Japan und Europa schwächeln, risikoreichere Titel bieten Opportunitäten.
29.08.2019 | 10:19 Uhr
„Während europäische Anleihen zwar vereinzelt Chancen bieten, insgesamt aber schwächeln und japanische Anleihen stark von den Entwicklungen der Bank of Japan abhängig sind, haben US-High-Yield-Anleihen eine der besten Entwicklungen aller Zeiten in einer ersten Jahreshälfte erfahren“, sagt Peter Becker, Fixed Income Investment Director bei Capital Group. Er analysiert die Potenziale im Fixed Income-Bereich und fasst seine Ergebnisse zusammen.
Begrenztes Potenzial in Europa
Die
europäische Konjunktur habe sich im ersten Quartal des Jahres zwar
stabilisiert, sei aber auch zukünftig anfällig für politische
Entwicklungen und bleibe volatil. Die deutsche Industrie schwächele
beispielsweise unter den niedrigeren Nachfragen aus China, den USA und
Großbritannien. Positive Signale sende hingegen die Binnennachfrage, die
durch niedrige Energiepreise und eine lockere Fiskalpolitik gestärkt
worden sei. Letztere könne in Zukunft gar noch expansiver werden, wenn
die Inflationsrate weiterhin niedrig bleibe. „Die Europäische
Zentralbank (EZB) scheint aus früheren Fehlern gelernt zu haben, als sie
langsam reagierte“, sagt Becker. „Jetzt scheint sie einen
vorausschauenden Ansatz zu signalisieren.“ Zwar böten sich einzelne
Opportunitäten bei europäischen Anleihen, Titel außerhalb des Euroraums
seien jedoch interessanter. Bei einer reinen Europastrategie seien
insbesondere Anleihen aus den Semi-Core-Ländern und der Peripherie
hervorzuheben. Die Kernländer seien insgesamt weniger attraktiv.
Japan ist abhängig von China und den USA
Die
sich abkühlende Weltkonjunktur sorge für Druck auf die Bank of Japan
(BoJ). Außerdem könnte eine Eskalation des Handelskonfliktes zwischen
den USA und China sich stark negativ auf Japans Wirtschaft auswirken.
Eine Konsequenz könnte ein weiteres Sinken der Kurzfristzinsen sein –
auch wenn der Yen aufgrund von Deflationsangst dadurch kurzfristig
zulegen könnte. „Trotz aller fiskalpolitischer Bemühungen um eine
steilere Zinsstrukturkurve, sind die Renditen strukturell gefallen“,
sagt Becker. „Wir glauben daher, dass die üblichen geldpolitischen
Maßnahmen nur wenig ausrichten können.“ Eine deutlich expansivere
Geldpolitik, die dann zu höheren Renditen führen könnte, sei jedoch nur
bei einem deutlichen Konjunkturabschwung wahrscheinlich. „Wegen der
niedrigen Renditen suchen japanische Investoren nach höher verzinslichen
Titeln im Ausland“, so Becker. „Insgesamt erscheinen risikoreichere
Anleihen attraktiver.“
Risikoreichere Titel verzeichnen positive Entwicklung
Seit Jahresbeginn haben US-High-Yield-Anleihen eine der besten Entwicklungen aller Zeiten in einer ersten Jahreshälfte gezeigt – insgesamt seien sie um 9,94 Prozent gestiegen – und die Fundamentaldaten seien noch immer gut. Eine gewisse Vorsicht sei zwar geboten, da die Unternehmensgewinne in der zweiten Jahreshälfte nachgeben könnten und dieses Risiko in den aktuellen Bewertungen eventuell noch nicht abgebildet sei. Dennoch könnte das Umfeld niedriger Ausfallquoten anhalten, wenn die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihre Geldpolitik weiter lockere – und danach sehe es aktuell aus. „Insbesondere festverzinsliche High-Yield-Anleihen sind bei den Investoren in den Fokus gerückt und haben Zuflüsse verzeichnet“, sagt Becker. „Variabel verzinsliche Loans sind wegen der erwarteten Geldpolitik dahingegen weniger gefragt.“
Auch
Anleihen aus Schwellenländern hätten im zweiten Quartal 2019 Gewinne
erzielt. Lokalwährungsanleihen hätten dabei Anleihen, die in US-Dollar
denominiert sind, übertroffen. Insbesondere die angedeuteten expansiven
Geldpolitiken von Fed, EZB und BoJ seien der Grund dafür, der
amerikanisch-chinesische Handelskonflikt rücke dahingegen in den
Hintergrund. „Die Renditen in Industrieländern sind zurückgegangen und
die renditestärkeren Titel aus Emerging Markets dementsprechend
attraktiver geworden“, sagt Becker. Und auch für die Zukunft seien
Schwellenländeranleihen vorsichtig optimistisch zu bewerten. Insgesamt
seien deren Bewertungen und Fundamentaldaten nach wie vor ordentlich,
auch wenn unterschiedliche Risiken der sehr diversen Schwellenländer im
Blick bleiben sollten. Eine moderate Übergewichtung empfehle sich
aktuell bei länger laufenden Lokalwährungs-Staatsanleihen; bei in
Fremdwährungen denominierten seien dahingegen kürzer laufende Titel mit
höheren Zinsen interessant. Auch ausgewählte
Emerging-Market-Unternehmensanleihen seien günstig bewertet – vor allem
in den Sektoren Bankwesen und Transport.
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