Capital Group: Hohe Renditen am Anleihenmarkt bieten Einstiegs-Chance

Capital Group: Hohe Renditen am Anleihenmarkt bieten Einstiegs-Chance
Anleihen

Das Marktumfeld für festverzinsliche Wertpapiere ist derzeit sehr attraktiv. Diese Meinung vertrat Peter Becker, Investment Director bei Capital Group, bei einem Capital Ideas Live Event in Frankfurt:

19.07.2023 | 10:29 Uhr

„Es gibt derzeit zwei Kernszenarien: Entweder die Leitzinsen bleiben hoch, oder sie beginnen zu sinken, wenn die Zentralbanken umschwenken. Beide Szenarien haben in der Vergangenheit zu günstigen Ergebnissen für festverzinsliche Wertpapiere geführt.“ Auf kurze Sicht seien jedoch weitere Phasen der Volatilität möglich, ein vorsichtiger Investment-Ansatz sei daher gerechtfertigt. Die Beibehaltung hoher Cash-Positionen könnte jetzt jedoch teuer werden, da die Märkte dazu neigten, sich bereits vor jeder politischen Ankündigung zu bewegen. 

„Anleger sollten flexibel bleiben und versuchen Gelegenheiten im gesamten Spektrum der festverzinslichen Wertpapiere zu identifizieren“, so Becker. Diversifizierung und eine flexible Allokation über die wichtigsten festverzinslichen Sektoren hinweg würden dabei helfen, widerstandsfähigere Portfolios aufzubauen. Langfristig seien so attraktive Renditen möglich. „Über einen Anlagehorizont von fünf Jahren sind unserer Meinung nach Renditen in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent pro Jahr je nach Risiko der Anlageklasse jetzt eine angemessene Erwartung“, sagt Becker. Auch kurzfristig hätten die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere, insbesondere für hochwertige Anleihen, trotz der weitehinr hohen Unsicherheit das Potenzial, gute Ergebnisse zu erzielen. Vorausgesetzt man bedenke die wahrscheinliche Lage der Geldpolitik und des Wirtschaftszyklus. Becker zeigt eine Möglichkeit auf: „Wenn die Zentralbanken eine Zinspause einlegen, werden Anleiheinvestoren weiterhin das hohe Carry-Niveau erzielen, das die Märkte derzeit bieten.“ „Sollten die Zentralbanken hingegen eine Kehrtwende vollziehen und die Zinsen senken, würden die Rentenmärkte sowohl vom hohen Carry als auch von den Kurssteigerungen aufgrund sinkender Zinsen profitieren. Selbst in einem Rezessionsszenario könnten die Anleihen der Industrieländer positive Ergebnisse liefern.“

Cash ist nicht mehr King 

Cash-Bestände seien im Jahr 2022 eine beliebte Anlageform gewesen, da sie dazu beitgetagen hätten, die Portfolios vor steigenden Zinsen zu schützen. Als die Zinsen stiegen, seien die Opportunitätskosten der Bargeldhaltung gleichzeitig gesunken. Wenn die US-Notenbank jedoch umschwenke und die Zinsen fielen, könnte sich eine übermäßige Cash-Allokation zu einem Hemmschuh für die Portfolioergebnisse entwickeln. „Infolgedessen profitieren die Anleihenkurse am meisten in den Monaten vor und unmittelbar nach der letzten Zinserhöhung", erklärt der Experte. ,,Durch eine frühere Umschichtung von Barmitteln in Anleihen können sich Anleger sowohl höhere Renditen für einen längeren Zeitraum sichern als auch vom Durations-Rückenwind durch sinkende Zinsen profitieren.“

Qualtitäts-Titel bieten Vorteile

Da der starke Anstieg der Inflation und die Zinserhöhungen nachlassen würden, sei zu erwarten, dass auch der Druck auf die Zinsen nachlasse. „In diesem Umfeld ist die Anfangsrendite von Qualitätsanleihen wie Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen unserer Ansicht nach relativ attraktiv. Sollte die US-Notenbank aufgrund der Rezession eine Kehrtwende vollziehen, rechnen wir mit einer positiven Entwicklung des Hochqualitätssegments des Anleihemarktes. Dieser Teil des Marktes dürfte auch eine Diversifizierung gegenüber dem Aktienmarkt bieten, der wahrscheinlich unter dem geringeren Wachstum und möglichen Gewinnkorrekturen leiden wird“, erläutert Becker. „Der Kreditmarkt kann Chancen bieten, aber man sollte diversifiziert, ausgewogen und flexibel sein. Die hohen Renditen, die derzeit auf den Kreditmärkten erzielt werden, bieten eine attraktive langfristige Anlagemöglichkeit. Kurzfristig bleiben die Spreads jedoch eng und preisen das Risiko einer Rezession möglicherweise nicht vollständig ein. Stattdessen spiegeln sie ein Szenario wider, in dem die Zentralbanken die perfekte weiche Landung erreichen.“

Auf kurze Sicht sei ein vorsichtigerer Ansatz angebracht, sinnvoll seien Investments in defensiven, nicht zyklischen Sektoren wie dem Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie. „Unternehmen aus diesen Sektoren sind in der Regel sehr Cash-generierend und reagieren wenig empfindlich auf den Konjunkturzyklus. Auch im Bankensektor sehen wir Chancen. Wie so oft hat die Unsicherheit im Bankensektor zu wahllosen Kursbewegungen geführt, die nicht unbedingt immer die zugrunde liegenden Fundamentaldaten widerspiegeln“, erläutert Becker. Er konzentriere sich auf eine Auswahl großer, global systemrelevanter Banken, die gut kapitalisiert seien. In den USA zum Beispiel seien die Geldhäuser nach wie vor in sehr guter Verfassung. „Sie waren die Nutznießer der Flucht aus den Einlagen, und ihre Bilanzen sind trotz der Marktwertverluste ihrer festverzinslichen Bestände stark. Im Vergleich zu Nicht-Finanzunternehmen mit Investment-Grade-Rating sind viele dieser Banken unseres Erachtens günstig bewertet“, so Becker.

Auch der Markt für verbriefte Wertpapiere biete weitere Möglichkeiten und Diversifizierungsvorteile. „Wie der Bankensektor wurden auch verbriefte Anleihen von wahllosen Kursbewegungen beeinträchtigt“, erläutert Becker. Außerhalb des Bürosektors seien die Fundamentaldaten für Mehrfamilienhäuser, Industrieimmobilien, Hotels und Teile des Einzelhandels in guter Verfassung. Das Augenmerk richte sich hier auf Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS), also Anleihen, die aus mehreren Darlehen für mehrere Immobilien bestehen. CMBS, die mit genannten Sektoren in Verbindung stehen, seien von der Marktvolatilität eingeholt worden. Interessant seien in diesem Bereich Conduit-CMBS (Anleihen, die aus mehreren Darlehen für mehrere Immobilien bestehen) auf AA- und A-Niveau. „Wir sind der Meinung, dass wir für unsere Investitionen in diese Conduits gut entschädigt werden, da sie in einigen Fällen bessere Spreads bieten als Hochzinsanleihen“, sagt Becker.

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