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Hüfner: Verdeckter Krisenherd in der EU

Europa
Verdeckter Krisenherd in der EU
04/2018
Martin Hüfner
Assenagon (Website)

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Niemand nimmt hierzulande die Posse um den katalanischen Separatistenführer Puigdemont so richtig ernst. Dabei verbirgt sich dahinter ein ernstes Problem.

18.04.2018 | 13:52 Uhr




  • Der Konflikt um den katalanischen Separatistenführer ist nicht nur eine spanische Angelegenheit. Er zeigt eine Schwachstelle in der politischen Struktur der EU.
  • Auf lange Sicht werden die Regionen in Europa mehr Aufgaben übernehmen müssen und die Nationalstaaten weniger.
  • Katalonien hat die Finanzmärkte bisher nicht stärker belastet. Das muss bei künftigen Krisen, die zu erwarten sind, nicht so bleiben.

 

Eigentlich könnte man den Katalonien-Konflikt als eine spanische Provinzposse abtun. Da lehnt sich eine Region gegen die Zentralregierung auf. Die Administration in Madrid lässt Polizei aufmarschieren, nimmt die Separatistenführer fest und bedroht sie mit langen Haftstrafen. Der frühere Präsident Carles Puigdemont flieht ins Ausland und wird dort vom Geheimdienst verfolgt. Jeder hat das gelesen. Die Finanzmärkte haben aber darauf kaum reagiert (siehe Grafik). Es gab offenbar Wichtigeres. 

FINANZMÄRKTE GELASSEN

DAX und IBEX  


Quelle: Arriva.de

Aber ist es wirklich richtig, das so beiseite zu schieben? Immerhin ist es das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass so etwas in der EU passiert. Zuerst waren es die Schotten. Da ging es noch friedlicher zu. Jetzt sind es die Katalanen. In der EU gibt es aber noch viele Staaten mit mehr oder weniger selbstbewussten Regionen. In Spanien sind es neben den Katalanen die Basken, in Belgien die Flamen und die Wallonen, in Großbritannien neben Schottland auch Wales, in Frankreich die Bretagne, in Italien Südtirol etc. Auch in Deutschland gibt es Regionen mit kulturellen Eigenheiten und ausgeprägtem Selbstwertgefühl.

Sie alle gehören zur EU. Wenn Regionen so unzufrieden sind, dann deutet das darauf hin, dass hier etwas nicht stimmt. Die Rolle der Regionen in der Gemeinschaft ist nicht befriedigend gelöst. Worum geht es? In der EU gibt es vier Ebenen des Regierungs- und Verwaltungshandelns. Die oberste sind die Brüsseler Institutionen. Dann kommen die Nationalstaaten. Dann die Regionen und dann die Kommunen. Die Regionen stehen tatsächlich oft etwas im Schatten. Zur Sicherung ihrer Interessen wurde daher eigens ein "Ausschuss der Regionen" gebildet. Er soll sie aufwerten, hat in der Praxis jedoch wenig Einfluss. 

Meines Wissens gibt es in der Welt wenige Staaten oder Staatengebilde mit einer so komplexen, breit angelegten politischen Struktur. Die meisten kommen mit drei Ebenen aus: Der Zentralregierung, den Ländern und den Kommunen. Selbst die Vereinigten Staaten haben nur drei Ebenen. Zu viele Ebenen sind teuer. Es ist häufig auch weniger effizient und schafft eine Menge Bürokratie. Es ist wenig transparent und schürt damit die Unzufriedenheit der Bürger, Staatsverdrossenheit und eben auch Ärger mit den Regionen. 
Auf welche Ebene könnte man im Zweifel verzichten? Auf die oberste Ebene, also Brüssel, sicher nicht. Wegen ihr wurde die Gemeinschaft gegründet. Sie ist zuständig für all die Bereiche, die nur gemeinsam betrieben werden können. Dazu gehören etwa die Außenbeziehungen, die Sicherheit oder der Außenhandel im Binnenmarkt. Für die gemeinsame Währung braucht man eine Zentralbank, für den Rechtsstaat den Europäischen Gerichtshof. 

»Da stimmt etwas nicht: Die am wenigsten gebrauchte Ebene ist in der Praxis die Wichtigste.«

Ohne die Regionen und Kommunen geht es ebenfalls nicht. Sie "machen die Arbeit". Drei Viertel der europäischen Rechtsvorschriften werden auf lokaler oder regionaler Ebene umgesetzt. Sie sind nahe beim Bürger und genießen eine viel größere Akzeptanz als Brüssel oder die Nationalstaaten. Wenn München zum Beispiel die Krümmung der Gurken festlegen würde, dann würden darin viele eine Schrulle der Bayern sehen. Wenn Brüssel das gleiche tut, gilt es als Ärgernis. Auch das Prinzip der Subsidiarität erfordert Regionen, die genügend Handlungsspielraum haben. Statt über eine Schwächung der Regionen zu philosophieren, sollte man eher über eine Stärkung nachdenken. Das wäre nicht antieuropäisch. Auch Katalonien oder Schottland wollen zwar unabhängiger sein, aber "natürlich" innerhalb der EU. 

Wo das Problem liegt, ist bei den Nationalstaaten. Sie haben keine originären Aufgaben, die nur sie und niemand anders erledigen könnte. Sie sind auch beim Bürger nicht sonderlich beliebt. Sie sind historisch relativ jung und zum Teil eher zufällig entstanden.

Ihre Kompetenzen zu beschneiden ist in der Praxis aber zumindest derzeit unmöglich. Niemand kann sich vorstellen auf die Nationalstaaten zu verzichten. Sie sind die politisch wichtigste Ebene in der EU. Sie haben die EU gegründet. Sie entwickeln sie weiter. Sie finanzieren sie (über die Abtretung eines Teils ihrer Steuereinnahmen). Sie bestimmen die Personen auf der Gemeinschaftsebene. Sie haben den Apparat, um die Entscheidungen in Brüssel vorzubereiten. In der Sache sind sie allzuständig. Im Zweifel könnten sie auch ohne die Gemeinschaft leben. Sie regeln sogar ihr Verhältnis zu den Regionen. Sie haben großes Selbstbewusstsein. Wenn es notwendig ist, schließen sie sich zusammen. Die deutsche Bundeskanzlerin etwa hat sich im Katalonien-Konflikt klar auf die Seite der spanischen Zentralregierung gestellt und Madrid ihre Unterstützung zugesagt. Da stimmt etwas nicht: Die am wenigsten gebrauchte Ebene ist in der Praxis die Wichtigste. 

Die Schlussfolgerung: Die Rolle der Regionen in der Europäischen Union ist eine offene Baustelle. Sie kann jederzeit auch an anderen Stellen virulent werden. Auf absehbare Zeit ist sie kaum lösbar, weil die Nationalstaaten nicht bereit sind, Kompetenzen an die Regionen abzugeben. Wenn etwas verändert werden sollte, dann ist es eher eine Ausweitung der Rolle der Regionen als eine Einschränkung. Und noch etwas: Die Rolle der Regionen in der Gemeinschaft sollte auf EU-Ebene geregelt werden, nicht auf nationalstaatlicher. Denn Nationalstaaten sind ein natürlicher Konkurrent der Regionen. Es ist ein Fehler, dass sich die EU nicht in den Katalonien-Konflikt einmischt. 

Für den Anleger
Der Katalonien-Konflikt hat die Märkte bisher nicht stärker belastet. Das muss aber nicht so bleiben, wenn an anderer Stelle solche Krisen aufbrechen. Die politische Struktur der EU hat hier eine Schwachstelle, die ausländische Investoren verunsichern kann.

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