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Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

Die Krypto-Raubritter

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: die jüngsten Krypto-Raubzüge.

24.02.2025 | 10:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

In der vergangenen Woche hat der Krypto-Markt erneut seine verwundbare Seite gezeigt. Die in Dubai ansässige Krypto-Börse Bybit etwa ist Opfer des größten Krypto-Diebstahls aller Zeiten geworden. Die Hacker sollen insgesamt 401.346 Ether (ETH) gestohlen haben. Das entspricht rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Die Spuren der Täter führen nach Nordkorea. Diktator Kim Jong Un darf sich also wohl bald über eine neue Rolex und einen Ferrari freuen. Mindestens.

Auch in Südamerika sind einige mächtige Leute reicher geworden. 251 Millionen US-Dollar haben Anleger in der vergangenen Woche innerhalb von nur zwei Stunden verloren. Gewinner waren die Programmierer der Kryptowährung $LIBRA – eines sogenannten Meme-Coins – sowie einige wenige Anleger, die Gewinne in Höhe von insgesamt 180 Millionen US-Dollar realisiert haben. Zwei Konten haben demnach sogar innerhalb von nur 43 Minuten 5,4 Millionen US-Dollar eingenommen. Man sehe „greifbare Beweise“ dafür, dass eine Gruppe von Insidern einseitig die Masse ausgenutzt habe, geht aus einer Analyse von Nansen Research hervor. Die Agentur hat den Handelsverlauf im Nachhinein detailliert rekonstruiert.

Zum Hintergrund: Meme-Coins nennt man Kryptowährungen, die ausschließlich dem Zweck dienen, ihre Erschaffer reich zu machen. Das Prinzip, nach dem solche als „rug pull“ bezeichneten Abzock-Währungen funktionieren, ist immer gleich: Die Programmierer und eine kleine Gruppe von Eingeweihten laden sich ihre Wallets (so nennt man virtuelle Portemonnaies) mit den betreffenden Coins voll. Dann wird die Kryptowährung in den sozialen Medien als das nächste große Ding gefeiert. Die Kurse steigen. Die Erst-Investoren machen sich mit dem Verkauf ihrer Anteile die Taschen voll. In der Folge bricht die Nachfrage ein. Die Gewinner haben aus ein paar billigen Programmierzeilen viel Kapital gemacht. Verlierer sind vor allem diejenigen, die zu spät eingestiegen sind und nicht rechtzeitig wieder verkauft haben. Sie haben im schlimmsten Fall viele Tausende US-Dollar investiert und sitzen am Ende auf einem virtuellen Taschengeld. So lief das auch mit $LIBRA ab.

Es ist keine neue Betrugsmasche. Als es noch keine Kryptowährungen gab, waren es Briefkastenunternehmen, die als AG zum Beispiel im schweizerischen Zug im Schnellverfahren gegründet wurden. Börsenbriefe bewarben die Aktien der Scheinfirmen. Die Kurse stiegen explosionsartig an, bis die Gründer der Unternehmen ihre Aktien teuer verkauft hatten und die Kurse wieder in sich zusammenfielen. Im Rückblick mutet das fast putzig an. Heute braucht es keine Börsenbriefe mehr. Fake-News-Schleudern wie X (vormalig Twitter) machen es Betrügern heute leicht, Millionen von Anlegern zu erreichen. Es finden sich immer ausreichend viele Opfer, die auf den Schwindel hereinfallen.

Neu an Fällen wie in Dubai (klassischer Diebstahl) oder bei $LIBRA (Kettenbrief-Klau) ist, dass nun auch Staatsoberhäupter mitspielen. In Falle von $LIBRA hat sogar ein einziger Post auf X ausgereicht, um die Lawine loszutreten. Der Absender: der argentinische Staatspräsident Javier Milei, der den $LIBRA-Coin bereits 23 Minuten nach dessen Erschaffung (!) als eine Münze bewarb, die seiner Aussage nach darauf abzielte, „das Wirtschaftswachstum durch die Finanzierung kleiner Unternehmen und Start-ups zu fördern“. Mileis Nachricht hatte ausgereicht, um Anleger massenhaft in die Kryptowährung zu treiben. 43 Minuten nach dem Launch der Kryptowährung war ihr Höhenflug bereits vorbei. Der Kurs brach ein, als immer deutlicher wurde, dass nur sehr wenige Accounts an der kurzzeitigen Wertsteigerung verdient hatten. Kurze Zeit später löschte der argentinische Präsident seine Nachricht mit der Kaufempfehlung.

