Capital Group: High-Yield-Anleihen - Investieren in allen Marktphasen

In diesem Interview spricht High-Yield-Portfoliomanagerin Shannon Ward über ihren Managementansatz für High-Yield-Strategien, die Bedeutung von High-Yield-Anlagen und gibt einen Ausblick für die Assetklasse

16.11.2017 | 13:34 Uhr

Beschreiben Sie einmal Ihren Managementansatz  für  High-Yield.

Wenn ich ein Portfolio konstruiere, denke ich in allererster Linie an verlässliche laufende Erträge. High-Yield-Anleihen haben hohe Coupons. Aber was, wenn der Emittent keinen Cashflow erzielt? Mir ist deshalb wichtig, dass die Emittenten ihre Anleihen unter allen Umständen bedienen können. Ob das gelingt, kann ich nur mit sorgfältigen Fundamentalanalysen herausfinden. Hier kommt unser sehr erfahrenes Researchteam ins Spiel. Ich nutze die Ideen unserer Analysten  und stelle daraus ein Portfolio zusammen, das mir unabhängig vom Marktumfeld stabil erscheint.

Wie gut arbeiten Sie und Ihr High-Yield-Kollege David Daigle zusammen?

Wir haben beide große Erfahrung im Management von High-Yield-Strategien. Gemeinsam haben wir viele Konjunkturzyklen und Marktentwicklungen erlebt.

Unsere Anlagestile passen gut zusammen. Beim High-Yield-Management gibt es nicht nur eine richtige Lösung. Die Capital Group gibt uns die Möglichkeit, in die Titel zu investieren, die uns wirklich überzeugen.

Glauben Sie, dass man am High-Yield- Markt immer interessante Papiere findet, unabhängig von der Konjunktur?

Ja, davon bin ich überzeugt. Wenn man die Jahre Revue passieren lässt, sieht man, dass es schlechte Phasen für die Assetklasse gab, etwa während der internationalen Finanzkrise. Einige Investoren glauben, dass jetzt wieder eine solche Phase bevorsteht, weil der Markt so lange so gut lief.

Erstens glaube ich, dass man schlecht abschätzen kann, ob sich der Markt dreht. Schon oft haben sich Investoren Sorgen um den High-Yield-Markt gemacht, etwa während des Taper Tantrums 2013, als erstmals von einer Rückführung der Anleihenkäufe der Fed die Rede war. Die Investoren fürchteten, dass die US-Notenbank ihre Geldpolitik straffen würde und dies der Assetklasse schaden könne, sodass sie verkauften. Dabei war es eigentlich eine gute Zeit zum Investieren. 2015, als die Ölpreise plötzlich einbrachen und sich die Investoren erneut Sorgen machten, war ebenfalls ein guter Einstiegszeitpunkt. Und wie ist es jetzt? Die Renditen sind recht niedrig, doch wer ein Jahr nicht investiert ist, würde noch immer auf 6% Rendite verzichten. Einen so hohen Couponertrag kann man anderswo kaum verdienen.

Zweitens kann man durch kluges Management Schwächephasen begrenzen. Gänzlich vermeiden kann man sie aber nicht, weil High Yield eine risikoreiche Assetklasse ist. Mit einem gut strukturierten Portfolio, das den für die Assetklasse typischen Risiken Rechnung trägt, kann man aber dann recht gut abschneiden.

Ich glaube deshalb, dass High Yield in keinem ausgewogenen Portfolio fehlen sollte. Manchmal kann es sinnvoll sein, mehr oder weniger hohe Kreditrisiken einzugehen, je nach Marktentwicklung. Am wichtigsten ist aus meiner Sicht aber, dass man investiert bleibt.

Investieren Sie eigentlich auch außerhalb der USA in High Yield?

