Capital Group: "Die Fed kann nicht alles steuern"

Tritt in der Geldpolitik auf die Bremse: Jerome Powell
FED

Abweichend vom ursprünglichen Plan erhöht die US-Notenbank die Zinsen vorerst nicht weiter. Drei Portfoliomanager von Capital Group sagen, was das für die Finanzmärkte bedeutet.

02.04.2019 | 16:21 Uhr

Alles bleibt wie gehabt: Die Federal Reserve (Fed) hat die Leitzinsen bei ihrer Sitzung im März zwischen 2,25 und 2,5 Prozent belassen. Auch zeigt sich Pragmatismus in Bezug auf die Bemühungen, die Fed-Bilanz zu reduzieren: Im Mai soll der Abbau der Aktiva beginnen und bis September abgeschlossen sein.

Entscheidend ist, dass die Schätzung der Fed hinsichtlich zukünftiger Zinserhöhungen – der genau beobachtete „Dot-Plot“ – dahingehend geändert wurde, dass er für 2019 keine Zinserhöhungen angibt. Vergangenen Dezember waren noch zwei Zinserhöhungen geplant. Die erhebliche Volatilität an den Aktienmärkten im vergangenen Jahr und eine geringere Inflation haben die US-Notenbank zu einem Kurswechsel veranlasst.

Bislang haben Anleger vorwiegend positiv auf die Ankündigungen der Fed reagiert. Was aber bedeutet die veränderte Strategie des Geldinstituts langfristig für Anleger? Nachfolgend geben drei Portfoliomanager der Capital Group ihre Perspektiven wieder.
„Die Fed kann nicht alles steuern“

„Die Entscheidung der US-Notenbank unterstreicht, wie sehr sich ihre Politik verändert hat. Seit der Marktvolatilität Ende 2018 hat die Fed einen vorsichtigeren Ton angeschlagen. Ende Januar fügte der Ausschuss für Geldpolitik das Wort ,geduldig‘ in seine Erklärung ein. Er deutete auch ein voraussichtliches Ende der quantitativen Straffung – die Bemühungen der Fed, die Höhe der Vermögenswerte in ihrer Bilanz zu verringern – noch in diesem Jahr an. Die Märkte nahmen diese Nachrichten dankbar an: Seit Ende Januar sind die Renditen gefallen, Aktien haben sich erholt und die Kredit-Spreads – ein Maß für die Prämie, die Anleger zum Eingehen von Kreditrisiken verlangen – haben sich erhöht. Dementsprechend ist die von den Optionsmärkten implizierte Zinsvolatilität auf historische Tiefststände gefallen. Unser Zins-Team ist der Ansicht, dass eine geänderte Weichenstellung der Fed zwar seit jeher der Hauptkatalysator für die Performance der Finanzmärkte ist, die Fed jedoch trotzdem nur beschränkten Einfluss hat. Die Zinssätze können und werden sich im Einklang mit den Veränderungen der Wirtschaft bewegen. Wenn beispielsweise die Inflation steigt, führt dies unabhängig von der Haltung der Fed zu einem steigenden Zinsumfeld. Wenn sich das globale oder inländische Wachstum verlangsamt, dürften die Zinssätze erheblich sinken. Obwohl wir der Meinung sind, dass die Wahrscheinlichkeiten dieser Ereignisse in angemessenen Anleihenrenditen eingepreist sind, glauben wir, dass die Volatilitätsmärkte die Wahrscheinlichkeit einer Verschärfung der Zinsschritte unterschätzen. Insgesamt hat die Fed eindeutig zur Ruhe auf den Märkten beigetragen, die wir dieses Jahr beobachten konnten. Die politischen und wirtschaftlichen Ergebnisse sind jedoch noch recht unsicher und Anleger sollten sich nicht in Selbstzufriedenheit wiegen.

Ritchie Tuazon, Portfoliomanager bei Capital Group

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„In Bezug auf Aktien defensiv bleiben“

„US-Aktien bleiben aus meiner Sicht langfristig attraktiv. Es gibt noch Raum für den Markt, insbesondere nachdem die US-Notenbank eine eher zurückhaltende Haltung eingenommen hat. Die jahrzehntelange wirtschaftliche Expansion der USA könnte sich auch eine Zeit lang fortsetzen, obwohl wir uns eindeutig in den späteren Phasen des Zyklus befinden. In jedem Fall sollten wir mit einer weiteren Volatilität rechnen, während sich die Anleger mit relativ hohen Bewertungen, globalen Handelsspannungen, bevorstehenden Wahlen und einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Europa und China auseinandersetzen. Wenn die US-Wirtschaft in einem solchen unsicheren Umfeld Anzeichen von Schwäche zeigt, möchte ich darauf vorbereitet sein. In Portfolios, in denen Ertrag und Kapitalerhaltung vorrangige Ziele sind, strebe ich nach Schutz vor Kursverlusten. Für mich bedeutet das: Unternehmen mit niedriger Verschuldung, stabilen Cashflows und nachhaltigen Dividenden gehören ins Portfolio. Ich brauche nicht unbedingt eine hohe Dividende, sondern eher eine, die selbst in einer Rezession kaum gekürzt wird. Dies ist eine Schlüsselkomponente für den Schutz vor Kursverlusten. Der Versorgungssektor ist ein gutes Investment-Ziel. Unternehmen wie American Electric Power mit langfristigen Verträgen und einer stabilen Zinsbasis halten sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten relativ gut. Discount-Einzelhändler wie Costco bieten auch solide, defensive Strategien. Um diese Unternehmen zu finden, sind Fundamentalanalysen nötig.“

Joyce Gordon, Portfoliomanagerin bei Capital Group

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„Die Pause ist gut für Schwellenländer“

„Die Märkte haben die Auswirkungen eines Zinsstillstands der US-Notenbank auf die Bewertung von Vermögenswerten aus Schwellenmärkten bereits weitgehend eingepreist. Die eher vorsichtige Haltung der Fed dürfte daher keinen positiven Einfluss haben. Nur wenn sich die konjunkturelle Entwicklung verstetigt, Handelsregelungen gelockert und geopolitische Spannungen abgebaut werden, wachsen Schwellenländer weiter. Die inländische Wirtschaftspolitik und die Fundamentaldaten für Staatsanleihen dürften dort jedoch mittelfristig wichtigere Faktoren für die Rendite sein als die Politik der Fed. In den vergangenen Jahren hatte die Geldpolitik der USA oft starken Einfluss auf die Schwellenmärkte. Viele Entwicklungsländer waren auf die Finanzierung durch die Developed Markets angewiesen. Wenn die Zinssätze stiegen, erhöhten sich auch die Finanzierungskosten der Schwellenländer, was ihre Geschäftstätigkeit behinderte. Die heutigen Schwellenmärkte sind weniger abhängig von externen Kapitalmärkten und verfügen über vielfältigere Finanzierungsquellen. Insbesondere sind ihre lokalen Märkte weiter entwickelt und tragen häufig einen erheblichen Teil zum Finanzierungsbedarf bei.“

Rob Neithart, Portfoliomanager bei Capital Group


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