Argentinische Anwälte haben nun vor einem Strafgericht Klage wegen Betrugs gegen Javier Milei erhoben. Dieser streitet jede Verantwortung ab. Er habe von nichts gewusst. Und überhaupt, sagt er: „Diejenigen, die dort freiwillig eintraten, wussten, worauf sie sich einließen.“ Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Immerhin, Javier Milei bemüht sich, den Schein zu wahren. Er hat jetzt sogar selbst die Antikorruptionsbehörde OA eingeschaltet, „um zu untersuchen, ob ein Mitglied der Regierung einschließlich des Präsidenten missbräuchlich gehandelt hat“. Auf X erklärte er, er habe die Details des Projekts nicht gekannt und „offensichtlich keine Verbindung“ dazu gehabt.

Welch Aufwand! Da machen es sich andere leichter. Donald Trump zum Beispiel hat gleich eine eigene Kryptowährung an den Start gebracht. Der Kurs seines Meme-Coins $TRUMP stieg nach dem Launch drei Tage vor seiner Amtseinführung als US-Präsident innerhalb kurzer Zeit auf über 75 US-Dollar. Aktuell wird ein TRUMP-Coin für rund 16 US-Dollar gehandelt. Wie eine von der New York Times beauftragte Chainanalysis-Untersuchung zeigt, fuhren Privatanleger immense Verluste ein. Über 800.000 Kryptowallets haben demnach insgesamt zwei Milliarden US-Dollar verloren. US-Präsident Trump und mit dessen Familie und Organisationen verbundene Firmen, denen 80 Prozent an dem Token gehören sollen, haben dagegen rund 100 Millionen Dollar allein an Transaktionsgebühren kassiert.

Auch Tech-Milliardär Elon Musk hat sich bereits mit einer Kryptowährung die Taschen vollgemacht. Er bewarb vor seinem Amtsantritt als Trumps Behörden-Aufräumer die Krypto-Spaßwährung DOGE-Coin, deren technische Entwicklung er wohl mitfinanziert hat, wie man munkelt. Dass seine Behörde, die derzeit Tausende Mitarbeiter staatlicher US-Behörden auf die Straße setzt, ausgerechnet den Namenskürzel DOGE trägt, ist vermutlich kein Zufall.

Fazit: Betrüger und Straßenräuber gab es schon immer. Bemerkenswert ist, dass sie neuerdings bei hellstem Tageslicht aus höchsten Ämtern heraus agieren.

Interessante Termine in den kommenden Tagen

Am Dienstag lädt die Deutsche Bundesbank in Frankfurt zur Pressekonferenz ein. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel und Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer stellen ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2024 vor. Vielleicht präsentieren sie ja auch ihre neuen Bundesbank-Coins $MAURER und $NAGEL. Kleiner Scherz. Obwohl. Wenn sogar US-Präsidenten so etwas dürfen…

Am Mittwoch will die EU-Kommission verschiedene Pläne zur Unterstützung von Europas Wirtschaft vorlegen. So soll unter anderem der sogenannte Clean Industrial Deal präsentiert werden, mit dem die Industrie beim Übergang zum klimafreundlichen Wirtschaften unterstützt werden soll. Weiterhin soll das sogenannte „Omnibus Package“ vorgelegt werden, mit dem etwa Berichtspflichten von Unternehmen reduziert werden sollen. Darüber hinaus soll ein Aktionsplan für niedrigere Energiepreise in der Staatengemeinschaft sorgen. Es scheint so, als ob man sich in Brüssel tatsächlich Gedanken darüber macht, was man in der Wirtschaftspolitik besser machen könnte.

Am Donnerstag stellt der Generalanwalt vor dem EuGH in Luxemburg seine Schlussanträge zu Massenentlassungen. Hintergrund: Im Rahmen von Massenentlassungen ausgesprochene Kündigungen sind nach bisheriger Rechtsprechung in Deutschland unwirksam, wenn der Arbeitgeber diese nicht vorher bei der Agentur für Arbeit angezeigt hat. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts möchte seine Rechtsprechung ändern und hat deshalb den Zweiten Senat des Gerichts gebeten, dem zu folgen. Der Zweite Senat hat vor einer Entscheidung aber zunächst dem EuGH einige Fragen zur Richtlinie über Massenentlassungen vorgelegt.

Am Freitag werden die aktuellen Ergebnisse der Baker Hughes Plattform Zählung veröffentlicht. Die Studie ist einer der wichtigsten Konjunkturbarometer für die US-Bohrindustrie und deren Zulieferer. Aktive Bohrgeräte benötigen Produkte und Dienstleistungen der Ölindustrie. Damit handelt es sich um einen Frühindikator für die Nachfrage nach Produkten zum Bohren und der Verarbeitung von Kohlenwasserstoffen. Das Ergebnis bezieht sich ausschließlich auf Öl-Plattformen. Seit der Schlachtruf „Drill, Baby, Drill!“ in den USA lauter erklingt, dürfte der Zählung in den kommenden Monaten und Jahren vermutlich wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil werden.

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