DPAM: Asset Allocation 2022 - Aktien wichtigster Performancetreiber, Anleihen bleiben Diversifikator

Asset Allocation

Die Welt befindet sich nach wie vor im Bann von COVID, die lange prophezeite „Rückkehr zur Normalität“ ist bislang ausgeblieben. Wie schon 2020 war die Finanzwelt auch im Jahr 2021 auf einem holprigen Weg unterwegs:

06.01.2022 | 09:23 Uhr

Die Märkte tendierten stetig nach oben, mussten aber mit einem hohen Maß an Volatilität zurechtkommen. Doch trotz aller Schlagzeilen, die von neuen COVID-Varianten, über steigende Inflation bis hin zu Lieferkettenengpässen reichen, verzeichnen die Märkte weiterhin eine gute Entwicklung.

Wie geht es weiter? Wird das Jahr 2022 Anlegern eine kleine Verschnaufpause verschaffen, um ihre Portfolios zu ordnen? Wie können wir neue Trends erkennen und Investitionen danach ausrichten? Werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Anlageklassen und diskutieren die Aussichten und Stolpersteine des neuen Jahres.

INFLATION: NICHT NUR VORÜBERGEHEND, ABER BEHERRSCHBAR

Der Anstieg der Inflation überrascht weiterhin und sorgt für Unruhe an den Anleihenmärkten. Zwar könnten auch die weiteren Meldungen zur Inflationsentwicklung unverändert hoch und unbeständig ausfallen, doch gibt es gute Gründe dafür, dass sich die Teuerung in den kommenden zwölf Monaten abschwächen wird. Da es Anzeichen dafür gibt, dass die aktuellen Probleme in der Lieferkette allmählich ihren Höhepunkt erreicht haben und die Rohstoffmärkte die höheren Energiekosten neu bewerten, wird der Inflationsdruck im Laufe des Jahres 2022 nachlassen. Hinzu kommen Basiseffekte, die eine deutliche und anhaltende Überschreitung der Inflationsziele der Zentralbanken potenziell eindämmen werden. Dennoch ist Wachsamkeit angebracht, denn es ist nicht vollständig auszuschließen, dass wir noch länger mit einer höheren Inflation zu kämpfen haben werden. Diese gewinnt zunehmend an Breite, was bedeutet, dass die Volatilität – mit Blick auf 2022 – immer noch hoch sein wird und es etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen könnte, bis sie wieder zurückgeht.

AKTIEN: DENKEN SIE NICHT KURZFRISTIG, KONZENTRIEREN SIE SICH AUF DAS GEWINNPOTENZIAL

Mit Blick auf die Unternehmenskommunikation ist das Thema ‚Engpässe in der Lieferkette‘ keine Seltenheit mehr: Probleme in der Halbleiterproduktion haben mehrere Sektoren lahmgelegt, und Transportschwierigkeiten halten Unternehmen auf der ganzen Welt im Würgegriff. Zu allem Überfluss sorgen auch die Öl- und Gaspreise für einen teuren Winter. Niedrige Lagerbestände und heikle Beziehungen zu russischen Lieferanten verunsichern die Märkte zusätzlich. Diese Faktoren wirken sich zu Beginn des neuen Jahres auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis von Aktien aus. In den ersten Monaten des Jahres 2022 dürfte mit einigen kurzfristigen Turbulenzen zu rechnen sein.

Dennoch sollten diese trüben Aussichten den rationalen Anleger nicht abschrecken. Tatsächlich sind die mittelfristigen Aussichten sehr viel besser, da die zugrunde liegenden Fundamentaldaten Anlass zu anhaltendem Optimismus bieten. Überschüssige Ersparnisse werden voraussichtlich den Konsum ankurbeln, die Investitionstätigkeit der Unternehmen dürfte anziehen, und die Auswirkungen der Konjunkturpakete werden erst noch voll zum Tragen kommen. Die Zentralbanken werden weiterhin darauf achten, dass es zu keinen voreiligen bzw. zu aggressiven Straffungen ihrer Geldpolitik kommt. Anleger begrüßen eine „einfache“ Normalisierung der Leitzinsen ohne ausgeprägte Korrektur an den Aktienmärkten.

Insbesondere die europäischen Märkte bieten für die kommenden Monate günstige Voraussetzungen für Wachstum. Im Gegensatz zu ihren amerikanischen Pendants befinden sich europäische Aktien noch in der Mitte des Zyklus und sind relativ günstig. Zudem profitiert Europa am stärksten von den Impfstoffen und der anhaltend akkommodierenden Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Aber auch amerikanische Aktien sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Gegen die Vielzahl innovativer und disruptiver Unternehmen auf diesem Markt und die fiskalischen Konjunkturmaßnahmen der Regierung zu wetten, erscheint unklug. Hingegen sind wir mit Blick auf die asiatischen Schwellenländer und insbesondere China vorsichtig. Das Reich der Mitte hat momentan mit einer Konjunkturabkühlung, potenziellen Liquiditätsproblemen im Immobiliensektor und der strengen staatlichen Regulierungsaufsicht, die einige der größten Unternehmen betrifft, zu kämpfen. Dieses Bündel von Risiken sorgt für Unsicherheit und setzt die Bewertungen unter Druck. Bis wir mehr Klarheit über die Absichten der chinesischen Politik haben, halten wir uns zurück.

