist die nicht nachvollziehbare Berechnung des Bodenrichtwerts. Denn im Häuslebauer-Bundesland ist der Grundsteuerwert jedes gleich großen Grundstückes einer Gemeinde identisch – ganz egal, ob auf dem Grundstück ein kleines Einfamilienhaus, eine Villa, oder ein Hochhaus steht. Die Chance, dass die Verbände mit ihrer Klage, diese Praxis zu korrigieren, Erfolg haben, ist zumindest nicht unwahrscheinlich. Deshalb sollten Grundstückseigentümer in Baden-Württemberg mit Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert einlegen. Das kann sich lohnen.
Allen anderen bleibt eigentlich nur die Hoffnung, dass die jeweilige Gemeinde, in der sie leben, bürgerfreundlich ist und ihren Hebesatz senkt, damit die Steuerbelastung für die Betroffenen nicht steigt. Für alle, die daran fest daran glauben und alle, die noch immer vor dem Nikolausfest ihre Stiefel vor die Tür stellen: Die Lottozahlen für den kommenden Samstag lauten 5, 12, 17, 23, 35, 42 mit Superzahl 7. Viel Glück.
Am Dienstag veröffentlicht das ifo Institut für Wirtschaftsforschung den aktuellen Ifo-Geschäftsklimaindex sowie die ifo Geschäftsaussichten. Die Indizes basieren auf monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Bauhauptgewerbes, des Groß- und des Einzelhandels. Die circa 7.000 Unternehmen beurteilen für den Geschäftsklimaindex ihre gegenwärtige Geschäftslage und ihre kurzfristigen Erwartungen. Für die Geschäftsaussichten geht die Perspektive über die nächsten sechs Monate hinaus. Zuletzt ergaben die Zahlen einen Mix aus aktueller Skepsis und langfristigem Optimismus. Am Dienstag wird sich zeigen, ob der Trend sich verfestigt.
Am Mittwoch entscheidet die US-Notenbank Fed über den weiteren Kurs ihrer Geldpolitik inklusive der Höhe des Leitzinses. Die Beschlüsse des Zentralbankrats für die weltgrößte Volkswirtschaft werden um 20 Uhr MEZ bekanntgegeben. Notenbankchef Jerome Powell stellt sich ab 20:30 Uhr MEZ den Fragen der Journalisten.
Am Donnerstag folgt der EZB-Rat mit seiner Zinsentscheidung. Die Bekanntgabe erfolgt um 14:15 Uhr. Um 14:45 Uhr stellt sich Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde den Fragen der Journalisten.
Am Freitag gibt das Statistische Bundesamt seine erste Schätzung zur Entwicklung der Inflationsrate im Juli 2023 bekannt. Jede Zahl unter sechs Prozent wird gerne genommen, damit die EZB bei ihrer nächsten Sitzung nicht noch auf dumme Gedanken kommt. Es bleibt spannend.
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