Es gibt Zeiten, in denen neben traditionellen High-Yield-Anleihen auch andere Assetklassen interessant scheinen, etwa Senior Loans. Das sind variabel verzinsliche Loans von Unternehmen mit Ratings von B oder BB. Sie ähneln High-Yield-Anleihen sehr, doch gibt es auch wichtige Unterschiede. Ich befasse mich mit solchen Titeln, wenn ich glaube, dass das Umfeld günstig für sie ist. Und ich investiere auch in Anleihen außerhalb der USA, beispielsweise in Titel aus Europa.

Wie schätzen Sie die Fundamentaldaten am Markt zurzeit ein?

Zu Beginn meiner Analysen sehe ich mir immer die Fundamentaldaten der Unternehmen an. Sind ihre Umsätze und Cashflows stabil?

Zurzeit würde ich diese Frage mit ja beantworten. Die Zeiten für Unterneh- mensanleihen sind sehr gut. Viele Unternehmen erzielen hohe Cashflows, weil ihre Umsätze stabil sind oder wachsen – und das Gleiche für die Gewinnmargen gilt. Die Verschuldung ist meiner Ansicht nach unter Kontrolle. Für die derzeitige Phase des Kreditzyklus gibt es nicht viele Übertreibungen. Nur wenige Unternehmen sind zu hoch verschuldet, vermutlich, weil sie während der internationalen Finanzkrise ihre Lektion gelernt haben. Seitdem bemühen sich die Geschäftsleitungen, die Verschuldung unter Kontrolle zu halten, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Hinzu kommen die weltweit wirklich niedrigen Zinsen. Die Unternehmen profitieren von der lockeren Geldpolitik und können ihre Anleihen bedienen. Sie sind nur mäßig verschuldet, und der Schuldendienst fällt ihnen leicht.

Die Zeiten sind für High Yield also gut. Viele Unternehmen haben keinerlei Schwierigkeiten, was an vielen Stellen deutlich wird: Die Agenturen haben nur wenige Ratings gesenkt. Es gibt nicht viele Fallen Angels, also Unternehmen, die von Investmentgrade auf High Yield herabgestuft werden. Außerdem halten sich die Zahlungsausfälle in Grenzen. Mit etwa 2% oder noch weniger sind sie zurzeit sehr niedrig. Der Vergangenheitsdurchschnitt liegt bei 3–4%.

Wie schätzen Sie die Markttechnik ein, also das Angebot und die Nachfrage?

Auch die Markttechnik ist sehr gut. Es gibt ein recht geringes Angebot; es kommen also nur wenige völlig neue Emittenten an den Markt. Die meisten Unternehmen, die eine Anleihe begeben, sind entweder klein (sodass der Markt  die Anleihe gut aufnehmen kann) oder  sie emittieren zum wiederholten Male (etwa weil sie alte Anleihen refinanzieren), sodass das Nettoangebot nicht steigt.  Die Nachfrage nach Neuemissionen ist hingegen hoch. Noch immer fließt sehr viel Geld in die Assetklasse, dank ihrer stabilen Erträge und hohen Coupons.  Das stützt die Kurse.

Was erwarten Sie für die Erträge von High Yield?

Die Erträge könnten in nächster Zeit ähnlich sein wie in diesem Jahr. Allein  mit dem Coupon kann man etwa 6% verdienen, und so lange sich die Zahlungsausfälle in Grenzen halten, scheinen mir niedrige bis hohe einstellige Erträge auf Jahressicht realistisch. In jedem Portfolio gibt es einige Problemunternehmen, sodass ich auf große Einzelpositionen verzichte. Wenn beispielsweise ein Emittent überraschend schlechte Zahlen vorlegt und andere Emittenten dies nicht ausgleichen, könnte der Portfolioertrag auf etwa 5% fallen. Wenn man aber ein gutes Jahr hat und die Kurse einiger Anleihen, die man zu pari gekauft hat, auf 120 US-Dollar steigen, könnte der Ertrag 7–9% betragen. Viel mehr kann man kaum verdienen, außer in einer Erholungsphase nach einem sehr schlechten Jahr. Aber das ist zurzeit nicht der Fall. Das letzte Jahr war gut, und auch dieses Jahr scheint recht ordentlich. 

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