Umbrüche in der Wirtschaft schaffen neue Chancen am Kapitalmarkt

Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group
Kapitalmärkte

Die Kapitalmärkte befinden sich in einer Phase tiefgreifender Umbrüche. Zu dieser Erkenntnis kommt Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group.

11.12.2025 | 09:44 Uhr

„Geopolitische Spannungen, Handelsbarrieren und eine fragmentiertere Weltordnung haben das Umfeld nachhaltig verändert“, so der Experte. Diese neue Realität zwinge Unternehmen dazu, ihre Lieferketten, Standorte und Investitionspläne grundlegend zu überdenken, während die Börsen zugleich erstaunlich robust bleiben würden.

Braun betont, dass es in einer solchen Gemengelage weniger auf große Makro-Wetten ankomme, als auf die Fähigkeit, jene Unternehmen zu finden, die sich an das neue Regelwerk anpassen und daraus sogar Vorteile ziehen könnten. „Wir stehen vor einem langfristigen Investitionszyklus“, so Braun. „Getrieben von Industriepolitik, Automatisierung und der Stärke multinationaler Konzerne.“

Industriepolitik und Rohstoffe: Signale für einen Investitionszyklus
Als erste Anlagechance hebt Braun die neue Industriepolitik in vielen Regionen hervor, allen voran in den USA, Europa und ausgewählten Schwellenländern. „Regierungen investieren massiv in Energieinfrastruktur, Verteidigung, Digitalisierung und den Umbau von Lieferketten“, betont Braun. Programme zur Förderung von Halbleitern, kritischen Rohstoffen und grüner Infrastruktur gäben Unternehmen klare Investitionsanreize.

Besonders im Rohstoffbereich beobachtet Braun eine angespannte Situation: knappe Kapazitäten, lange Projektlaufzeiten und regulatorische Unsicherheit träfen auf wachsende Nachfrage durch Energiewende und Verteidigung. Bereits moderate Nachfrageimpulse könnten laut Braun deutliche Preissprünge auslösen. Das schaffe Chancen für ausgewählte Unternehmen in den Bereichen Metalle, Energie und Infrastruktur, die von steigenden Investitionen in physische Assets profitieren könnten.

Automatisierung: Antwort auf Fachkräftemangel und Protektionismus
Als zweites Thema nennt Braun den strukturellen Rückenwind für Automatisierung und Robotik. Höhere Löhne, Fachkräftemangel, Reshoring und eine restriktivere Handelspolitik hätten dazu gefürt, dass Unternehmen ihre Produktionsprozesse neu aufstellen würden. Anstatt Arbeitskosten über globale Lieferketten zu drücken, würden sie vermehrt nach Produktivitätsgewinnen durch Technologie suchen.

„Wir sehen enorme Fortschritte in Sachen Robotik, Sensorik und künstlicher Intelligenz“ erklärt Braun. Davon könnten etwa spezialisierte Anbieter von Automatisierungstechnik, Fabrikausrüstung, Software und Halbleitern profitieren. KI sei dabei kein isolierter Hype, sondern ein Enabler für eine „neue Welle industrieller Effizienz“, so Braun.

Multinationale Konzerne: Flexibilität ist Trumpf
Als dritte strukturelle Chance sieht Braun global aufgestellte Konzerne. In einer fragmentierten Welt mit unterschiedlichen Regimen und Handelsblöcken seien jene Unternehmen im Vorteil, die Produktionsstandorte flexibel verlagern, regulatorische Vorgaben ausbalancieren und ihre Lieferketten diversifizieren könnten.

„Gerade multinationale Marktführer in Sektoren wie Industrie, Technologie, Gesundheit oder Konsumgüter haben die nötige Größe und Erfahrung, um Produktionsnetzwerke neu zu konfigurieren“, betont der Experte. „Multinationale Unternehmen werden oft als Verlierer der Deglobalisierung gesehen, doch ihre Fähigkeit zur Anpassung kann sich als entscheidender Wettbewerbsvorteil erweisen.“

Fazit
Vor diesem Hintergrund seien breit diversifizierte, aktiv gemanagte Aktienportfolios, die Regionen, Sektoren und Anlagestile flexibel verbinden, aktuell im Vorteil. „Starre Indexallokationen mit starker US- oder Tech-Konzentration sind in dieser Welt zunehmend riskant“, resümiert Braun. Entscheidend sei eine sorgfältige Einzeltitelauswahl entlang der beschriebenen strukturellen Trends.

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