Capital Group: EM-Anleihen - Wird die Rallye weitergehen?

Manche fürchten, dass eine straffere Geldpolitik die Emerging Markets bremst. Doch die Aussichten scheinen gut, da die Dynamik anhält. Der Renditevorsprung gegenüber den Industrieländern ist beachtlich.

15.11.2017 | 13:44 Uhr

In diesem Jahr haben Emerging-Market-Anleihen deutlich und fast ununterbrochen zugelegt. Bis Ende August hatte man mit dollardenominierten Titeln 9% und mit Lokal- währungsanleihen sogar 15% verdient. Jetzt, zu Beginn der geldpolitischen Wende in den Industrieländern, fragen sich die Investoren, ob man mit Emerging-Market-Anlei- hen trotz knapperer Notenbankliquidität weiter so viel verdienen kann.

Im September gab die Fed bekannt, dass sie ihr Anleihenkaufprogramm bald zurück- fahren werde, das sie nach der Finanzkrise 2007 aufgelegt hatte. Die Bank of England und die Europäische Zentralbank signalisierten weniger Quantitative Easing. Die Fed hat sich sogar vorbehalten, im Dezember erneut den Leitzins anzuheben. Das wäre der fünfte Zinsschritt im derzeitigen Erhöhungszyklus.

Auch wenn die Fed die Kurzfristzinsen anhebt, rechnet unser Anleihenteam weiter mit amerikanischen Langfristrenditen zwischen 2% und 2,75%. Die Inflation ist noch immer niedrig, und die im Vergleich zu Europa und Japan höheren US-Renditen för- dern die Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen. Zwar dürfte die Geldpolitik weltweit weniger expansiv werden, aber die bessere Weltkonjunktur und die niedrigen US-Benchmarkrenditen sind für die Emerging Markets gut.



Noch wichtiger ist aber, dass die Fundamentaldaten der Emerging Markets insgesamt gut bleiben. Die meisten Schwellenländer haben nachhaltige Leistungsbilanzen, und ihr BIP wächst. Die Inflationsraten nähern sich den Zielwerten, viele Notenbanken senken die Zinsen,  und die Währungen sind gegenüber dem US-Dollar fair bewertet, wenn nicht unterbewertet.

Chancen mit Emerging-Market- Anleihen

Auch der Rohstoffzyklus stützt den Markt. Die Ölpreise sind zwar gefallen, aber die Preise von Basis- und Industrierohstoffen blieben stabil. China, das großen Einfluss auf die Rohstoffmärkte und die Emerging Markets hat, wächst weiter stabil, auch wenn eine Kreditkrise nicht völlig ausge- schlossen werden kann. Diese positive Dynamik und die deutlich höheren Rendi- ten der Emerging Markets haben im letzten Jahr für eine hohe Investorennach- frage gesorgt. Einstweilen dürfte sich das nicht ändern.

Dennoch: Emerging-Market-Anleihen sind noch immer eine risikoreiche Assetklasse. Bei Marktturbulenzen oder weltpolitischen Risiken kann es zum Ausverkauf kommen – und wenn die Finanzbedingungen straffer werden, droht den meisten Fest- zinsinstrumenten eine Ausweitung ihrer Spreads gegenüber US-Staatsanleihen. Emerging-Market-Anleihen sind keine Ausnahme, doch bei Renditen zwischen 6% und 7% ist der Carry – also der laufende Ertrag – hoch genug, um eine gewisse Spreadausweitung recht schnell auszu- gleichen. Meiner Ansicht nach ist jeder drastische Ausverkauf zurzeit eine Kauf- gelegenheit für ausgewählte Papiere.

Lokalwährungsanleihen  bevorzugt

In unseren weltweit anlegenden Anleihen- portfolios bleiben wir bei einem recht hohen Anteil von Emerging-Market- Anleihen. Internationale Anleihenportfolios bevorzugen tendenziell Titel mit einer höheren Kreditqualität, während ausgewie- sene Emerging-Market-Strategien breiter streuen und auf Dollar-, Lokalwährungs- und Unternehmensanleihen setzen.

Ich glaube, dass die Schwellenländer langfristig nicht um echte Struktur- reformen herumkommen, damit ihr Wirt- schaftswachstum nachhaltiger wird. Die Arbeitsmärkte müssen flexibler werden, und um die Haushaltsdefizite zu begren- zen, sind Rentenreformen nötig. Hinzu kommen müssen klarere Regeln für den Grundbesitz und geistige Eigentums- rechte. All dies wird dazu führen, dass sich mehr Investoren für Emerging-Market- Anleihen interessieren und die Assetklasse zunehmend zum Kerninvestment wird. Länder, die Strukturreformen beherzter umsetzen, werden von Investoren belohnt. In Zukunft wird also stärker zwischen den Einzelwerten differenziert.

 

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