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Versicherungsmathematiker Kleinlein: „Private Rente rechnet sich oft nur für Hundertjährige“

Foto: Axel Kleinlein, math concepts, Berlin
Private Finanzen

Die Aufsichtsbehörde BaFin und die EU machen deutschen Lebensversicherer Druck wegen überhöhten Kosten und unrentabler Altersvorsorgeprodukte. Versicherungsmathematiker (Aktuar) Axel Kleinlein, wirft der BaFin vor, für die Rentner unfair kalkulierte Rentenpolicen zu übersehen.

14.07.2023 | 12:30 Uhr von «Uli Lohrer»

Herr Kleinlein, als Versicherungsmathematiker und ehemaliger Vorstandsprecher des Bunds der Versicherten (BdV) analysieren Sie seit Jahren aus Verbrauchersicht das Reglement der Lebensversicherer. Die Aufsichtsbehörde BaFin hat im Frühjahr mit einem „Merkblatt“ die Vorgaben für kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte neu definiert. Darin wird für diese eine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hohe Rendite über einer begründeten Inflation verlangt und eine stärkere Prüfung von Lebensversicherern mit überhöhten Abschlusskosten angekündigt. Was halten Sie davon?

Axel Kleinlein: Dies ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Das Ziel ist für die Anleger eine Rendite von mindestens zwei Prozent zu erreichen, um einen Ausgleich für die Inflation zu bekommen. Sehr viele Produkte der kapitalbildenden Lebensversicherung erreichen diese Rendite aber nicht. Die BaFin kann zwar nicht Produkte, die diese Anforderungen nicht erfüllen, die Zulassung verweigern, weil sie die Befugnis dazu nicht hat. Sie kann aber immerhin auf die Lebensversicherungsgesellschaften einwirken, dass sie solche unrentablen neuen Produkte wieder vom Markt nehmen. Die Lebensversicherer werden deshalb voraussichtlich solche überteuerten Policen zukünftig gar nicht mehr anbieten. Die Vorgaben des Merkblatts gelten aber nicht für die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge, die beispielsweise aufgrund hoher Kosten das zwei Prozent Ziel nicht erreichen.

Mit der Kleinanlegerschutz-Strategie hat die EU für neue Finanzprodukte Maßnahmen zur Kostenreduzierung vorgeschlagen. Könnte dies die kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukte rentabler machen?

Die Retail Investment Strategy setzt die Branche unter Druck. Die EU Finanzkommissarin Mairead McGuiness vermittelt nicht den Eindruck, dass sie sich vor der mächtigen Lobby der Finanz- und Altersvorsorgeanbieter abschrecken ließe. Vor allem würde das für bestimmte Bereiche vorgesehene Provisionsverbot die Anleger deutlich von Kosten entlasten.

Sie haben die BaFin kritisiert, dass sie in ihrem Merkblatt für Rentenversicherungsprodukte keine klaren Regeln gegen den Wildwuchs zu geringer Renten aufgestellt hat.

Der im Herbst vergangenen Jahres von der BaFin veröffentlichte Entwurf des Merkblatts erwähnte die Rentenphase der Lebensversicherungsprodukte noch nicht einmal. Die Behörde kündigte damals an, die Stellungnahmen der Lobbyverbände und der Experten zu ihrem Entwurf zu veröffentlichen, wie etwa auch meine Stellungnahme. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Es kann daher nicht nachvollzogen werden, welcher Lobbyverband sich mit seiner Stellungnahme besonders gut durchsetzen konnte. In dem dann im April veröffentlichten eigentlichen Merkblatt wurde die Verrentung zwar immerhin erwähnt, aber dafür keine konkreten Regeln genannt. Die Bafin interessiert sich anscheinend nicht wirklich dafür, wie fair oder unfair die Versicherungsunternehmen die Rente für die Kunden bemessen.

Erhalten die Versicherten für ihr eingezahltes Kapital keine faire Rente?