Hinsichtlich der Investmentstile begann das Jahr 2021 mit einer starken Wertentwicklung des Value-Stils. Jedoch schwenkten die Investoren in der zweiten Jahreshälfte wieder in den Quality-Growth-Bereich um. Der Performancebeitrag, den die Auswahl der Investment-Stile im Rahmen der Aktien-Allokation von Anlageportfolios geliefert hat, war im vergangenen Jahr erneut unterdurchschnittlich. Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Erholung und des Inflationsumfelds könnte es auch im Jahr 2022 zu weiteren, kurzlebigen Stilrotationen kommen. Zyklische Aktien dürften sich weiterhin besser entwickeln als defensive Werte, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie im ersten Halbjahr 2021. Small Caps werden wohl auch im neuen Jahr stärker von den wirtschaftlichen Bedingungen profitieren als Large Caps.

ANLEIHEN: EIN ATTRAKTIVER DIVERSIFIKATIONSFAKTOR

Bei Staatsanleihen ist unserer Ansicht nach das Aufwärtsrisiko nicht so hoch. Die Zentralbanken werden wohl weiterhin unterstützend agieren. Wir gehen von keinen aggressiven Zinserhöhungen aus, um dem jüngsten Inflationsschub entgegenzuwirken. Möglicherweise steigen die Inflationserwartungen noch weiter, aber es ist bereits viel eingepreist.

Wir sind positiv eingestellt, was die europäischen Peripherieländer betrifft, bleiben aber vorsichtig im Hinblick auf die Kernländer (z. B. Deutschland, Frankreich, Niederlande). Wir nutzen weiterhin das Renditepotenzial innerhalb Europas, halten aber an einem vorsichtigen Durationsprofil bei den Kernländern fest. Bei US-Staatsanleihen sind wir untergewichtet, obwohl Wert dadurch geschaffen wurde, dass bereits fast fünf Zinsschritte eingepreist sind. Die USA werden aber wieder interessant. Bevor wir uns voll engagieren, möchten wir Klarheit über den geldpolitischen Kurs der FED gewinnen.

Im Segment Schwellenländeranleihen sehen wir einige interessante Anlagechancen. Unsere Strategen gehen davon aus, dass die realen Leitzinsen ab diesem Jahr ins Positive drehen werden, was die Währungsmärkte der Schwellenländer stabilisieren und 2022 einige potenzielle Chancen eröffnen dürfte. Darüber hinaus erscheinen uns chinesische Staatsanleihen attraktiv, während wir bei chinesischen Aktien weiterhin vorsichtig sind. Makroökonomisch scheint eine Straffung der Geldpolitik vom Tisch zu sein, was die aktuellen Renditen sehr attraktiv macht und sie dazu neigen lässt, nach unten zu tendieren.

Bei Unternehmensanleihen sind wir eher neutral eingestellt. Eine Verengung der Spreads über das derzeitige Niveau hinaus ist unwahrscheinlich, wobei wir auch keine starke Ausweitung sehen. Das geringere Angebot wird die Anlageklasse stützen. Dies macht sie zu einem idealen Grundstock und Diversifikator für ein Multi-Asset-Portfolio. Die Kommunikation der EZB wird von entscheidender Bedeutung sein, da wir mehr Klarheit darüber benötigen, wie Investment-Grade-Anleihen weiter in das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten einbezogen werden sollen.

FAZIT

Mit Blick auf 2022 halten wir an unserer Präferenz für Aktien fest. Trotz höherer Bewertungen dürfte die Anlageklasse der wichtigste Performancetreiber bleiben. Wir werden unsere Ausgewogenheit in Bezug auf die Anlagestile aufrechterhalten, da die von Schlagzeilen geprägten Märkte schnell und heftig umschlagen können. Geduldige Anleger werden im Laufe des Jahres mit Gewinnen rechnen können. Anleihen bleiben ein Diversifikator, wobei es auf selektives Investieren ankommt. Wir wenden uns neuen Anlagemöglichkeiten zu, wie chinesischen Anleihen zur Diversifizierung sowie Schwellenländer und europäische Peripherieländer aus Renditegesichtspunkten, während wir US-Staatsanleihen zur Risikoabsicherung halten.

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