TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: Kanzler Merz will Waffenlieferungen nach Israel einschränken. Das wird gar nicht so einfach.
18.08.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Bundeskanzler Friedrich Merz hat in der vergangenen Woche öffentlich erklärt, die Waffenexporte nach Israel teilweise zu stoppen. Also wenigstens ein bisschen. Jedenfalls sollen keine Waffen mehr geliefert werden, die im Gaza-Streifen eingesetzt werden könnten. Das kann man politisch so oder so bewerten und soll nicht Gegenstand dieser Kolumne sein. Es würde den Rahmen dieses kleinen Textes sprengen. Eingeordnet werden können hier jedoch die praktischen und industriepolitischen Aspekte von Merz´ öffentlicher Einlassung.
Fangen wir mit dem einfachen Teil an: Praktisch ist eine „teilweise“ Einschränkung der Waffenexporte völliger Humbug. Schließlich könnten auch Küchenmesser als Waffen dienen. Wo will Friedrich Merz da die Grenze ziehen?
Kommen wir zum industriepolitischen Teil: Hier ist die Sache noch heikler. Denn deutsche und israelische Rüstungsunternehmen sind wirtschaftlich eng miteinander verwoben. Um nur einige Beispiele zu nennen: Die deutschen Firmen Rheinmetall, Diehl und KNDS kooperieren mit den israelischen Unternehmen Elbit und Rafael bei der Herstellung von Artillerie und Panzerabwehrwaffen. FFG, Hensoldt, Renk und Vincorion beliefern ihre Kunden aus der Rüstungsindustrie mit Komponenten, die sie in Zusammenarbeit mit ELTA herstellen. ELTA wiederum ist ein Tochterunternehmen der Israel Aerospace Industries (IAI), die mit dem deutschen Waffenhersteller MBDA zusammen Waffen zur Luftverteidigung entwickelt und produziert. Abnehmer all der vielen Produkte, die in israelisch-deutscher Kooperation hergestellt werden, sind sowohl Israel als auch Deutschland. Unter anderem. Der Kundenkreis beschränkt sich natürlich nicht auf diese beiden Länder. Der Markt ist groß und international. Und Rüstungsgüter sind gerade sehr gefragt. Man muss sich nur die Börsenkurse einschlägiger Produzenten ansehen, um die Dimensionen zu erahnen.
Und da stellt sich schon die Frage: Wo will der Kanzler den Rotstift ansetzen? Und wie will er das Ganze kontrollieren? Wie erklärt er Rheinmetall-Boss Armin Papperger, der gerade in Niedersachen und Nordrheinwestfalen neue Werke bauen lässt, dass er ihm nun Lieferbeschränkungen auferlegen will? Wohlgemerkt für Aufträge, die die Bundesregierung noch zuvor genehmigt hatte. Wie erklärt Papperger dies seinen israelischen Partnern? Und welche Auswirkungen hat das auf die Lieferungen an die Bundeswehr? Was bedeutet des Kanzlers Aussage für Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS)? Der U-Boot-Bauer, mit Israel bisher gut im Geschäft, soll demnächst an die Börse gebracht werden. Schlechte Nachrichten sind da nicht gerade förderlich – zumal die Thyssen-Krupp-Tochter just in der vergangenen Woche bei einem großen Auftrag, der Lieferung von elf neuen Fregatten für die australische Marine, vom japanischen Konkurrenten Mitsubishi Heavy Industries (MHI) ausgestochen wurde. Auch in den Vorstandsetagen von Hensoldt, Renk und Vincorion dürfte man nicht amüsiert über die neueste Volte des Kanzlers sein.
Und dann wäre da noch eine wichtige haushaltspolitische Frage, die in diesem Fall eng mit den betriebswirtschaftlichen Planungen der betroffenen Unternehmen zusammenhängt: Welchen Aufpreis wird das bundesdeutsche Verteidigungsministerium als Kunde den Lieferanten zahlen müssen, wenn diese ihre Kalkulationen aufgrund möglicher neuer Lieferbeschränkungen anpassen?
Dies alles sind Fragen, denen sich der Bundeskanzler derzeit stellen muss. Deutsche Waffenlieferungen für Israel sind eben nicht nur politisch oder moralisch ein sehr, sehr schwieriges Thema. Eine politische Forderung ist das eine. Die konkrete Umsetzung oft etwas völlig anderes.
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