Die Versicherten einer privaten Rente erhalten sehr schlechte Verrentungskonditionen. Die Lebensversicherungsgesellschaften kalkulieren mit Sterbetafeln, aus denen sich unrealistisch hohe Lebenserwartungen ergeben. Zudem behalten die Versicherer zu ihren Gunsten noch einen hohen Sicherheitszuschlag ein und machen ihre Berechnungen nicht transparent. Oft müssen die Versicherten deshalb mehr als hundert Jahre alt werden, um über die Rente zumindest das eingesetzte Geld inflationsbereinigt wieder herauszubekommen.

Wäre die private Rente für den Ruhestand geeignetes, wenn mit realistischeren Lebenserwartungen kalkuliert würde?

Die private Rentenversicherung wäre dann auch für die Versicherten, die durchschnittlich lange leben, nicht rentabel. Denn auch die Anlage ist für die Versicherten nicht transparent. Die Überschüsse der Anlagen werden in verschiedene Töpfe verschoben. Auch sind die Kosten häufig sehr hoch. Die Versicherten bekommen deshalb hohe Anteile der Erträge gar nicht ausbezahlt.

Dabei verweisen deutsche Lebensversicherer gerne auf das Langlebigkeitsrisiko und ihr Alleinstellungsmerkmal, dieses Risiko mit ihren Rentenversicherungen abzudecken. Wenn die Konditionen für die Versicherten so schlecht sind, ist es dann überhaupt sinnvoll sich für eine private Rente zu entscheiden?

Für die weit größte Mehrheit der Versicherten offenbar nicht. Abgesehen von den Riester- und Rentenversicherungen, für die die Verrentung die Voraussetzung für die Zulage oder die Steuervorteile während der Einzahlungsphase ist, entscheiden sich knapp 95 Prozent der Versicherten von aufgeschobenen Rentenversicherungen letztlich gegen eine Verrentung. Entweder lösen sie den Vertrag bereits in der Ansparzeit auf oder sie entscheiden sich statt für eine Rente über das Kapitalwahlrecht für eine einmalige Auszahlung der Ablaufleistung.

Welche Alternativen zur Rente haben Ruheständler zu ihrem gesparten Kapital?

Das hängt sehr von der jeweiligen Lebenssituation, den sonstigen Alterseinkünften und ihrem Gesundheitszustand ab. Wer beispielsweise in der eigenen Immobilie wohnt, verwendet das Kapital unter Umständen besser für die Tilgung einer eventuellen Restschuld oder für eine notwendige Sanierung der Immobilie. Auch können andere Alterseinkünfte, wie die gesetzliche oder eine betriebliche Rente, zur Deckung der Ausgaben bereits ausreichen. Dann ist aus dem zusätzlich gesparten Kapital auch kein konstanter Geldfluss erforderlich. Andernfalls kann die laufende Auszahlung durch Kapitalverzehr über einen Auszahlplan oder – bei einem ausreichend hohen Kapital – auch durch die Ausschüttung laufenden Erträge erfolgen.

Wer sich für einen Auszahlplan entscheidet, muss dafür eine Auszahlungsdauer festlegen. Welcher Zeitraum sollte ab Beginn des Ruhestands realistischerweise gewählt werden?

Einen guten Anhaltspunkt liefern die Sterbetafeln für Deutschland vom Statistischen Bundesamt. Daraus ergibt sich für die Jahrgänge 1920 bis 2020 jeweils für Frauen und Männer für jedes Alter die durchschnittliche Lebenserwartung. Ein 1958 geborener Mann, der dieses Jahr im Alter von 65 in den Ruhestand geht, hat beispielsweise eine durchschnittliche Lebenserwartung von 19,39 Jahren, eine Frau mit entsprechendem Geburtsjahr und Alter eine durchschnittliche Lebenserwartung von 22,61 Jahren. Damit die Auszahlung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichend lang erfolgt, sollten auf die durchschnittliche Lebenserwartung noch einige Jahre aufgeschlagen werden. Grob gesagt, leben Männer ab Rentenbeginn im Durchschnitt noch bis zum Alter Ende 80 und Frauen bis Anfang 90.

Herr Kleinlein, Danke für das Gespräch.

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